6. Kapitel |
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Über einen grösseren Hof, der unzweifelhaft an der Stelle der späteren Domkapitularischen Ökonomie in Blankenrode gelegen war, erfahren wir etwas Näheres in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Im Jahre 1338 verkauft Ritter Herbord von Mederike für 75 Mark Paderborner Denare sein Gut im Dorfe Snevelde, gelegen bei der oberen Quelle und bestehend aus 2 Hausstätten und 5 Hufen (á 30 Morgen) Ackers an das Nonnenkloster in Dalheim. Der Verkäufer bemerkt dabei, dass er dieses Gut mit Margarethe, einer Tochter des Ritters Gottschalk von Brobecke erworben habe, und dass dieses Gut, sowie überhaupt das Dorf Snevelde ursprünglich vom Stift Corvey herrühre. Herbord von Mederike verpflichtet die Nonnen zu Dalheim dafür zu sorgen, dass die Meier, die das Gut zu Lehen tragen, jährlich auf St.Vitus (Stiftspatron von Corvey) das schuldige Pfund Wachs nach Corvey liefern und am Vitustage, sowie auf Ostern dem Pfarrer von Nutlon Nutlon lag im Tale von der heutigen Landstrasse Dalheim-Meerhof. Snevelde war Filialort dernPfarrkirche in Nutlon. jedesmal sechs Denare und drei Denare dem Küster daselbst entrichten.
Im Jahre 1351 bestätigt Ritter Herbord von Mederike mit Zustimmung von Corvey den getätigten Verkauf des vorgenannten Hofes in Snevelde. Er bezeugt zugleich, dass dieser Hof infolge eines besonderen Privilegs in den
Marken (Wäldern) Dyckbergh und Oddenhusen, die zum Dorfe Nutlon gehören, gleiche Weiderechte wie die Markgenossen zu Nutlon habe. Wenn Eichelmast eintrete, so sei der Meier des Hofes zu Snevelde befugt, die gleiche Anzahl Schweine auf die Mast zu treiben, als ein Meier zu Nutlon, der einen gleichwerten Hof habe.
Im Jahre 1380 bestätigt Abt Bedo. von Corvey dem Nonnenkloster den Besitz der Güter, welche die Schwestern von Herbord von Mederike gekauft hatten. Über die weiteren Schicksale dieses Klosterhofes an der oberen Quelle der Altenau in Snevelde-Blankenrode sind wir nicht unterrichtet. Er wird in der darauf folgenden Zeit der Bengelerfehde und der Umsiedlung auf dem Sintfelde auch eingegangen sein. - Wir sind auch bis jetzt trotz mehrfachen suchens in den Akten des Paderborner Domkapitels im Staatsarchiv in Münster nicht unterrichtet, wie später der Hof an der oberen Altenau-Quelle in den Besitz des Domkapitels gekommen ist. Das Domkapitel hat anscheinend noch im 17. Jahrhundert den Hof in Erbpacht ausgetan. Im Jahre 1691 wird ein Pächter Johann Dirk Albrauss erwähnt. Im 18.Jahrhundert ist die Ökonomie aber auf Zeitpacht verpachtet. So werden als Domkapitularische Pächter Johann Heinrich Nolten (1770 - 1778) und Klingelen für 1786 - 1798 aufgeführt. Merten von Rüden wird vom 7.7.1802 als Conduktor erwähnt. Kapselarchiv Nr. 222. Über die letzten zwei Pächter in der preussischen Zeit nach der Säkularisation wird im Nachfolgenden weitere Mitteilung folgen. Grossen Reichtum haben aber alle Pächter in Blankenrode nicht erworben.
Für die Verteilung der Steuerlasten der Gemeinde Dalheim-Blankenrode hatte die frühere Domkapitularische Ökonomie in Blankenrode einige Bedeutung. Nach dem im Gemeindearchiv in der Bürgermeisterei Atteln aufbewahrten Nebensteuerrolle vom 23.11.1829 erfolgt die Verteilung nach einer bestimmten Verhältniszahl. Es entfallen auf: In der Gemeinderechnung vom 4.12.1821 heißt es: Für ein bei der diesjährigen Übung (Manöver) gestohlenes Pferd muß Kreis Büren 8 Tlr., 8 Sgr., 1 Pfg. beitragen; auf Dalheim-Blankenrode entfallen 3 gute Groschen
Belastet wird | Anteile | Tlr. | Sgr. | Pfg. |
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Domänenamt Dalheim | 76½ | 48 | 13 | 6 |
Ökonomie Blankenrode | 20 | 12 | 20 | |
Oberförster von Rappard | 4 | 2 | 16 | |
Erbpächter Drolshagen | 4 | 2 | 16 | |
Martin von Rüden | 3 | 1 | 27 | |
Johann Förster | 2 | 1 | 1 | |
Glasfaktor Becker | 4 | 2 | 16 | |
u.s.w. |
In den Akten der Regierung Minden, jetzt im Staatsarchiv in Münster (Nr. 366) findet sich vom 3.2.1811 eine Beschreibung der bisherigen Domkapitularischen Ökonomie in Blankenrode:
Durch Pachtvertrag vor 8.7.1806 ist diese Ökonomie dem Konduktor Heinrich Drolshagen auf 30 Jahre verpachtet.Die jährliche Pacht betrug 120 Reichstaler. Bei Antritt im Jahre 1806 mußten an Weinkaufsgeldern 97 Tlr. 18 Mgr. in Conventionsmünze gezahlt werden. Pächter muss auf seine Kosten herstellen ein neues Ökonomie- und Brennereihaus, deren Wert bei Beendigung der Pacht zum Abschätzungswert erstattet werden. Steuern und öffentliche Lasten zahlt Verpächter, dagegen Pächter die Brandversicherungsgelder. Das Inventar gehört dem Konduktor, der bei seinem Abgange das Brachland gehörig gedüngt und bestellt abliefern soll. - Pächter hat Anspruch auf freie jährliche Lieferung aus den domkapitularischen Waldungen von 30 Malter Brennholz, auf einen Baum zu Wagenholz nebst Holz zu Stöcken und Zäunen. - Der Pächter haftet mit seinem ganzen Vermögen für die aus dem Pachtkontrakt sich ergebenden Verbindlichkeiten. Das bei der Ökonomie befindliche Försterhaus bewohnt der Domkapitularische Förster umsonst, der jedoch Brandversicherungsgelder tragen muß.
Zur Ökonomie gehören nach Schätzung der Sachverständigen:
- an Acker 222 Morgen
- an Wiesen 50 Morgen, 30 Ruten
- an Gärten 6 Morgen, 50 Ruten
An Gebäuden sind vorhanden:
- ein Wohn- und Ökonomiehaus und
- ein Schafstall.
Die Ökonomie besitzt folgende Gerechtsame:
- eine Brennerei = Gerechtigkeit;
- eine Schäferei = Gerechtigkeit von 250 Stück;
- Hude- und Weidegerechtigkeit im herrschaftlichen Holz. Von den 222 Morgen sind
- 113 M. Boden II. Klasse und
- 109 M. III. Klasse.
Man kann rechnen:
- bei der I. Bodenkl.
- im I. Jahre das 7.Korn,
- im II. Jahre 5½ Korn,
- bei der II.Bodenkl.
- im I.Jahre das 5.Korn,
- im II.Jahre 2½ Korn
Die Bestellungskosten für 1 Morgen Roggen sind:
viermal Pflügen â 12 Ggr. | 2 Tlr. | |
dreimal Eggen | 14 Ggr. | |
Mähen und Binden | 12 Ggr. | |
Einfahren und Bansen | 6 Ggr. | |
Dreschen | 16 Ggr. | |
4 Fuder Dünger â 1 Tlr. | 4 Tlr. | |
Sa. | 8 Tlr. |
Desgleichen für Hafer:
zweimal Pflügen | 1 Tlr. | |
Eggen | 10 Ggr. | |
Mähen und Binden | 8 Ggr. | |
Einfahren und Bansen | 6 Ggr. | |
Dreschen | 8 Ggr. | |
Sa. | 2 Tlr. | 8 Ggr. |
Nach der Beschreibung der Domkapitularisohen Mühle ebenfalls vom 3.2.1811 hat Konduktor Heinrich Drolshagen diese vom 29.6.1806 bis 1836 gepachtet. Zur Mühle gehören:
- das Mühlengebäude, vom Pächter auf eigene Kosten erbaut; Rückerstattung der Baukosten bei Beendigung der Pacht. Die Mühle hat einen Gang.
- der Mühlenteich.
- Gärten bei der Mühle und am Schneefelder Berg von zusammen 1 Morgen, 110 Ruten Größe.
Das Mühleninventar gehört dem Pächter, der für die Mühle jährlich 20 Tlr. und für den Mühlenteich 4 Tlr., beides in Conventionsmünze zahlt. Die französich-westfälische Regierung scheint wohl an einen Verkauf der Ökonomie gedacht zu haben, da ein Verkaufspreis von 3940 Talern von den Sachverständigen angegeben wird. Pächter Drolshagen hat die vereinbarte Pachtzeit nicht ausgehalten. Wann und unter welchen Umständen seine Pacht zu Ende gegangen ist, ist bisher noch nicht ermittelt.
Nach der Flucht der Franzosen im Jahre 1813 nach der Völkerschlacht bei Leipzig ging die Ökonomie an den Preußischen Staat über. Als letzter Pächter erscheint Amtmann Stephan Wittmer, der am 3.11.1832 starb. - Wegen der Verpachtung an einen Pächter, lateinisch "Conductor" hieß der Hof allgemein der "Conduktorhof", woraus dann die Bevölkerung einen "Kondokterhof" machte, eine Bezeichnung, die in meiner Gymnasialzeit noch stets üblich war.
Im Jahre 1820 brannte ein großer Teil der Gebäude ab, und der Pächter mußte neubauen. Am 6.2.1826 wurde in Abtlg. II des Grundbuches eingetragen:
Zum Wiederaufbau lieh Stephan Wittmer vom Bruder, Pächter Daniel Wittmer zu Mahlberg bei Arolsen 13.000 Tlr., die am 24.1.1832 durch Eintragung sichergestellt wurden. Nach den Tod des Konduktors Stephan Wittmer überstiegen die Schuld- Verbindlichkeiten die Vermögenssubstanz und über die Hinterlassenschaft des Verstorbenen wurde der Konkurs eröffnet, für die Regierung eine neue Quelle von Verdrießlichkeiten bei der Auseinandersetzung mit dem Konkursverwalter, den Erben und
den Gläubigern.
Für den "Kondokterhof " interessierte sich als Käufer oder auch evtl. als Pächter Gottfried Werner Kleinschmidt, der bei den öffentlichen Verkaufs- und Verpachtungsverhandlungen als ernstlicher und zahlungsfähiger Reflektant nur wirklich in Frage kam. Gottfried Werner Kleinschmidt, geboren zu Paderborn, starb zu Blankenrode am 30.10.1871 im Alter von 60 Jahren. In Paderborn heiratete er im Mai 1837 Theresia Maes; aus der Ehe gingen hervor ein Sohn (Wilhelm) und sechs Töchter. Kleinschmidt war Leutnant der Kavallerie, wird später in den Akten auch als Rittmeister bezeichnet. Er war langjährig Gemeindevorsteher von Dalheim-Blankenrode, wird auch einige Male als Amtmann bezeichnet und war im Kreise Büren sehr angesehen.
Die Akten der Regierung in Minden, jetzt im Staatsarchiv in Münster Regierung in Minden III c Nr.2665 geben ein interessantes Bild der damaligen Verhandlungen. Am 30.12.1836 schreibt das Landwirtschaftsministerium in Berlin an die Regierung in Minden:
Das Gut besteht aus:
Garten und Ackerland: | 277 M | 179 R | 62 F |
Wiesen: | 34 M | 12 R | 57 F |
Sa. | 312 M | 12 R | 19 F |
Mit dem Gute ist verbunden die Waldweide in den staatlichen, früher Domkapitularischen Forsten, nämlich Hudeberechtigung für 250 Schafe und Hudegerechtsame für Rindvieh und Schweine. In der vorletzten Pachtperiode sind Gebäude abgebrannt; von dem Pächter Wittmer sind auf eigene Kosten neue Gebäude errichtet; Domänenfiskus muß dem abziehenden Pächter 2840 Tlr. dafür ersetzen. Oberamtmann Engelbrecht zu Dalheim hat den jährlichen Ertrag des Hofes abgeschätzt zu 222 Tlr., 13 Sgr., 10 Pfg., kapitalisiert mit 4% = 5561 Tlr., 18 Sgr., 10 Pfg.
Im öffentlichen Termin am 19.10.1836 erfolgte kein Angebot auf Zeit- oder Erbpacht. W. Kleinschmidt bot nun unter der Hand einen Kaufpreis von 5000 Tlr. und erhöhte am folgenden Tage sein Kaufangebot auf 5570 Tlr. unter der Bedingung der Beibehaltung der unbeschränkten Hudegerechtigkeit. - Administrator Imbsen gab auf Drängen der Regierung ein Pachtangebot von 300 Tlr. für die Pachtzeit von 12 Jahren, aber unter Beibehaltung der Hudegerechtsame; dieses Angebot wurde von der Regierung abgelehnt. W. Kleinschmidt machte am 6.11.1836 ein neues Angebot:
- er übernimmt die Auseinandersetzung mit der Wittmerschen Konkursmasse;
- die unbeschränkte Hütung in 2/3 der in Betracht kommenden Wälder bleibt beim Gute;
- angebotener Kaufpreis 4360 Tlr.
Das Landwirtschaftsministerium will jedoch unter allen Umständen das Huderecht in den staatlichen Forsten beseitigen und ist mit einer Verringerung des Kaufpreises einverstanden. - Am 9.1.1837 war zu Dalheim ein neuer öffentlicher Verkaufstermin, der ergebnislos verlief. - Am 18.1.1837 wurde in Dalheim von der Mindener Regierung mit W. Kleinschmidt erneut verhandelt, und ein Abschluß der Verkaufsverhandlungen konnte erhofft werden. Es wurde folgendes vereinbart:
Am folgenden Tage, dem 19.1.1837, machte Kleinschmidt ein Pachtangebot auf 12 Jahre für jährlich 220 Tlr. einschließlich Waldweide. Das Landwirtschaftsministerium lehnt dieses Pachtangebot ab; zur Begründung wird ein Schreiben an die Regierung in Minden hinzugefügt: der Staat müsse viel Gebäudereparaturen zahlen; er sei besorgt, dass Kleinschmidt als Pächter nicht bestehen könne und so die Domäne in Blankenrode in noch ungünstigeren Ruf bringe; die Hudegerechtsame der Gemeinde müsse auch beseitigt werden.
So wurde am 6.10.1839 endlich der Verkauf des "Kondokterhofes" an W. Kleinschmidt vertraglich abgeschlossen.
- § 1: enthält die Aufzählung des Verkauften;
- § 2: vom Verkauf ist ausgeschlossen die Waldhude;
- § 3: Kaufgeld beträgt 3860 Tlr., fällig Petri 1837.
Gärten beim Wohnhause und einige kleinere Parzellen in Größe von 2 M. 30 R. sind mitverkauft; dagegen fallen an den Forstfiskus 12 M., 105 R. 38 F., welche unmittelbar an die Staatswaldungen stoßen. Der Verkauf der aufstehenden Gebäude ist im Vertrag nicht aufgeführt und anscheinend vergessen! Später bestätigt jedoch die Regierung ohne Weiterung den Mitverkauf der Grundstücke des Hofes mit den aufstehenden Gebäuden, zu denen auch die kleine Branntweinbrennerei und die Mühle gehörten.
Zur Bezahlung des Kaufgeldes und der Abfindung für die Wittmersche Konkursmasse war dem Kleinschmidt die ihm verwandte Assessorswitwe Hesse, geb.Hartmann, in Münster behilflich. Von dieser erhielt er auf Handschein
- am 22.9.1839. 2000 Tlr. zu 4½%
- desgl. am 13.2.1842. 2500 Tlr. zu 4½%
- desgl. am 2.1.1843. 1000 Tlr. zu 4½%
- zusammen 5500 Tlr. Die erst am 26.7.1865 auf Betreiben des Regierungsrates Hesse grundbuchlich zur I. Stelle eingetragen wurden.
Auf Kleinschmidts Schulden werden wir später zurückkommen. Bereits am 8.5.1837 hatte Werner Kleinschmidt aus der Wittmerschen Konkursmasse ca. 4½ M. gekauft; ferner erwarb er in den Jahren 1842 bis 1847 von sechs Besitzern in Meerhof und Oesdorf sechs Parzellen von 37¾ Morgen und vermehrte dadurch seinen Besitz. Die Hauptländereien lagen in den Gemarkungen Bleikuhlen und Schneefeld. - Diese hinzuerworbenen Grundstücke waren dem Domänenamt Dalheim heuerpflichtig und mit Hudeberechtigung belastet; außerdem waren auf verschiedenen Ländereien noch alte Schulden für Heinemann und Jakob Traugott zu Stadtberge und Abfindungen für erbberechtigte Kinder eingetragen, deren Löschung im Jahre 1879 größere Schwierigkeiten verursachte.
Zur Separation wurde nur ein geringer Teil der Landereien gezogen, da der größte Teil des Grundbesitzes zusammenhängend lag. Als Abfindung in der Verkoppelung erhielt W. Kleinschmidt, Rittmeister a.D., in der Gemeinde Blankenrode "auf der Bleikuhle" 10 M. , 171 R. und in der Gemeinde Oesdorf "auf der Asche" 50 M., 113 R. lt. Schreiben des Amtsgerichtes vom 5.8.1873. Kleinschmidt war allerdings zu dieser Zeit verstorben, aber der Hof stand noch auf seinem Namen im Grundbuche. Bei den vielen Verhandlungen und Besprechungen, die bei jeder Separation nicht zu umgehen sind, war der Vorsteher Kleinschmidt Hauptwortführer und Vertreter der Gemeinde.
Von der ersten Ablösung des Naturalzehnten auf Grund des Gesetzes vom 25.4.1836 wird weiter unten bei der Darstellung der Tätigkeit meines Großvaters Ludwig von Rüden die Rede sein. S.u.S. 64 ff. In dem umfangreichen Aktenstück der Regierung in Minden, Domänen-Registratur IIIc 2771 im Staatsarchiv in Münster wird von vielen Verhandlungen berichtet, in denen W. Kleinschmidt wieder Hauptwortführer gewesen ist.
Bei dem "Kondokterhofe" waren die ursprünglich zum Domkapitularischen Gute gehörigen Ländereien dem Kloster Dalheim nicht zehntpflichtig gewesen; jedoch lag die Zehntpflicht bezüglich der von W. Kleinschmidt, wie oben erwähnt, hinzugekauften 42 Morgen vor; die endgültige Ablösung der auf diesen Grundstücken ruhenden Naturalzehnten, Schreibheuer und Kamphaferabgabe erfolgte am 20.2.1857 durch eine jährliche Amortisationsrente, wie dieses weiter unten in der Wirtschaftgeschichte des Fernandshofes nachgewiesen wird. S.u.S. 66 ff. - Am 24.4.1857 schloß W. Kleinschmidt mit der Regierung über er. 30 Morgen einen Tauschvertrag, wodurch der Fiskus ihm günstig gelegene Parzellen im "Schneefelde" erhielt, gegen Acker von ungefähr gleicher Größe bei der Bleikuhle.
Die geldlichen Verhältnisse des Gutsbesitzers und Leutnants der Reserve bzw. Rittmeisters der Landwehrkavallerie Werner Kleinschmidt entwickelten sich anscheinend weniger günstig. Auf einem Hofe von er. 340 Morgen in klimatisch rauher Lage, mit mittleren Bodenverhältnissen und erschwerten Absatzmöglichkeiten kann wohl ein Bauer fertig werden, der selbst der erste Arbeiter in seinem Betriebe ist. Es läßt sich heute kein klares Bild über die geldliche Entwicklung bei Werner Kleinschmidt mehr geben. Anscheinend hat man doch auf dem Kondokterhofe etwas über die Verhältnisse gelebt; dazu wird die Ausbildung der sechs Töchter viel Geld gekostet haben. Für die Unterbringung der sechs Töchter mußten auch Ausgaben geleistet werden.
Theresia heiratete den Gutsbesitzer Hohenschutz in Benzrath im Rheinlande, Hermine den Rendant Lücke in Lippspringe und Leontine später den Lehrer Krewet in Oesdorf; im Jahre 1879 waren die anderen drei Töchter Anna, Krescentia und Auguste im Rheinland unverheiratet. Welche Ausbildung der einzige Sohn Wilhelm gehabt hat, ist heute nicht mehr zu sagen.
Wie wir oben erzählt haben, hatte Werner Kleinschmidt beim Kauf des "Kondokterhofes" von Ww. Assessor Hesse in Münster zusammen 5500 Taler auf Handscheine geliehen. Auf Forderung des Regierungsrates Hesse wurden am 26.7.1865 diese 5500 Taler grundbuchlich gesichert, die dann am 10.1.1880 von der Kreissparkasse Büren übernommen wurden. Am 4.7.1867 wurde dem W. Kleinschmidt ein weiteres Darlehen aus dem Fonds der Markkirche und verschiedenen geistlichen Fonds in Paderborn von zusammen 4000 Talern bewilligt. Werner Kleinschmidt starb am 30.l0.l870, ohne ein Testament gemacht zu haben. Am 23.9.1879 schlossen die Kinder bezw. Schwäger vor dem Amtsgericht in Lichtenau einen Vertrag.
Der Sohn Wilhelm Kleinschmidt übernahm den elterlichen Hof mit einer Schuldenlast von 40500 Mark, jede Tochter erhielt neben einem Bett und Anteil an Leinen 2700 M in Bar; die Kindesteile werden, zu gleichen Teilen nach den im Grundbuche eingetragen, für den Hof von 84 Hektar 47,30 Ar und einem Katasterreinertrag von 252,49 Tlr. eine hohe Verschuldung! Sofort begann bei dem neuen Besitzer eine Schuldenwirtschaft auf Wechsel mit Meyer Oppenheimer in Marsberg. Am 16.2.1884 erfolgte dann der Antrag der Kreissparkasse Büren auf Zwangsversteigerung, und am 8.10.1884 wurde das Urteil in der Zwangsversteigerung gefällt. Der Forstfiskus, vertreten durch den Oberförster von Hardehausen, erwarb mit einem Angebot von 27250 Mark von dem Hofe die Parzellen:
Schneefeld Flur 8 Nr. 17/3 zur Größe von | 44,5296 ha |
Wiese Flur 8 Nr. 4 zur Größe von | 2,1591 ha |
Auf der Asche Flur 3 Nr. 9 zur Größe von | 12,9264 ha |
zusammen 59,4151 Hektar gleich 237 Morgen. |
Den Rest der Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden ersteigerte für 29000 Mark der Landwirt Carl Fischer aus Warburg, der von seinem Vater ein Darlehen von 20000 Mark erhalten hatte. Zur Sicherung dieser Summe wurde eine Leibzucht für die Eltern eingetragen. - Was aus Wilhelm Kleinschmidt, der unverheiratet war, geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Bereits am 9.3.1897 verkaufte Carl Fischer den Hof an Aloys Köster, Haus Nr. 21 in Blankenrode für 50000 Mark; verkauft wurden 37,67 ha (150½ Morgen) mit aufstehenden Gebäuden, und in den Verkauf sind eingeschlossen: zwei Pferde, zwei Kühe nebst Kälbern, drei Rinder, Vorräte an Heu und Stroh, Dünger und Aussaat.
Landwirt Aloys Köster, geboren 9.11.1842, verheiratet seit 2.9.1871 mit Agatha von Rüden, wohnte zuerst auf der Glashütte in Altenböddeken, verzog dann nach Blankenrode, wo er durch Zuschlagsurteil vom 9.12.1882 in der Zwangsversteigerung die Glashütte Siesserkamp erwarb. Im Jahre 1825 erwarb Glasfaktor Karl Christian Becker, geb. 29.12.1787 und gestorben am 10.10.1868, vom preussischen Fiskus in der waldreichsten Gegend des untergegangenen Dorfes Sirexen zur Errichtung einer Glasfabrik etwa 40 Morgen. Im Kreise Büren waren noch weitere Glasfabriken bei Fürstenberg, Altenböddeken, bei Wewelsburg und Marschalshagen bei Holtheim; letztere Fabrik hat sich am längsten gehalten. Glasfaktor Karl Becker zu Siesserkamp wird als Geldgeber in der Geschichte des Fernandshofes erwähnt. s. u. S.63
Da die Glashütte Siesserkamp inmitten der ausgedehnten Waldungen einsam lag, war die Versuchung zu Holz- und Wilddiebstählen für die Glasarbeiter eine große. Beim Verkauf war auf Antrag des Forstfiskus für den Käufer, den Glasfaktor Karl Becker, im Grundbuch Abt. II die Verpflichtung eingetragen, die Glasarbeiter vor Holz- und Wildfrevel wirksam zu bewahren; andernfalls konnte der Besitzer für den Schaden haftbar gemacht werden.
Durch Vertrag vom 21.3.1862 übernahm Glasfaktor Gustav Becker von seinem Vater Karl den Grundbesitz mit aufstehenden Fabrik- und Wohngebäuden. In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Glashütten in den ländlichen Gegenden immer mehr. Mangelnder Absatz, Verkehrsschwierigkeiten in der Anfuhr der Rohmaterialien und Abfuhr der Fertigwaren waren für die schlechte Rentabilität die Hauptgründe. Marschalshagen kam erst Herbst 1914, mit Beginn des Weltkrieges, zum Erliegen. Auf Siesserkamp herschte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts ein reges Leben. Es war sogar eine evang. Privatschule eingerichtet, die bei ihrer Auflösung (1877) 12 Schüler zählte.
Gustav Becker übernahm in den Zeiten gutgehender Konjunktur noch die Glasfabriken in Öventrop und Altenböddeken. Aus dem Grundbuch ersieht man seine wachsenden finanziellen Schwierigkeiten. Am 6.9.1878 erhielt er eine Hypothek von 12400 Mark, und zwar von der Kreissparkasse Büren; im folgenden Jahre wurden weiter eingetragen für den Fabrikbesitzer Friedrich Wetzell zu Hannoversch-Münden, anscheinend einem Schwager von Becker, 12000 Mk und 18000 Mk für den Bruder des Besitzers von Siesserkamp, den Gutsbesitzer C.W. Becker zu Heukrug in Westpreußen. Der Zusammenbruch der Glasfabriken Oventrop und Altenböddeken zog den von Siesserkamp naturgemäß nach sich. Am 9.3.1882 wurde das Konkursverfahren gegen Gustav Becker eingeleitet.
Aloys Köster erwarb zum Höchstgebot von 14650 Mark Siesserkamp, während Fabrikbesitzer Wetzell die Friedhofsparzelle, Flur 5, Nr.20/I zur Größe 1,50 Ar für 50 Mark ersteigerte. Auf dem Friedhof zu Siesserkamp wurde auch Gustav Becker, der nach seinem Wegzuge die Glasfabrik Siebenstern bei Driburg gepachtet hatte, neben seiner Gattin und seinen Eltern begraben. Der neue Besitzer Köster wohnte zuerst auf Siesserkamp, legte schon bald die unrentabele Glashütte still, die mit anderen Häusern abgebrochen wurde.
Das alte Herrenhaus ist in Meerhof wieder aufgebaut. Dalheimer Straße 27 (Schossen), Abgebrochen 19... An die frühere Glashütte erinnern heute nur Obstbäume und eine Kelleröffnung. Der Grundbesitz der früheren Glashütte dient heute hauptsächlich Weidezwecken und wird vom "Kondokterhofe" aus bewirtschaftet.
s. Lippert im Heimatbuch des Kreises Büren 1923, S. 8l, ff.
Aloys Köster starb nach einem arbeitsreichen Leben am 22.12.1898 in Blankenrode. Dann wurde seine Witwe Agatha, geb. von Rüden mit Kindern für den Grundbesitz eingetragen, bis dann am 14.8.1907 für Blankenrode und am 5.11.1907 für Siesserkamp die Übertragung auf den ältesten Sohn Johannes Köster erfolgte, der am 30.5.1935, am Christi Himmelfahrtstage, im Alter von 62 Jahren an Blinddarmentzündung starb, ohne ein Testament gemacht zu haben.
Schmied Wilhelm Köster aus Pliesteners Hause in Meerhof Am Dreswinkel 10 verzog nach Blankenrode, nachdem er hier von den Juden Dalberg in Essentho und Meyer Oppenheimer in Marsberg sowie von Johann Lohoff in Blankenrode einen mäßigen Grundbesitz erworben hatte, der nach dem Oesdorf-Meerhofer Separationsrezeß und der Katasterbescheinigung vom 18.1.1873: 6,0284 ha oder 23 Morgen 110 Ruten betrug; er erbaute hier das Haus Nr.33.
Durch Übertragsvertrag vom 7.1.1872 übertrug Ww. Wilhelm Köster, geb. Franziska Wüllner, das Vermögen ihrem ältesten Sohne Franz, dessen Vormund Ackersmann Franz Lücke zu Meerhof war. Wilhelm Köster war mit Franziska Wüllner nach dem Tode seiner ersten Frau in zweiter Ehe verheiratet; die Kinder aus erster Ehe waren vor der zweiten Heirat abgefunden.
Der obengenannte Aloys Köster, der Siesserkamp und den Rest der früheren Domkapitularischen Domäne erwarb, war ein Halbbruder des nach Blankenrode verzogenen Schmiedes Wilhelm Köster. - Die Besitzung Haus Nr.33. aus der Frau Ww. Johannes Köster auf dem "Kondokterhofe" in Blankenrode stammt, ist eingetretener Familienverhältnisse wegen -Besitzer war im Weltkriege gestorben - von Johannes Köster angekauft. Das Haus Nr.33 "Am Haselbusch" liegt malerisch am Waldesrande. Möge der frühere Domkapitularische Hof in seinem Restbestandteil und den Nebenerwerbungen Siesserkamp und Haus Haselbusch noch recht lange im glücklichen Besitz der Familie Köster verbleiben!
In meiner Gymnasialzeit war die Blankenroder Mühle verfallen und außer Betrieb gesetzt. Karl Fischer hat den Platz der inzwischen abgebrochenen Mühle an den Nachbar Thiele verkauft, der auch den früheren Mühlengarten bereits erworben hatte.