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Band 3

DIE EIGENTLICHE INNERE STADTGESCHICHTE

3. Abschnitt - Statistik

Kapitel 2

Von den Erwerbszweigen

A. Ackerbau

(§.178.)

Der Ackerbau bildet gegenwärtig die Hauptbeschäftigung der Einwohner Rüdens und ist auch die Hauptnahrungsquelle derselben. Der Wert des Bodens ist gerade jetzt zu einer beispiellosen Höhe gestiegen. Die Bürger der Stadt sind also eigentlich Ackerbürger.

B. Viehzucht

(§.179.)

Die Viehzucht steht im innigsten Zusammenhange mit dem Ackerbau. Der Stand derselben lässt sich aus dem beurteilen, was wir oben über die Produkte gesagt haben, und aus der vorstehend mitgeteilten Übersicht des Viehbestandes.

C. Handel und Kaufmannschaft

(§.180.)

Schon was wir in der Entwicklung der Stadtgeschichte an mehreren Orten erzählt haben, lässt in den ausgebreiteten Handel, den Rüden, als Verbündete der Hansestadt Soest, im Mittelalter führte und in seine große Industrie keinen Zweifel setzen. Bestimmte geschichtliche Nachrichten gehen uns leider Wie uns überhaupt noch eine Geschichte des Westfälischen Handels fehlt. Beiträge darüber von Dr. Stüve, und Seibertz sind in Wigand's Archiv I. Bd. 3.h. S.1. und IV. Bd. 3.h. S.247, 326 mitgetheilt. gänzlich ab.

Die oben dargelegte Wegeverbindung, namentlich die Nähe einer bekannten Handelsstraße, des Haarweges, begünstigte nur den Handel. Dem berühmten Schutzpatron des Kaufmannstandes, dem heiligen Nicolaus, den zum Symbol ihrer Bedeutsamkeit die Stadt im Wappen führte, war, wie in allen, namentlich den größten Handelsstädten, so auch in den kleineren westfälischen Hansestädten, als Dortmund, Bielefeld, Brilon, Attendorn, die eine Hauptkirche der Stadt Rüden gewidmet.

Eine eigene Kaufmannsgilde zu Rüden setzen wir aus der später vorkommenden Krämerzunft daselbst unter einem Hansemeister voraus. Vgl. Wigands Archiv IV, 3, S, 263. Vorzüglich waren es zwei Vorrechte, die den Wohlstand und das Ansehen der Handelsstädte begründete: das Geleitrecht und das Niederlags- oder Stapelrecht.

Gemäß des ersteren mussten die zu Markte reisenden Kaufleute für den ihnen auf der Landstraße geleisteten Schutz eine bestimmte Abgabe geben. Dieses recht war der Stadt Rüden schon durch die §§. 10, 11, 12, 13 und 14 des Rüdener Stadtrechtes zugesichert. Gleich darauf werden die Jahrmärkte festgesetzt §. 16. Den eigentlichen Zoll zu Rüden aber hatten schon bei der Gründung der Stadt 1200 der Erzbischof von Köln und der Graf von Arnsberg unter sich geteilt.

Das Niederlagsrecht zwang alle fremden Kaufleute, ihre Waren, bevor sie weiter geführt wurden, eine Zeit lang zum Verkauf den Bürgern auszustellen. Dieses Vorkaufsrecht gewährte große Vorteile, abgesehen davon, dass der Stadt für die Niederlage selbst ein Bestimmtes gezahlt werden musste. Dass auch Rüden dieses wichtige Recht gehabt hat, schließen wir aus den Spuren der späteren Zeit mit Sicherheit. Wir finden nämlich in den uns vorliegenden Stadtrechnungen von 1687 und 1733 unter der Einnahme und zwar unter der von Stadt Rüdener Rathaus den Posten: "Windelagen undt Stapelgeldt 11 Gl."

Was die Jetztzeit betrifft, so ist der Handel in den letzten 5 bis 6 Jahren auffallend vermehrt, namentlich seit Vollendung der chaussierten Kommunalstraße nach Warstein und vornehmlich seit dem Verbote, Bestellungen von Waren bei Privaten zu suchen. Bis zum Jahr 1839 bestanden zu Rüden drei Kaufleute (mit kaufmännischen Rechten) und etwa 4 bis 6 Höcker oder Krämer (Kaufleute ohne kaufmännische Rechte); jetzt ist die Zahl dieser nicht nur bis zu 23 gestiegen, sondern auch der Umfang ihres Gewerbebetriebes augenfällig durchweg bedeutend, so dass drei der so genannten Höcker im begriff stehen, zu den Kaufleuten mit kaufmännischen Rechten überzugehen. Zu diesem Abschnitte über den Handel müssen wir noch einige Gegenstände der Unterabteilungen behandeln. Nämlich:

(§.181.)
  1. Maß, Gewicht, Münze

    1. Maß und Gewicht
      Über Maß und Gewicht führte der Magistrat die Aufsicht. Schon im 32. §. Des Stadtrechts wird "eyn recht van Wanmate" beschrieben, wonach Jeder, der falsches Maß braucht (Wanmate dede) mit Müdde, Scheffeln, Bechern, Waagen oder mit anderem Maß, der Stadt eine Brüchte zahlt.

      Die Stadt Rüden hatte nämlich ihr eigenes Gemäß (Scheffel-, Spint- und Becher-Gemäß), nebst einem Eichamt, welches das Stadtwappen als Eichungsstempel gebrauchte. So ist auch noch gegenwärtig am Rathaus, Jedem zugänglich, eine eiserne geeichte Elle, die nicht völlig ? der Berliner Elle misst, an einer eingemauerten Kette vorhanden. Das Eichzeichen lässt sich nicht mehr erkennen. Übrigens war das Rüdener Maß sehr verbreitetet und ist die Bezeichnung noch jetzt üblich.
    2. Münze
      Das Münzrecht war mehreren kleineren Städten Westfalens gegen eine fiskalische Abgabe in der Weise erteilt worden, dass sie zum Binnenverkehr Kupfermünzen Im Herzogthum Westfalen waren folgende Oerter Münzstätten: Arnsberg, Attendorn, Brilon, Gesecke, Horchusen bei Stadtberge und später diese Stadt selbst, Rüden, Werl, Winterberg(?). Vergl. Ledebur's Archiv Bd. 9. S. 227ff. prägen durften. Von diesem Recht machten aber, wie es scheint die Städte nicht immer Gebrauch. Wir kennen bloß wirkliche Münzen von Soest, Hamm, Dortmund; auch Marsberg und Lippstadt haben wirklich geprägt.

      Was nun Rüden betrifft, so ist es zwar nicht gelungen, Rüdener Münzen aufzutreiben, auch nur Nachricht zu bekommen, ob solche jemals geprägt worden sind. Dass die Stadt aber wirkliches Münzrecht gehabt, können wir nicht bezweifeln. Denn

      1. Ist schon in der Gründungsurkunde von 1200 unter den Einkünften aus der neuen Stadt, außer den Worthpfennigen (census arearum), den Gerichten (judicia), dem Zoll (Tholoneum), auch von der Münze (moneta) die Rede, als unter den Erzbischof und den Grafen von Arnsberg zur Hälfte verteilt. Unter Moneta kann nur jene fiskalische Abgabe für das Münzrecht gemeint sein.


      2. Der §. 38 des Stadtrechts handelt von falschen Pfennigen. Wenn falsche Pfennige bei einem Bürger gefunden werden, so soll ihn Niemand darum ansprechen, will er das behalten über den heiligen, dass er das Seinige dafür gegeben hat (d.h. will er es beschwören, dass er das falsche Geld durch Handelschaft an sich gebracht hat). Wenn also in Rüden Falschmünzerei vorgesehen wurde, so darf man auch wohl an eine echte Rüdener Münze denken.


      3. Noch mehr beweisend ist der Umstand, dass in Urkunden wirklich die Rede ist von Rüdener Schillingen, was kaum einen Zweifel übrig lässt, dass die Stadt das Münzrecht einst wirklich ausgeübt hat. In einer Verkaufsurkunde von 1447 heißt es:"VIII jugera terrae taxata et ecstimata quatuordecim solidos monetae Ruthensis"; in einer anderen desgl. von 1446:"quator solidos monetae Ruthensis"; ebenso 1445: "quindecim solidos monetae Ruthensis." Uns vorliegende Kemmnerei-Rechnungen von 1687 sind ganz in demselben Course geführt, wie die von 1803. - Es ist nämlicg gleich gesetzt:
        • 1 Gulden Courant - 10 Gr.
        • 1 gemeiner Rthlr. - 26 Gr.
        • 1 Mark - 12 Gr.
        • 1 Goldgulden - 40 Gr.
        • 1 Reichsthaler - 36 Gr.
        Ebendaselbst sind auch die Korngefälle in Gelde berechnet: 1687 und (1733) galt ein Mütte Roggen - 1 Thlr.; 1 M. Gerste (1687) - 1 Thlr. (1733) - 32 Gr.; 1 M. Haver (1687) - 18 Gr.; (1733) - 16 Gr.; 1 M. Weizen (1687 und 1733) - 1 Thlr. 12 Gr.; 1 M. Schrot (1733) - 20 Gr.


    (§.182.)
  2. Märkte
    Die Jahrmärkte Rüdens sind schon uralt; schon im §. 16 des Stadtrechts werden die Friedetage für die Jahrmärkte bestimmt, an denen Jeder, der dieselben besuchte, sicheres Geleit haben sollte. In jenem §. heißt es dass der erste Jahrmarkt ist allwege fünf Wochen nach Paschen, das heißt Zum Hagen. (Es gab ein Hagen-Tor, [d.i. Haintor, das zum Walde führt,] in Rüden. Bei Cosmann steht gedruckt "hetet to Medaghen", ohne Sinn; bei Seibertz "hetet tho me haghen".

    In der uns vorliegenden uralten Handschrift - 12 Papierblätter 4to in pergamentenem Deckel - [enthält die Cosmann'schen §§; die Notizen auf den 1½ letzten Seiten von späterer Hand sind durchgestrichen] steht: "dat heytet tom hage.") Das währet neun Tage. Das andere beginnt an St. Pantaleon Abend und währet drei Tage. Der Pantaleons-Tag fällt aber auf den 27. Juli.

    Diese Jahrmärkte, die wir schon wegen ihrer Dauer füglich Messen nennen können, waren im Verlauf der Jahre, mit dem Verschwinden der Blüte Rüdens gänzlich in Abgang und Vergessenheit geraten, und zwar so sehr, dass die späteren Erzbischöfe durch Verleihung von Jahrmärkten der gesunkenen Stadt wieder einigermaßen aufzuhelfen suchten.

    Uns liegen drei Original-Urkunden über diese späteren Marktprivilegien vor, die der früheren, im Stadtrecht schon festgesetzten, großen Jahrmärkte gar keiner Erwähnung tun.

    1. Die erste derselben ist von Brüell den 20. April 1532 datiert (große schöne Pergament-Urkunde mit gut erhaltenem grünen Wachssiegel in einer Art von Kapsel von gelblichem Wachs). Erzbischof Hermann tut kund, dass, wie seine Vorfahren früher die Stadt Rüden, zur Unterhaltung guter Polizei, der Mauern, Tore und Baue mit zwei Wochenmärkten (Dienstags und Samstags) begnadigt, und nachher die Stadt jämmerlich verbrannt und dermaßen in Verderben gekommen, dass die Bürger und Eingesessenen die Stadt haben verlassen müssen, wodurch die Wochenmärkte unbesucht geblieben und außer Gebrauch gekommen, darum die Stadt gebeten habe, zur Unterhaltung der Polizei, Türme, Mauern und Straßen, ihnen jene zwei Wochenmärkte wieder zu erneuern, und sie dazu noch, in Ansehnung eines gewissen erlittenen verderblichen Schadens, Brandes und Verwüstung der Türme und Mauern mit zwei Jahrmärkten zu begnadigen; demnach der Erzbischof sich bewogen findet, obgemelte Wochenmärkte zu erneuern und zu erlauben, hinfüro alle Jahre zwei freie Jahrmärkte, als nämlich auf Sonntag nach Nativitatis Joannis Baptistae und Sonntag nach St. Gallen, von allerlei Gewerb, Kommerschaft und Hantierung, so man dahin bringen wird, zu halten und solches bekannt machen zu lassen. Der Erzbischof gibt auch während der Dauer der Wochen- und Jahrmärkte freies Geleite Jedem, der mit Kommerschaft, Ware, um redlichen und gebührlichen Handel und Werbung zu treiben, den Markt besucht, mit Ausnahme derjenigen, die gegen das Stift mit der tat gehandelt und noch keine Sühne getan haben. Die Amtleute, Schultheißen (Scholtissenn), Befehlshaber, Diener und Untertanen und Verwandten sollen das Geleit Jedem, so darin inbegriffen ist, angedeihen lassen.

    2. In einer ebenfalls gut erhaltenen mit einem schönen roten Siegel versehenen Pergament-Urkunde vom 14. März 1600 bestätigt Erzbischof Ernst die Marktprivilegien. Dies geschah wegen der der Stadt etliche Jahre hero zugestandenen Beschwerung, Misswachs und anderer Kriegsgefährlichkeit, auch sonst erlittenen großen Schadens. Zu Erleichterung solches hohen und äußersten Schadens und Verderbens, damit die Bürger in etwas Nahrung kommen und sich, ihr Weib und Kind ernähren, auch die Mauern und Pforten erbauen, erlaubt der Erzbischof ferner jene zwei freien Wochenmärkte und die zwei freien Jahrmärkte an den oben genannten Tagen zu halten. Alle, Einheimische und Fremde, die mit ihrem Leib, Waren, Kaufmannschaft oder sonstiger Notdurft die Märkte besuchen, werden mit gewöhnlichen Jahrmarktfreiheiten, Geleit und Sicherheit versehen und begnadigt, dergestalt, dass alle Gogerichtsuntertanen ihr Korn und was sie zu verkaufen haben, als Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen durchaus vorher in Rüden zu verkaufen haben, bei Pöen von 10 Goldgulden usw.


    3. Das dritte Privilegium (äußere Beschaffung wie die vorigen), vom 28. Februar 1696 erweitert die bis dahin schon auf drei Märkten ausgedehnten Marktfreiheiten wieder um ein Bedeutendes. Joseph Clement verleiht nämlich zu besserer Etablierung, Erleichterung und Ergötzlichkeit der durch Krieg, Feuersbrunst und sonstigen Verderben in Schaden gekommenen Stadt, derselben, außer den früher verliehenen zwei Wochenmärkten und drei Jahrmärkten, noch hinzu drei andere Jahrmärkte und zwar einen auf Sonntag St. Nicolai, den andern auf den ersten Sonntag Quadragesimae und den dritten auf Sonntag Exaudi. Diese drei Märkte sollen mit Pferden und allerhand Vieh und anderen Waren gehalten werden. Die gewöhnlichen Marktprivilegien, Geleit usw. werden zugesichert

    Alle diese Märkte scheinen in Abgang gekommen zu sein. Denn die jetzigen zwei Märkte in Rüden, von denen jeder zwei Tage dauert, und die Kram- und Viehmärkte sind, fallen auf ganz andere Tage, als in den beschriebenen Privilegien angegeben sind. Sie scheinen auf späteren Verleihungen resp. Abänderungen zu beruhen.

    Von Rüden ist uns die Mitteilung zugekommen, dass diese Märkte am Sonntag vor Maitag und dem folgenden Montag und am ersten Sonntag im Oktober und den folgenden Tag gehalten würden. Dies stimmt aber nicht mit den Nachrichten der gewöhnlichen Kalender, in denen bad der 24., 25. April oder 7. Mai für den ersten, der 17., 16., 22 Oktober für den zweiten Markt angegeben wird. Dieser letzte Termin ist genau der Gallus-Sonntag oder der Sonntag nachher. Es ist also noch der im ersten Privilegium festgesetzte Markt.

    Nachtrag - Rüden, eine mittelbare Hansestadt

  3. Fabriken und Manufakturen
    (§.184.)

    An Fabriken kommen jetzt, außer den oben angegebenen Mahlmühlen, nur die Papiermühlen in Betracht, zumal der 1845 in der Nähe der Stadt gefundene Eisenstein nur noch verfolgt (danach geschürft) wird.

  4. Gewerbe
    1. Geschichtliche Nachrichten
      1. Ämter in Rüden
        (§.185.)

        Die verschiedenen Ämter waren seit alter Zeit mit gewissen Freiheiten und Gerechtsamen begabt, die jedoch der Rat verbessern, vermehren, vermindern oder abschaffen konnte. Das eigentliche Statut der Ämter war in den so genannten Rottulen, oder Gewinn-Rottulen, enthalten, die vom Rat erteilt worden waren. Außerdem hat jedes Amt seine Chör-Rottel, die jedes für sich selbst errichtet. Das Amt hat Macht, jedes Vergehen gegen die vom Rat erteilte Rottul zu exekutieren, jedoch mit Vorwissen und Bewilligung des Bürgermeisters und mit Adhibierung des Ratsdieners. Bei Prozessionen trugen die Amtsknechte in einer bestimmten Ordnung ihre Stäbe. Jedes Amt hatte seinen hl. Amtpatron, an dessen Festtage ein feierliches Hochamt gehalten wurde. Auch kamen an diesen, wie an den übrigen Amtstagen die Amtmitglieder von den drei Stadtdörfern zur Teilnahme in die Stadt.

        • Wüllner Amt Die sehr bedeutende Wüllnerzunft hat sich bis kurz vor Auflösung der Zünfte fortwährend in Rüden erhalten. Jetzt ist kein einziger Webestuhl für Wüllner mehr in Rüden. S. Wigand's Archiv I.4. S.43.
          Den Wollenwebern wurde wegen des alten Ruhmes in guter Bereitung zu Abschaffung anderer Untüchtigkeit ihre Rottul vom Rat 1573 ipso Galli wieder erneuert.

          1. Wer das Amt gewinnen will, muss sein ein frommer Mann, guten Herkommens und Leumunds (Leichmuths) frei, echt und recht geboren, die Bürgerschaft gewinnen, dem Rat vier Mark geben, dem Amt eine ziemliche Kost tun, oder aber statt der Kost eine genau bestimmte Geldsumme geben, zur Ehre Gottes aber 1 Pfd. Wachs.
          2. Die Amtsbrüder sollen und wollen durchaus nicht von Auswendigen Tücher oder Wand zu machen oder Wolle anzunehmen sich unterstehen, sondern jeden Bürger jährlich ein Tuch und gebührlich Geld und Lohn zu bereiten.
          3. Kein Bürger, der ein Amt besitzet oder Frilung hat, wovon er sich ernähren kann, soll gemeine selbst gemachte Tücher bei Ellen oder ganzen Stücken ausschneiden oder verkaufen, sondern soll solches den Bürgern freistehen, die kein Handwerk gelernt haben, auch Auswärtigen vergünstigt sein.
          4. Das Amt wählt jährlich einen Richtmann, der alle Amtsgebrechen schlichtet, den Ungehorsam, Schleicht, Kiff- und Scheltwörter straft, wenn solches in der Zusammenkunft geschehen.
          5. Alle Tücher werden von Deputierten besichtigt, versiegelt und von jedem gut befundenen Tuche zur Versiegelung der Stadt 8 Pf. gegeben.
          6. Das versiegelte beste Tuch muss sein von den besten Haaren mit 15 Pipen und 58 Gängen 3 Ellen breit usw., das Mitteltuch 15 Pipen, 46 Gänge, das Futtertuch (Foderdoeck) 15 Pipen, 36 Gänge usw. Kein Tuch darf unversiegelt verkauft werden usw. Die Rottulen sind aufgestellt unter dem Symbol: Haltet geloven in aller Frömmigkeit. Amtspatron war St. Paulus (Bekehrung am 25. Januar), gefeiert in der Johanniskirche

        • Bäcker-Amt

          Die Bäcker Rottul ist 1553 ipso Paschalis erneuert worden.

          1. Die Bäcker erwählen sich jedes Jahr Amts- oder Gildemeister zu Richtung und einen Knecht zur Verbietung. Sie schlichten unter sich ihre Gebrechen, Schlechte, Kiff- und Scheltwörter, auch leichtfertiges Auffahren (lichtfertig uffvoer) bei den Zusammenkünften, bestrafen die Ungehorsamen bis zu 6 Pf. Die nach dem dritten Verbot ungehorsam Bleibenden zitiert der Rat, so wie derselbe alle blutige und schädliche Schlägerei in und außer der Amtszusammenkunft straft. Das Amt darf unter sich nichts, so wider die Stadt oder das gemeine Beste ist, keifen oder verordnen.
          2. Wer das Amt gewinnen will, soll fromm, unberüchtigt, echt geboren sein, seine Lehre bescheinigen, dem Rat eine Mark, der Stadt einen "halben Hacken" geben, dem Amt eine ziemliche Kost, zur Ehre Gottes ein Pfund Wachs und Bürger werden.
          3. Der Gildemeister hat Acht auf die gute Beschaffenheit des Brotes. Wer zu klein backt, wird vom Rat bestraft, bis zum Verbot des Backens.
          4. Bei teurer Zeit muss, der Armen wegen, auch Brot zu ein, zwei und drei Pf. gebacken werden
          5. Bei Teuerung des Korns sollen die Becker nicht "ufftücken", sondern solches dem Rat vorher angeben, widrigenfalls der gefährliche "Ufftücker" bestraft wird.
          6. Enthält eine Brottaxe: Die Bäcker sollen für einen Pfennig backen, wenn der Weizen gilt 9ß - 20 Loth; wenn 10ß - 16½ Loth, wenn 20ß - 9 Loth, wenn 24ß - 7 Loth usw. Ferner die Bäcker sollen für einen Pfennig backen, wenn der Roggen gilt 8ß - 23 Loth, wenn 10ß - 18 Loth, wenn 12ß - 16 Loth, wenn 16ß - 14 Loth, wenn 18ß - 12½ Loth, wenn 20ß - 11½ Loth, wenn 24ß - 8½ Loth usw.

          Um bei Teuerung die Armen nicht zu bevorteilen, hat 1656 das Amt eingewilligt, wenn die Mütte Roggen drei Kopfstück gilt, jeder 6 Pfennigskleinroggen 1 Pfund gar gebacken sein soll, - als 1659 die Mütte ein Königstaler galt, wurde der Schillingskleinroggen zu 1 Pfund 12 Loth gar gebacken, - und 6 Pfennigs Weißbrot zu 20 Loth, weil die Mütte Weizen 1 Rth. galt, war das Weißbrot zu 6 Pfennig 23 Loth usw. usw. Für das Backen des zugebrachten Scheffels Roggens nimmt der Bäcker 9 Pfund, und eines Scheffels Kleinroggens nicht mehr als einen Schilling. Jeder Bürger darf bei Hochzeiten, Kindtaufen, Hausheben usw. sein Brot in seinem eignen oder in einem anderen Hause backen. Auch darf jeder Bürger einen eigenen Backofen in seinem Hause halten. - Amtspatron war St. Michael, der gefeiert am 29. September in der Nicolai-Kirche.

        • Schmiede-Amt

          Die Rottul dieses Amtes war veraltert. Der Rat wollte eine neue geben. Die hierzu projektierten Punkte enthalten folgendes:

          1. Jeder Amtsbruder soll das Schmiedeamt halten. Der neue Amtsbruder muss sich qualifizieren, Bürgerschaft gewinnen, seine Unsträflichkeit beweisen, für des Amts Zusammenkunft 12 Schilling oder 1 Mark, für die Amtsgewinnung oder Innung und Gerechtigkeit 2 Rth. Bier, 2 Pfund Wachs zu des Amtes Lichte, eine unsträfliche Kost geben. Ein Amtskind gibt etwas weniger usw. Dann noch das Meisterstück. Keiner, er sei Grob-, Klein- oder Kupferschmied, soll ohne Willen des Amtes schmieden.
          2. Stirbt ein Mann, Weib oder Kind aus dieser Gilde, so muss jeder auf Abladung des Richtmannes dem Begräbnis beiwohnen. Der Ungehorsam wird mit ½ Pfund Wachs, dann mit ½ Tonne Biers, dann mit der Vertreibung aus der Gilde und Verklagen beim Rat bestraft.
          3. Die Schmiede mögen jährlich keisen einen Richtmann und einen Knecht, gleich anderen Gilden, welche das Amts-Licht unvergänglich bewahren und auf St. Eligii-Tag eine unsträfliche Kost tun, aber das Amt das Bier verschaffen.
          4. Niemand darf einen Jungen, ohne des Amts Vorwissen, in die Lehre nehmen. Ein solcher Junge gibt auch 2 Pfund Wachs zu des Amts-Licht, 2 Rth. oder 2 Mütte Gerste. "Dafern auch ein Schmidt seinem Schmedde-Gast das Schmedewerk ein viertel Jahr lang borgete, undt nit bezahlte, jedoch der Schmede-Gast zu einem anderen Schmede zoge, so soll der Schmidt ihme nit schmieden. Er habe dan den Vorschmidt erst Bezahlt." [Der Schmiedegast ist also eine Kundschaft; eine herrliche Bestimmung!]
          5. Wer Unsteuer (unstuür) treibt mit Worten oder Werken, wird bestraft. Bei der neuen Ratswahl bringen sie einen aus ihrer Mitte vor den Rat, um einen aus dem Rat dabei zu verordnen und das Feuer zu besichtigen. Keiner soll samstags Abend nach der Betglocke schmieden. - Amtspatron war St. Eligius, am 1. Dezember gefeiert in der St. Jois-Kirche.


        • Schneider-Amt

          Die alte Schneider-Rottul ist 1607 reformiert und verbessert worden. Die Hauptpunkte sind:

          1. Sollen die Schneider, Schroderschen und alle Wandtscherer das Amt zu halten verpflichtet sein.
          2. Wer das Schneider-Amt gebrauchen will, muss fromm, recht und echt geboren sein, die Bürgerschaft haben und dem Rat ½ bis 1 Mark geben. Ferner soll er dem Amt eine Kost oder Innung tun, bestehend aus vier Becken trocken Fleisch, zweierlei Potthast, Brot, Butter, Käse, Bier. Dann soll er dem Amt geben, als Amtskind 3 Rthlr. und ½ Pfund W., als Bürgerskind 9 Rthlr. und 2 Pfund W. Überdies soll er seine Lehrjahre nachweisen, seinen Meisterschnitt und Probe tun, bestehend aus einem Hoeken, einem Mantel und einem Wams mit einem Schoße, und von jedem Stück dem Amt 6 Schilling geben. Wenn die Werke misslängen, soll er das Amt nicht gebrauchen und nicht als Meister angenommen werden, es könnten denn die Amtsverwandten erkennen, dass derselbe für einen unsträflichen Meister zu halten sei.
          3. Wenn ein Amtsmeister ein Stück Arbeit verdirbt, muss er es ersetzen
          4. Er soll das geschnittene Werk in drei Wochen fertig machen.
          5. Die Schneider keisen sich ihren Richtmann und Knecht. Der Ungehorsam gegen dieselben wird mit einer Teute Bier bestraft.
          6. Wenn Jemand, der nicht des Amtes ist, eine Zusammenkunft des Amts begehrt, so soll er dem Amt 12 Schilling geben.
          7. Wer dem Richtmann nicht gehorchen will, wird vor den Magistrat verboten und verfolgt werden.
          8. Bei geringschätzigen Schlägereien (ohne Blut), Kiff, Scheltworten, Schmähen, Fluchen, Schwören bei den Zusammenkünften strafen die Amtsbrüder.
          9. Durch den Stadtdiener und Amtsknecht können sie auf die verwirkten Brüchten pfänden.
          10. Es sollen keine Schneider auf den Stadtdörfern und Höfen gelitten werden. Wenn einer gefunden wird, so soll ihm die Arbeit genommen werden, die er mit 1 Rthlr. zu lösen hat. Derjenige, der den Schneider unterhalten hat, zahlt dem Rat und dem Amt je 1 Rthlr.
          11. Die Schneider errichten Willküren mit Vorwissen und Willen des Magistrats.
          12. Das Schneideramt insgesamt und besonders soll keine Rotterei und Zusammenkünfte halten, um zu keisen und verkeisen, was gegen Rat, Stadt und deren Gerechtigkeiten wäre, wodurch Nachteil, Zank, Aufruhr und Unlust erweckt wird, sondern wann sie beginnen ungebührliche Weise Bürgermeister und Rat zu reformieren, Ziel und Maß zu setzen, einigen Überfall zu tun, Ungebührliches zu keisen und verkeisen, oder den Gehorsam dem Magistrat verweigern: so soll ihnen das Amt niedergelegt und gemein gegeben werden, und noch gebührlich gestraft werden, Alles zu Handhabung guter Polizei-Ordnung, Erhaltung Friede und Einigkeit ohne Arglist.
          13. Die Rottul hat das Symbolum: Servate fidem datam, nam grave est, fidem fallere. Die Bestimmungen über Arbeitslohn sind später erlassen, namentlich 1653, wonach ein Schneider täglich im Hause zur Kost 4 Schilling, der Knecht 2 Schilling bekommt. - Amtspatron war St. Antonius Abbas, gefeiert den 17. Januar in St. Joh.-Kirche.


        • Das Schuhmacher-Amt

          Über dieses Amt liegen uns keine Nachrichten vor. Schuhmacher-Amtspatron war St. Joh. Evang. Ante Lat. Portam, gefeiert am 6. Mai in der Johannis-Kirche. Später haben sich noch 2 Ämter gebildet, nämlich:

        • das der Schreiner und Zimmerleute,

          die St. Joseph zum Amtspatron haben und ihr Fest am 19. März in der St. Nicolai-Kirche feiern.

        • die Steinhauer und Maurerzunft,

          die St. Laurenz zum Patron haben und ihr Fest am 10. August feiern.


        Durch die allgemeine Gewerbefreiheit sind alle Ämter aufgehoben, seit Mai 1811. Vergl. Edikt vom 2. Novbr. 1810 über Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer, Ges. Saamml. S.82; Allg. Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845, Gesetz-Samml. Nr. 2541. Ueber Innungen Gesetz vom 7. Septbr. 1811, Gesetz-Samml. S.268.



    (§.186.)
  5. Früherer größerer Gewerbebetrieb in Rüden
    Für den frühern größeren Handwerksbetrieb sprechen außer den Zünften noch besonders

    1. die §§. 46, 47 ff. des Rüdener Rechts, in welchem das hergewedde für die einzelnen Handwerke bestimmt wird. Es kommen darin vor:

      • die Wagener, (Weghener). Diese fehlen bei Cosmann, Wigand und in unserer Handschrift.
      • Bäcker (beckern)
      • Wollenweber (wullenweuern)
      • Schuster (scomekere)
      • Schmiede (Smyt)
      • Zimmerleute (tymmerman)
      • Schröter (die scredere)
      • Fleischer (vleschewere)
      • Leineweber (lynenweuere)

    Ein Überrest des früheren Gewerbebetriebes sind auch die vielen früheren Haus- und Familiennamen, die alle von Handwerken, die dort früher betrieben wurden, herrühren. Wir nennen Hutmachers (Heutgers), Färbers, Kalkbrenners, Repschlägers, Herrgottsmachers (Bildhauer), Kupferschmiedts, Kammerjägers, Pulvermachers, Buchbinders (der Pfarrer Bausen gab 1734 eine Schrift heraus, die der Buchbinder Herbst in Verlag hatte: Ruthenae apud Herm. Herbst Bibliopegum 1734.8. S. Seibertz, Westfälische Beiträge I. S. 23), Strumpfwebers, Knopfmachers, Drillwebers, Kannegießers, Musikanten.

    (§.187.)
  6. Jetziger Bestand der Gewerbe.

    Außer den gewöhnlichen Handwerkern und den Müllern und Brauern nennen wir noch besonders die Steinhauer, Lohgerber. (In einem 1804 zu Arnsberg erschienenen Büchlein "Einige statistische Bemerkungen über das Herzogtum Westfalen" wird S. 42 ein Rüdener Fabrikant, Herr Carl Jordan Gering, gerühmt, der vorzüglich gutes Leder bereite, welches dem besten Lütticher Leder gleichkomme, wo nicht gar solches übertreffe.)

    Besonders aber verdienen noch die Bäcker aufgezählt zu werden, deren jetzt zwölf steuerpflichtige zu Rüden sind, von denen mehrere nicht unbedeutenden Quantitäten Brot regelmäßig zu den benachbarten Städten Büren und Brilon führen. Schon früher wurde von den Rüdener Bäckern das Brot nach Warstein, Meschede und Arnsberg versendet.





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