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Band 3

DIE EIGENTLICHE INNERE STADTGESCHICHTE

4. Abschnitt - Religiöse und geistige Kulturverhältnisse

Kapitel 1

Religion und kirchliche Anstalten

A. Der Christen

  1. Religionsgeschichtliches


    (§.188.)

    Brandis rühmt mit Recht der Rüdener Eifer, gottgefällige Pietät und eifrige Anhänglichkeit an die uralte römisch-katholische Religion, der auch noch heute die Stadt unwandelbar treu ist. Deshalb blieb sie auch bei den gegen 1543 von den abtrünnigen Erzbischof Hermann von Wied erregten Neuerungen so treu und fest bei der alten Kirche, dass unter dem 17. November 1545 das Domkapitel zu Köln derselben, wegen ihres Verhaltens sein ganz besonderes Wohlgefallen zu erkennen gab. Deshalb machten auch die Truchsessischen Reformationsversuche wenig Glück.

    Nachdem Kurfürst Gebhard Truchsess von Köln durch seinen Übertritt zur Kalvinischen Religion seines Erzbistums verlustig gegangen, suchte er sich im Herzogtum Westfalen ein weltliches Fürstentum zu bilden und zu erhalten. Auf einem denkwürdigen Landtage zu Arnsberg von 1583 (10. März), suchte er eine Trennung der Landesvereinigung von 1463, eine Absonderung vom Domkapitel, den rheinischen Ständen und den Westfälischen Räten zu Stande zu bringen.

    Kleinsorgen, der Geschichtsschreiber jener Truchsessischen Unruhen, erzählt wiederholt, wie Rüden allen Verlockungen des schlauen Reformators, in treuer Anhänglichkeit an die angestammte Religion und altbeschworene Eide, Widerstand leistete und sich dadurch des Verlockers Ungnade in hohem Grade zuzog.

    In der Stadt Rüden wollten Otto von Wollmeringhausen, Göddert Gogrebe und Johann Grote dem Bürgermeister und dem Rat allda einen von dem Grafen von Waldeck in das Erzstift Köln abgeordneten Prädkanten Jost Wüelen (der sich Justus Granius nannte) aufdringen. Als sich der Rat widersetzte, so wurden verschiedene unruhige Bürger, die schon einige Jahre wider den Rat rebellierten, dahin angereizt, dass sie ein Bündnis gegen den Rat anrichteten, auch den Richter zu Rüden bei dem Truchsess anschwärzten, so dass dieser kurz nach seiner Ankunft in Westfalen besonders am 12. Mai 1583 sich nach Rüden verfügte, dem Richter Nicolaus Rham eine schwere Geldbusse abpresste und die Bürgermeister Johann Hartmann und Helmich von Loen durch seine Drohungen zur Flucht ins Ausland zwang. Truchsess setzte den genannten Granius förmlich zum Prädikanten in Rüden ein.

    Am 17. Mai 1583 zog Truchsess wieder mit Kriegsvölkern nach Rüden, nahm die Bürger in Eid, verordnete wider die Bürgermeister die schärfste Inquisition, setzte den Richter ins Gefängnis, entzog ihm sein Amt, vertrieb die Bürgermeister, zog ihre Güter ein und gab dem rat in Religionssachen noch acht andere Bürger aus der Schützengesellschaft bei, mit dem Bescheide, die katholischen Ratsverwandten wegzuschaffen, den Anhängern der Augsburgischen Konfession die beiden großen Kirchen einzuräumen, den Katholiken aber die Hospitalskirche des heil. Pantaleon anzuweisen.

    Das Vergehen der Bürgermeister bestand in dem Verharren bei der Landesvereinigung; das des Richters im Verkündigen des Schreibens vom Kurfürsten Salentin. Truchsess zählte schon Rüden zu seiner Partei, hielt dort lustige Gelage und lenkte seine Angelegenheiten in seiner Art.

    Von hier aus schickte er am 19. Mai seine Gesandten nach Geldern und Zülphen, zweifelsohne um Beistand. Johann Grote aus Geseke betrieb des Truchsess Sache mit Eifer. Er unterhandelte am 19. September mit Rüden wegen einer doppelten Schatzung, nicht ohne Erfolg. Den Prädikanten Granius ordnete Truchsessmit einigen anderen zu seinem Kommissar und Kirchenverweser an für Rüden, Geseke, Brilon und Umgegend, die die Reformation auf alle Weise zu befördern suchten.

    Obgleich an dem merkwürdigen, noch in demselben Jahre verfassten, Landtagsabschied des Truchsess der treue Rat zu Rüden seinen Anteil hatte, so drückt derselbe doch §. 18 schlau genug sich so aus, als wenn derselbe gegen die Neigung der Bürgerschaft gehandelt hätte.

    Aber schon am 26. Januar 1584 beschwerten sich die Rüdener Bürger bei den Truchsessischen Räten, weil der in Truchsess Sinne handelnde neue Rat zu Rüden gewisse Schreiben, die Johann Grote im Namen der Westfälischen Städte an auswärtige, der Augsburger Konfession ergebene, Höfe um brüderlichen Beistand beim Werke der Reformation geschrieben, mit untersiegelt hatten.

    Endlich auf dem am 20. Juni 1584 zu Geseke gehaltenen Landtage bezeugten die Stände des Landes Westfalen dem neuen Kurfürsten Ernst, der mit gewaffneter Hand die Sache des Truchsess verdorben hatte, ihre Ergebenheit. Letzterer zog sich vom Schauplatze zurück. Am 29. Juni 1584 begab sich Ernst nach Rüden und ließ sich huldigen. Die Schuldigen wurden namhaft gemacht, der neue Rat entfernt, die vertriebenen treuen Bürgermeister wieder eingesetzt, der untaugliche Pastor abgesetzt und die katholische Religion wieder eingeführt.

    Dass der Protestantismus im Herzen des Volkes keine Wurzel gefasst, vielmehr nur gewaltsam aufgedrungen war, folgt am klarstem daraus, dass er mit Truchsess fiel und spurlos in Rüden verschwand.

    Die Nachrichten des Kleinsorgen werden durch Brandis bestätigt. Er sagt, dass der Rüdener Standhaftigkeit im Punkte der Religion 1581, 1582, 1583 zu sehen gewesen, dass die Häupter der Stadt ve4rfolgt, dass ihnen 17 schöne Kelche und andere Ornament, (neben der Violation des heil. Kreuzbildes in Altenrüden), angenommen und zur unglückseligen Geldmünze zu Werl verwendet seien usw.

    Die sehr wenigen evangelischen Einwohner, die Rüden in neuester Zeit bekommen hat, halten sich zur Filialgemeinde Belecke. Dieselbe hat immittelst ein eigenes Pfarrsystem erhalten; als Pfarrer dieser evangelischen Gemeinde zu Belecke-Warstein. Diöcese Soest, ist der Pfarramts-Candidat Carl Geck aus Soest ernannt. (Arnsberger Amtsblatt, Stück 13 pro 1847).



  2. Darstellung der kirchlichen Verhältnisse in der Stadt Rüden

    (§.189.)
    1. Pfarrverhältnisse
      1. Entstehung der Pfarrei Rüden
        Die jetzigen Kirchspiele Altenrüden, Rüden, Langenstraße, Belecke, Warstein machten ursprünglich einen großen Pfarrsprengel (Alten-) Rüden aus, dem der Pfarrer von (Alten-) Rüden als Archidiakon vorstand. Dieser Archidiakonatsssprengel erscheint schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts geteilt, indem Effeln, Langenstraße und Warstein schon 1237 urkundlich gewiss eigene Kirchen, wenn auch nur Filialkirchen Siehe unsere Geschichte von Warstein Urkunde S. 180. von (Alten-) Rüden hatten.

        In dem (in dem unten zitierten Buche S. 49) angeführten "liber valoris" kommen ebenfalls schon die genannten Kirchen vor. Beleke bekam 1280 (ebendaselbst Seite 17) Pfarrechte. Also ist höchst wahrscheinlich das Ende des 13. Jahrhunderts der Zeitpunkt, wo der Archidiakonatssprengel von Altenrüden gänzlich zersplittert wurde.

        Die Pfarrei der Stadt Rüden ist aber auf keinen Fall älter, ja kaum so alt, als die genannten, denn jener "liber valoris" kennt nur die Schlosskapelle in Rüden. Die älteste Erwähnung der Rüdener Stadtpfarrei mit ihren zwei Kirchen ist von 1322. Höchst wahrscheinlich fällt die Entstehung der Pfarrei Rüden demnach um das Jahr 1300, wenn auch mutmaßlich die Stadt schon früher ihre Kapellen So wie 1315 in der Georg's-Kapelle eine Urkunde ausgestellt wurde, so 1332 eine in der Michaelis-Kirche, worunter wahrscheinlich nur eine Kapelle zu verstehen ist.

        In der Urkunde von 1322 kommt der plebanus in Rüden cum suis capellanis (oder Sacellanen) vor, d.i. Geistliche einer Kapelle oder eines Sacells. Wenn nun später blos ein Sacellan vorkommt, der an der Nicolaikirche stand, so ist der andere (denn aus einer Urkunde von 1382 wissen wir, daß es gerade zwei Kapellane gab) vielleicht mit der Michaeliskirche weggefallen, denn weder von dieser, noch von dem zweiten Kapellan geschieht später irgend eine Erwähnung

        Der zu präsumirende Geistliche an der Georgen-Kapelle dürfte nicht zur Pfarrgeistlichkeit, als Burgkaplan, zu rechnen sein, also auch nicht in der Urkunde von 1322 gemeint werden.
        und Geistlichen haben mochte.

        Der "her ernst de do kerchere was tho Ruden" im Eingang des Rüdener Stadtrechtes beweist nicht für ein höheres Alter der Pfarrei, da die Entstehung des Rechts ungewiss ist, und er sicher nur Pfarrer im Dorf (Alten-) Rüden gewesen sein kann, wenn er wirklich auch ein Zeitgenosse Erzbischofes Philipp war.

        Bemerkenswert ist, dass die Würde des Archidiakons auf den Pfarrer in der Stadt Rüden überging, wenn auch nur in Bezug auf die städtischen Kirchen. Daraus folgt auch, dass die Stadt Rüden, so bald sie eine eigene Pfarrei ausmachte, durchaus in keinem kirchlichen Verband mehr mit Altenrüden stand. Zum Archidiakonat Altenrüden hat demnach die Pfarrei Rüden, als solche, nie gehört, wenn auch die früher bestandenen Kapellen diesem untergeben gewesen waren.


      2. Umfang der Pfarrei Rüden
        Der Umfang der Pfarrei Rüden und ihre Gerechtsame hat sich von je her nur auf die Ringmauern der Stadt beschränkt. Die einzige Ausnahme machen jetzt nur die um Rüden gelegenen Mühlen. Da selbst der Fahlenhof nach Altenrüthen eingepfarrt ist, obgleich er so weit von diesem Dorf getrennt ist, dass nur durch die Stadt oder dicht an ihren Ringmauern her der Kirchweg dieser Parochianen geht, so ist klar, dass das ganze Gebiet von Rüden, ehe es selbst eine Pfarrei hatte, nach Altenrüden gehörte.


      3. Das Verhältnis der beiden Pfarrkirchen in Rüden.
        Von den beiden jetzt noch vorhandenen Kirchen Rüdens ist die St.Johannis-Kirche Das zeigt die Bauart derselben im Vergleiche mit der St. Nicolaikirche. Urkundlich aber werden beide zugleich 1322 zum erstenmal genannt.

        Außerdem wissen wir, daß letztere Kirche später einen gänzlichen oder doch theilweisen Umbau erfahren hat, so daß für beide Gebäude doch wohl ein ziemlich gleiches Alter anzunehmen ist.
        zweifelsohne die älteste. Gründe dafür sind auch ihre Lage in der Nähe der Burg, von welcher her die Stadt doch wohl ihren anfang nahm; das in ihrer Nähe liegende Pfarrhaus, indem bei der St. Nicolaikirche nur die Häuser der in ihr gestifteten Vicarien liegen; ferner das uralte noch in den letzten jahren gebrauchte Kirchensiegel, welches des. St. Johannes Bapt. darstellt, mit der Umschrift: "SIGIL. ARCHD. PAROCH ECLIARV. IN. RVD"


      4. Es war dies das einzige Kirchen- und Pfarrsiegel; für jede einzelne der beiden Kirchen existierte kein besonderes. Ein neueres für die Johannis-Kirche allein, hat erst 1780 der damalige Sacellan anfertigen lassen und kann deshalb als historisches Monument hier nicht in Betracht kommen. In den älteren Urkunden wird überall (auch schon 1322), wenn beide Kirchen zugleich erwähnt werden, die Johanniskirche zuerst genannt. Die Archidiaconal-Würde besaß der Pfarrer in Rüden schon sehr früh, wahrscheinlich schon seit der Gründung der Pfarrei.

        Was nun das pfarrliche Verhältnis betrifft, so ist folgendes das Wesentliche, was urkundlich festgestellt werden kann.

        • Rüden hatte nur einen Pfarrer, dem zwei Sacellane zur Seite standen.
        • Er heißt in allen älteren Urkunden entweder pastor ecclesiarum in Ruden, oder einfach pastor in Ruden.

        Erst im vorigen Jahrhundert findet sich hin und wieder der Ausdruck pastor ad St. Nicolaum; jedoch in keinem von der Erzbischöflich Kölnischen Behörde ausgestellten Dokumente.

        Das Erzbischöfliche Generalvikariat hielt vielmehr die Einheit der Pfarre gegen jegliche im 18. Jahrhundert eintretende Anmaßung des Namens Pfarrer seitens des Sacellans ad St. Joannem immer fest. Eine Entscheidung aus dem Jahr 1738 sagt, der Erzbischof und Kurfürst sei "notorie unius et solius pastoratus Ruthensis patronus;" eine andere von 1770: "unius et solius parochiae totius oppidi Ruthensis." Von den beiden Sacellanaten hat sich nur von eindem der Name bis zu unserer Zeit erhalten; wann das andere derselben verloren, oder mit welchem beneficio, ob mit der Pfarrei oder einer der Vikarien es inkorporiert worden ist, oder ob beie Sacellanate zu einem vereinigt worden sind, läßt sich nicht mehr ermittlen.

        Der Pastor empfing die Honoration als "pastor aecclesiarum" und wurde stets in den beiden Kirchen installiert, und zwar zuerst in der St. Johannis-Kirche, dann in der St. Nicolai-Kirche. Der Sacellan hatte in früherer Zeit keine an der Johannis-Kirche fixierte Stellung, sondern war zur Disposition des Pfarrers. (Urkunde von 1652) In späterer Zeit nahm der Pfarrer den Gottesdienst vorzugsweise in der Nicolai-Kirche der Sacellan in der Johannis-Kirche wahr. Es bildete ich nun für diesen ein bestimmter Kreis von Rechten und Pflichten, der denen eines eigentlichen Pfarrers sehr nahe kam, ohne jedoch nach jeder Beziehung hin die vollständige pfarrliche Jurisdiction Noch im 16ten Jahrhundert hatte der Pfarrer die unbeschränkte Jurisdiction an beiden Kirchen. Auch die Taufregister des genannten Jahrhunderts geben davon Beweise.

        Aber auch in allerneuester Zeit waren die wenigen, dem Pfarrer von sämmtlichen ihm de jure zustehenden, noch de facto verbliebenen, Gerechtsame nicht so unbedeutend, um ihnen nicht eine, wenn auch durch allmählig eingetretenen usus sehr beschränkte, jurisdictionem parochialem zu erkennen.

        Der parochus Ruthensis hatte in der St. Johanniskirche seinen bestimmten und zwar den ersten Sitz im Chore und seinen besimmten Beichtstuhl; er hielt an den in ihr solenn geangenen Festen den Hauptgottesdienst; er taufte die unehelichen Kinder dieses Districtes; ohne ihn durfte keine Rechnung der Johannis-Kirche abgenommen, kein Kapital angelegt, kein Grndstück verpachtet werden.

        Alles dies stand selbst in der letzten Zeit dem Pfarrer und nicht dem Sacellan allein zu.
        zu erreichen. Die Namen: "Pastor an der Johannis-Kirche, unterste Pastor, Johannis-Kaplan" wurden allmählich im Munde des Volkes promiscue gebraucht.

        In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entspann sich wegen Wechsels und Folge des Gottesdienstes in beiden Kirchen mehrfache leider wenig erbauliche Zerwürfnisse; Kurfürstliche Bestimmungen stellten fest, daß der Hauptgottesdienst am 1. und 3. Sonntage des Monats an der St. Nicolai-Kirche, am 2. und 4. des Monats an der St. Johannis-Kirche gehalten werden sollte. So blieb es, bis die St. Johannis-Kirche als baufällig erklärt und seitdem die ganze Gemeinde auf die ebenfalls im traurigen Zustande befindliche St. Nicolai-Kirche angewiesen ist.

      5. Urkundliche Belege zu dem über die pfarrlichen Verhältnisse Gesagtem
        • 1322
          (Seibertz Urkundenbucg B. II S. 177) - Gertrud Witwe Struck stiftet ein Anniversarium, worin auch einen bestimmten Anteil zugewiesen erhält der plebanus ecclesiarum storum Johannis et nycolai in opido Ruden et sui capellani.


        • 1382
          Die Geschwister Folperti in Rüden machen eine ähnliche Stiftung, worin es heißt, es soll davon gegeben werden: domino plebano pro tempore in Ruden existenti, duobus capellanis pro tempore existentibus. (Ungedr. Urk.)


        • 1544
          Fundationsurkunde der Vikarie St. Trium Regum

          Darin heißt es:

          der senior der Familie praesentabit personam idoneam pastori pro tempore in Ruden. - Extincta genealogia provisores capellae St. Nicolai qualificata personas praesentabunt Don pastori

          Zwar sollen die fundierten Messen der Stelle in der Regel in der St. Nicolai-Kirche gelesen werden, si autem pastor malucrit et celebraturum requisierit, celebrabit (der Vikar nämlich) missam illius diei in inferiori ecclesia St. Joannis ad voluntatem pastoris. - Ferner: Si pastor absens fuerit in negotiis ecclesiarum suarum aut alias canonice impeditus, - pro eo celebrabit. - Es liegt in diesen Stellen ein deutlicher Beweis sowohl der Einheit der Pfarrei, als der Jurisdiktion des Pfarrers über beide Kirchen (Ungedr.)



        • 1501
          präsentiert Engelbert Hermann als patronus laicus einen Beneficiaten dem: honorabli viro domino Joanni Kerkmann, parochialium ecclesiarum in Ruden pastori. (Ungedr.)


        • 1515
          wird eine Stiftung in der Nicolai-Kirche gemacht. Es heißt darin:

          Venerab. et egreg. vir dnus Joannes Hennemann, in decretis licentiatus, pastor pro tempore parochialium ecclesiarum sanctorum Joannis Baptistae, nec non beati Nicolai episcopi, in oppido Ruden Col. Dioec. atque in eisdem suis ecclisiis archidiaconus immediatus. (Ungedr.)



        • 1630
          Die Inschriften an den drei Turmglocken der Kirche ad St. Johannem sind ebenfalls ein wesentlicher Beweis für die Richtigkeit des dargestellten Verhältnisses der Kirchen und des Sacellan zum Pfarrer.

          Die erste lautet:

          S. Maria O.P.N. Virgo dei genitrix, Benedic salvaque Clientes; utpote nil proprius filius ecce negat. Hermanno Wickede pastore, Conrado Röingh Consule 1630

          Der damalige Sacellan hieß Anton Thorlreden. Wenn er Pfarrer war und, wie behauptet ist, vollständige Parochial-Rechte hatte, so war es wohl billig, seinen Namen in das Erz einer Glocke seiner Kirche zu graben.

          Die zweite:

          In honorem beatae Virg. et S. Johann. Bapt. patron sub directione Wern. Joach. Wickede Consulis patriae deputati et totius senatus Rüthen - sis sumptu communi refusa sum. Anno 1704.

          Die dritte

          Anno 1720. In honorem S. Joannis baptistae et S. Joannis Evangelistae - Hermann Hake, J.O. Wilthem Consules, Joannes Bausen Pastor.

          Es folgen dann noch viele, jedoch meist wegen Rost unleserliche, Namen.



        • 1652, 1. Decbr.
          In einer dem Saccellanate zu Rüden gemachten Meßstiftung heißt es, nach dem die Dotation, berstehend in Äckern und Korn, vorher benannt ist:

          petimus ac volumus, ut per temporalem saccellanum Rüthernsem, sive is inferiorem Sti Joannis, siver superiorem ecclesiam Sti Nicolai ex dispositione pastoris administret, ..... sacrum celebretur. (Ungedruckt).

          Das unzweideutige und bündigste Zeugnis der vollständigen Jurisdiktion des Pfarrers über beide Kirchen.



        • 1658
          In der Mitte des 17. Jahrhunderts waren mannigfaltige Streitigkeiten zwischen dem Bürgermeister und Rat zu Rüden und dem pastor ecclesiarum parochialium Hermann Wickede daselbst. Ein gravamen ging dahin, daß der Pastor das Pfarrhaus selbst nicht bewohne. Er entschuldigte sich unter anderem damit, daß das Pfarrhaus zu weit abliege (nimis procul ab ecclesia aedes parochiales dissitas esse, sic ut commode ad easdem frequentare nequeat).

          Der Magistrat aber erwiderte, "daß das Wiedeme Haus gegen der Riedereu Kirchen fast nahe dabei stehen thuet. Solche Kirche seye auch die Hauptkirche, und dafür von des pastoris antecessoribus bis hierzu respiziert und die Wideme bewohnt worden." (ungedr.) Dem Pfarrer wurde vermöge Recessus generalis anbefohlen, das Pfarrhaus zu bewohnen.

          In diesen Verhandlungen liegt der klare Beweis, daß damals der Pfarrer die alleinige pfarrliche Jurisdiktion auch in der St. Johannis-Kirche ausübte, der Pastor Wickede aber, der seine Wohnung nicht im Pfarrhause, sondern mehr in der Mitte der Stadt sich genommen hatte, anfing, der ihm näheren h. Nicolai-Kirche eine besondere sorgfältigere Respizierung zuzuwenden.


        • 1666
          präsentiert der Stadtrat von Rüden als Patron einen Beneficiaten dem: "Hermanno Wickede parochiali ecclesiarum in Ruden pastori nec non Archidiacono." (Ungedr.)


        • 1738, 16. Aug.
          Gegen die Übergriffe des Sacellans gab der Erzbischöfliche Generalvikar Sierstorff folgende Entscheidung:

          Cum nobis relatum sit, D. Sacellanum Ruthensem Thomam van Schenne in manifestum Ser. Archiep. etc. praejudicium, qui notorie unius et solius pastoratus Ruthensis patronus existit, nunc pastoris, nunc rectoris inferioris St. Joannis Bapt. ecclesiae sibi titulum et inane nomen punibiliter arrogare, nos ..... fato sacellano sub poena ..... districte inhibemus, ne deinceps hujusmodi nominibus utatur, sed suo intentus officio pastorem a Serssmo constitutum debite revereatur." (Ungedr.)



        • 1752, 1. Aug.
          Der Pfarrer zu Miste Beda Stoll beurkundet die Vollziehung des Commissorii, den Johann Christoph Bause in

          "veram realem et actualem Pastoratus Ruthensis possessionem" einzuführen, ..... "ad templun Sti Joannis bapt. progrediendo cundem saepefatum Dnum J. Ch. Bausen ..... per extraditionem clavium ecclesiae, attrectationem summi altaris, tabernaculi, baptisterii, ambonis, sedilium confess., aliasque solennitates tam in dicta Sti Joannis Bapt. ecclesia, quam in altera Sti Nicolai Ep. et Conf. repetitas, pulsatis utrobique campanis tam in praedictarum ecclesiarum Ruthensium, quam domus pastorlais et universorum jurium tam spiritualium quam temporalium ad praefatas ecclesias acque ac pastoratum ..... spectantium, veram, actualem, corporalem et realem possessionem induxi, ..... mandans universis et singulis, ut eundem etc. Joh. Chr. Bausen tanquam verum pastorem et rectorem agnoscant et reverentur" (Ungedr.)


      6. Das Patronat oder Präsentationsrecht
        1. Nach vorliegenden Dokumenten des vorigen Jahrhunderts hat über den pastoratus ecclesiarum Ruthensium oder die parochia Ruthensis der Erzbischof und Kurfürst von Köln die libera collatio episcopalis stets ausgeübt. Bei den Ernennungen jedoch protestierte die Stadt Rüden und ihre Protestationen wurden in die Installierungs-Instrumente aufgenommen.

          Dies ist 1840 zum 1. Mal unterblieben, so daß der Diözesan-Bischof gegenwärtig die Collation allein ausübt. Obgleich Präsentationsdokumente seitens der Stadt nicht vorliegen, so ist doch kein zweifel, daß dieselbe zuerst die Collation gehabt und diese erst durch das Devolutionsrecht an den Erzbischof gekommen ist.

          Schon aus einem uns von Brandis überlieferten, wenn auch unvollständigen, Verzeicnisse der Rüdener Pfarrer folgt es mit Sicherheit. So heißt es:

          Donatus Hochleben, resignatione facta ab D. Hermanno Rechelmann ad manus senatus, pastor factus est in Claustrali Augustiano. Hic Ruthenae, praesente magistratu, per etc. etc. Stephan Suffraganeum Col. bireti impositione est inauguratus. Hermannus Wickede huic successit, collatione facta per senatum Auch hatte die Stadt die Collation zum Beneficium St. Vincentii, welches mit der Pfarrstelle unirt wurde. In einem ältern Verzeichniß aller Pfarreien des Herzogthums Westfalen im Pfarr-Archiv zu Meschede steht übrigens ganz ausdrücklich: Pastoratus in Ruthen - Patronus Magistrus Ruthensis



        2. das Sacellanat zu Rüden.
          Zu ihm hatte die Stadt das Präsentatikonsrecht, wie noch vorhandene Dokumente zeigen


      7. Das Pfarrhaus
        Das Pfarrhaus liegt dicht an der Johannis-Kirche. Wenn auch im Laufe der Zeiten vielfach verändert und verbessert, so ist es doch noch immer das ursprüngliche alte Pfarrhaus, dessen in dem oben mitgeteilten Urkundenauszug von 1658 Erwähnung geschieht. Der massivere, ungefähr ein Drittel des Ganzen bildende, Anbau an demselben ist 1731 vom damaligen Pfarrer Joh. Bausen errichtet Er sagt dies auch selbst im Anhange zur Fundationsurkunde der Annenvicarie, wo er seiner Bibliothek erwähnt, welche stände in novo lapideo aedificio sumptibus meis exstructo et domui pastorali adjuncto. worden, wie die Inschrift beweist:

        1731 Hanc domum ad gloriam divinam ego Joannes Bausen Commissarius ecclesiasticus et Pastor in Rüthen exstrui feci



      8. Verzeichnis der Pfarrer in Rüden
        1. "Libuit apponere nomina quorundam Pastorum Rüdensium", sagt Brandis am Ende seines Werkes in Manuscr. und bemerkt sodann: D. Pastoris Alberti de Wippervorde memoria celebratu in Ecc. St. Joh. mense Decembri. Sub Hermanno de Dorsten, ao 1425 exstructum est templum S. Nicolai. Nunc insecutus est Hermann Nolten inquies (er stiftete 1545 die Vikar. III Regum). Anthonius Brischen. Henricus Greve, qui resignavit Mathiae Schnider. Matthias Sartorius (Schneider). - Joannes Sutorius Arenspergensis. - Joannes Kerrkmann. - Christophor. Halberschmidt, ambidexter. Hermannus Rechelmann (wir haben ihn 1602 angetroffen). Donatus Hochleben und Hermannus Wickede (siehe obenh S.356.). So weit Brandis.

          Hermann Wickede aber war von 1631 bis 1687 Pastor; er starb als Jubilarpfarrer, 85 Jahre alt.


      9. Sacellane in Rüden.
        Wir haben folgende gefunden:

        • 1663. Anton Torbreden, "zeitiger Sacellan und parochus ad St. Joannem in Rüden"
        • 1685. Philippus Scriba ad S. Joannem curatus
        • Bessen In einer Urkunde von 1685: Joannes Bessen ad SS. tres Reges Vicarius.
        • 1737. Thomas v. Schene
        • 1749 Franz Wilhelm Hake, "rector parochialis eccl. as S. Joh. in Rüden"
        • Zacharias Köhler, zugleich Exam. Synod.
        • Franz Röingh
        • Franz Schlinkert
        • Franz Anton Poeling
        • Joseph Poeling
        • Pfarrer Schulte, Administrator von 1825 bis 1840, von da: Pfarrer Drobe

        Die Inschrift vor dem St. Johannis-Pfarrhause heißt:

        Pro honore Dei, Sanctique Joannis hujus inferioris parochiae patroni Sumptu Rüthensi reposita

        worin die Jahrzahl der Erbauung 1741 angedeutet ist; denn das vorherige war im großen Brande von 1739 eingeäschert.

      10. Die gottesdienstlichen Handlungen
        Bis zum Jahre 1800 wurde an allen Sonn- und Festtagen gegen 6 oder 7 Uhr die sogenannte Frühmesse in beiden Kirchen von den Vikarien SS. III. Regum, das Hochamt mit Predigt, so wie der Nachmittagsgottesdienst in beiden Kirchen zu gleicher Zeit von den beiden Pfarrern besorgt. Am eifrigsten besuchten die Einwohner aber die Klosterkirche, wo viele stille Messen, Hochamt und predigt, Nachmittagsandacht wieder mit Predigt statt fand, bis 1800 von Erzbischof Max Franz eine eigene Kirchenordnung erschien, bei der es verblieb.

        Die zwei großen Stadtsprozessionen werden aus der Nikolaikirche gehalten, nämlich am h. Fronleichnamstage und dem Sonntage nachher. Die Pfarreien Altenrüden und Miste nehmen, nach früherer Beendigung ihres Gottesdienstes, an denselben Anteil. Bis 1814 wurde das uralte Altenrüdener h. Kreuz mitgetragen. Ehrensemmel und Opfer wurden in der Kirche durch den Stadtsdiener gereicht. Ehedem wurden bis 1840 am St. Marcustage viele Prozessionen nach Altenrüden geführt. Der Zug kam von Miste nach Rüden, wo sich die dortigen Parochianen anschlossen.


      11. Die Provisoren der Kirchen
        erwähnen wir nur, um eine hierher gehörige Urkunde mizuteilen, welche auch sonst für unsere Geschichte von Interesse ist:

        Wy Johann Kukelhem und hinrich Wangenhowers borgher to Ruden tyt templer und vormünder der Kerken sunte Johannes dar zelues bekennen openbar in dussen breue vor uns und vor unse nakomelinge an deme vorgl. ampte dat wy van der vorgl. Kerken weghen zollen alle jar to pacht geuen ses pennige alzodanes geldes als to Sost ginge und geve is up sunte peters dach als he up den stol wart ghebracht als van deme gute wy ghekoft hebben weder henr. Helengarde und syne eruen dat in deme velde to der Kallenhard gheleghen is to ghebuwe und to gheluchte der vorgl. Kerken der ersamen Juncrowen des ghestichtes sunte Cyriacus to ghess. Sunder yenerleye vortoch und wedersprake des to eynen betuchnisse so hebbe wy ghebeden den henr. can deme Rodenberghe Knapen und Corde Waldradnich richtere to dufser tyt to Ruden dat se ere Insegel to Kunschap hebben an dufsen breff gehangen des wy hinr. und Cord vorgl. enkennet dat war is dar ouer und an weren Gobele van Ulde hinr. de Keteler herman smalenberg demele Kudden Gobele buke dethard van nettelstede Herman Ludinchers Cord Smedele Johan Goschalkinck Johan Kallenhard und Cord van Ulde to dufser tyt ratlude tzo Ruden. Dat. anno dm. MCCCLXXXII fer. sext. post octav. pasch. (Unged. Urk. im Archive des Stifts Geseke.)



      12. Die Küster
        Für jede der beiden Kirchen ist auch ein besonderer Küster angestellt. Die Küsterei-Wohnung St. Nikolai lag östlich dicht an der Sakristei der Kirche und wurde 1815 wegen Baufölligkeit versteigert; deshalb wird dem Küster bis jetzt jährlich eine Mietsentschädigung aus der Stadtkasse gewährt.

        Die Küsterwohnung der St. Johannis-Kirche lag an der Südseite dieser Kirche, und ist im siebenjährigen Kriege wegen der angelegten und bis 1816 vorhandenen Festungs-Schanzen mit mehreren anderen Bürgerhäusern abgebrochen und nicht wieder aufgebauet. Auch diesem Küster wird gleichfalls bis jetzt ine Mietsentschädigung aus der Stadtkasse gegeben.

        Die Stadtkämmerei-Kasse hat, gleichwie bei dfen beiden Pfarrer-Wohnungen, so auch für den Neubau und die Reparatur der beiden Küsterhäuser und der Schul-Rektors-Wohnung immer die Kosten bestritten

      (§.190.)
    2. Gottesdienstliche Gebäude
      1. Die Kapelle des h. Georg,
        auf der Burg zu Rüden war offenbar zum Gebrauche der dortigen Burgmannschaft bestimmt. Deshalb ist auch St. Georg, der Spiegel aller Ritterlichkeit und Ritterschaft, ihr Patron.

        Nach Kleinsorgen (Kirchengeschichte 2. Bd. S. 157) ist von Erzbischof Conrad (1237-1261), welcher 1248 den neuen Dom zu Köln erbauen angefangen, ebenfalls die Kapelle des Schlosses Rütenberg oder Rüdenb gestiftet. Brandis und von Steinen sagen, dieselbe wäre 1248 gebaut, welches Jahr aber aus ihrem Gewährsmann, Kleinsorgen, keineswegs hervorgeht.

        In einer ungedruckten schon angezogenen, Urkunde von 1315 heißt es: Actum in Capella dicti castri Ruden. Unter dem 30. April 1438 hat (nach Brandis) der Erzbischof Dietrich von Mörse demjenigen, so diese Kapelle fleißig besuchen und Almosen dazu geben, einen 40-tägigen Ablaß verliehen. Mit der Burg ist diese Kapelle In dem liber valoris aus dem 13ten Jahrhundert, der die Kirchen Rüdens noch nicht kennt, ist die capella in castro Ruden auf fünf Mark angeschlagen. spurlos verschwunden.


      2. Die St. Johannis-Kirche
        Die älteste Erwähnung derselben ist in einer Urkunde von 1322 (bei Seibertz Urkunden Bd. II S. 177), worin sie, als mit der Nikolai-Kirche unter einem Pfarrer und seinen Kapellanen stehend, vorkommt. Die Kirche ist seit 1833 wegen Baufälligkeit geschlossen.

        Dieselbe hatte sehr schöne Altäre; besonders konnte der Hochaltar als Muster des guten Geschmacks angesehen werden. Zur Wiederherstellung oder zum Neubau der St. Joannis-Kirche hat der 1842 verstorbene Pfarrer Ferdinand Burghartz von Häinkhausen seinen in ungefähr 6000 Thlr. bestehenden Nachlaß bestimmt, und verordnet, daß die Zinsen beim Mangel anderer fehlenden Mittel so lange zum Kapital geschlagen werden sollen, bis die erforderlichen Baukosten vorhanden sind. Die Veranlassung zu diesem Vermächtnis lag darin, daß er selbst in der zu dieser Kirche gehörigen Sprengel geboren und erzogen war, und seine Eltern und Vorfahren darin ihre Wohnung gehabt hatten.
        Seit 1825 ist dem Pfarrer zu Rüden die Administration dieser Stelle übertragen worden. Der Turm der Johannis-Kirche ist 1737 neu von fein gehauenen Sandsteinen erbaut. Auf demselben befindet sich ein gutes Geläute von drei Glocken.


      3. Die St. Nikolai-Kirche
        Brandis gibt die, auch von v. Steinen aufgenommene Nachricht, daß diese Kirche 1425 in honorem Dei et. St. Nicolai erbaut sei, daß der damalige Pastor Hermannus de Dorsten den Bau habe hindern wollen, auch mandatum demolitionis bei den Officialen in Soest erhalten und der Bau zu etlichen Schuhen sei abgeworfen, daß jedoch die eifrigen Vorfahren es zuletzt dahin gebracht, daß der Pastor es hat verstatten müssen.

        Der Baumeister sei gewesen Godefridus Möller Gesecanus. Aus Eifersucht (aemulanter) sei diese neue erbaute Nikolai-Kirche die Spietkapelle genannt worden. Da aber schon in der oben erwähnten urkunde von 1322 die Nikolai-Kirche nbeben der Johannis-Kirche genannt wird, da Brandis selbst erzählt, der Rat habe 1389 Wenn in unserer Abschrift die Schreibung richtig ist! das Altare Sti Georgii in St. Nicolai gegründet, so will er offenbar nur von einem Neubau einer älteren Nikolai-Kirche reden.

        Daß die Kirche in früheren Zeiten durch Brand gelitten, sah man an dem alten Brandschutte und den Kohlen, als im Jahre 1833 das mangelhaft gewordene steineren Gewölbe abgebrochen und dafür eine Bretterdecke gelegt wurde.

        Die Sakristei der Kirche ist 1700 neu gebaut, nachdem die frühere durch unvorsichtiges Hinstellen des Weihrauchfasses abgebrannt war, bei welchem Unglück alle Kirchenornate, so wie die Kirchenarchive von Rüden und Altenrüden ein Raub der Flammen wurden. Nach Brandis geschah dies 1581.

        Der Hochaltar ist 1805 neu errichtet, die vier Seitenaltäre und die Kanzel sind aus früherer Zeit. Der Turm der Kirche ist groß und schön und zeichnet sich besonders durch sein harmonisches Glockengeläute aus.

        Bis 1827 hatte die Stadt zwei, an den beiden Kirchen liegende, Begräbnisplätze. Damals wurde ein einziger auf dem ehemaligen Burgplatze angelegt, nicht ohne Widerspruch eines Teils der Bürger, die ihn vor dem Hagentore zu haben wünschten, auf dem sogenannten Tönnisplatze, der beiden Pfarreien gleich nahe gelegen sei. Der jetzige auf dem Burgplatz ist am Sonntag den 23. Juli 1826 von dem damaligen Pfarrer Schulte unter Assistenz der Vikarien Schlüter und Böckler feierlich eingeweiht worden.


      4. Die St. Michaelis-Kirche
        1332 stellt Erzbischof Walram eine Urkunde aus:

        "in de kerken sente Michaelis in der stat to Ruden"

        (Vgl. Seibertz Urkunden B. II S. 246). Es gibt sonst gar keine Spur oder Nachricht von dieser Kirche. St. Michael ist, wie St. Georg, der Repräsentant der Ritterschaft, wie St. Johann und St. Nicolaus der der Bürgerschaft. Vielleicht ist für Michaelis zu lesen Nicolai. Ist aber die Lesart sicher, so wird man wohl irgend eine Kapelle annehmen müssen, die früher den Namen des h. Erzengels gehabt.

        So wird zuweilen erwähnt ein armarium sivu sacellum ecclesiae Nicolai ad septentrionem coutguum, worin 1709 vom Weihbischof Werner de Veyder, außer zwei Altären in der Nicolaikirche, noch ein Altar geweiht wurde.

        Es ist dies Sacell wohl identisch mit der an der Nordseite der Nicolaikirche bestandenen Kapelle Stae Agathae. Sie wurde von der Familie Bergh unterhalten, der sie zum Begräbnißort diente bis 1800. Sie ist um 1820 wegen Baufälligkeit abgebrochen.


      5. St. Pantaleonis-Kirche,
        auch Hospitalskapelle genannt, gehörte zu dem östlich davon liegenden Armenhospital. Brandis sagt, daß 1421 Hermannus Zirenbergh, Bürger zu Rüden, das Altar St. Pantaleonis in dem Hospital gestiftet, die Collation für sich und seine Familie und nach deren Abgange für den Magistrat behaltend. Zwei Bürger Lipmann und Cort Schnideler hätten Vieles dem Hospital gegeben, namentlich letzterer einige Länderein auf dem Hüdinge, wofür die Armen zu ihrer Unterhaltung sollten Mütte (der Zeit ein genus potus) kaufen. - Alle 14 Tage auf Freitag und am Pantaleonstage hielt der Geistliche von St. Johann Gottesdiernst in dieser Kapelle. Bis zu der 1808 erfolgten Aufhebunbg des Kapuzinerklosters mußte ein Geistlicher aus demselben Nachmittags vor jedem Sonn- und Feiertager der Schuljugend christlichen Unterricht in dieser Kapelle geben. Dies Gotteshaus ist 1818 abgebrochen, der Grund als Hausplatz verkauft und 1819 auf demselben das Josselische Haus gebaut.


      6. Die Kapelle S. Mariae de Lapide (auch "in lapide" oder "ad Lapidem" genannt)
        Diese Kapelle war nach Brandis ursprünglich eine Vorhalle (vestibulum) der St. Johannis-Kirche, wobei man früher große Opferhände gesehen und woselbst eine große gelobte Andacht zur h. Maria in Lapide sei gehalten worden. Es sei 1550 (Mittwoch nach Lucia) das zu diesem Altare gehörige beneficium St. Nicolai in der Johannis-Kirche von dem prokonsul Bernhard Kramer, alias Hartmann, und den anderen Magistratspersonen dem Clerikus Joannes Flies verliehen worden.

        Als dies Altar und Kapellchen bafällig geworden sei, haben es die Eheleute Wilhelm Steinfurth Dr. jur. und Anna Höffen wieder herstellen lassen. - Wir fügen hinzu, daß der Richter Wilh. Steinfurth, Besitzer von Nettelstedt, gemäß der Gründungsurkunde vom 1. Dezember 1652 die Kapelle zu einem Familienbegräbnißort Die Familie benutzte sie auch zu ihren Copulationen. Die Ehefrau des Stifters Anna Höffen war eine Wittwe des Joh. Höner, und seine Nachkommenschaft bestand blos in den Höne'schen Stiefkindern, deren Familien noch heute in Rüden blühen (z.B. Herold, Böckler). bestimmte und zugleich darin ein Beneficium Marianum In der Stiftungsurkunde heißt es: "Quandoquidem in hac civitate Rüthensi quoddam Sacellum Inferiori Ecclesiae Sancti Joannis Baptistae contiguum destituum fuerit: Nihilominus tamen in eodem quaedam singularia divini cultus indicia, videlicet fundamentum altaris nondum violati, statua divae Mariae Virg., lapidi(?) directe ostio templi supereminenti (die Stelle ist kaum zu lesen, jedoch sehen wir, daß die Kapelle von einem steinernen Marienbilde den Namen hatte) insistens eidemque vincula ferrea, non sine singulari praesagio pietatis annexa remanserint"

        ... so stiften die genannten Eheleute das Beneficium. Es soll eine Samstagsmesse zur Ehre der h. Maria gelesen und am 21. November als am Mariä-Opferungsfest ein feierliches Hochamt gehalten werden.

        Unter den dotirten Einkünften sind die von des Stifters Erbhofe in Nettelnstede "Buscheshof," dann von dem Holthauser Buschhof in Miste, der dem Stifter verpfändet war, nach dessen Einlösung aber die von des Stifters Voßes Hof in Effeln usw. usw.

        Dann folgt die oben (unter Darstellung der Pfarrverhältnisse S.356, 1652 1. Decbr.) mitgetheilte Stelle über den Sacellan. Für den Stifter und seine Familie sollen Anniversarien gehalten werden; die Kapelle soll Familienbegräbniß sein usw.

        Eine zusätzliche Urkunde vom 21. Nov. 1657 sagt, daß das Kloster Holthausen den Mister Hof eingelöst habe; der Stifter setzt deshalb andere Einkünfte fest.

        Ein neuer Zusatz vom 16. Mai 1668 besagt, daß in honorem Beat. Virg. Mariae S. Joannis Bapt. et S. Matthiae apostoli de novo strui fecerint. Diesem werden die Einkünfte aus dem Buscheshofe zugewendet und die Rüdener Kapelle bekommt andere.

        Endlich nach einer zusätzlichen Urkunde vom Decbr. 1685 vermacht Wilh. Steinhof (die Frau war †) Einkünfte aus der villa in Effell, quondam Tonnieß nunc Lückenhoff condicta, weil die Kapelle wegen des vom Kirchenthurme fallenden Regens und Schnees baufällig geworden.

        Zuletzt folgt noch eine Bestätigung des Stifters vom 24. Octbr. 1688 vor dem Richter Caspar Berg.
        gründete, welches mit St. Johannis Pfarrstelle verbunden sein sollte.

        Als im Jahre 1737 wegen Neubaues des schönen Johannisturmes die beschädigte Kapelle abgebrochen werden mußte, haben die Descendenten der Stifter Namentlich die 1764 in französischen Diensten als Generäle gestorbenen Caspar von Stellingwerff und sein Bruder Melchior von Stellingwerff, Söhne des Kämmerer Heinrich Stellingwerff und der Eva Maria Hönen, einer Enkelin der Stifterin und der damalige Richter Bergh eine neue geschmackvolle Kapelle an der Westseite des Turmes wieder bauen lassen.


      7. Die Kapelle St. Agathae an der Nicolai-Kirche


      8. Heiligenhäuschen
        An den vier Toren der Stadt befanden sich, von ausgestorbenen adeligen Familien errichtete, steinerne, sogenannte Heiligenhäuschen, an denen dei den festlichen Prozessionen die Predigten und Stationen mit Segen gehalten werden. Auch sind fünf solcher Heiligenhäuschen auf dem Wege vom Hagentor nach Altenrüden anzutreffen.

      (§.191.)
    3. Die Beneficien an den Rüdener Kirchen

      1. In der St. Johannis-Kirche
        1. Nach Brandis haben Hunold Greve und andere Gottliebende Personen das Beneficium St. Annae in der Johannis-Kirche fundiert. Weitere Nachrichten, als diese Notiz, liegen nicht vor. Es ist wohl eingegangen.


        2. Die Vicaria ad St. Georgium, neu gestiftet am 5. Mai 1687 von Hermann Wickede, dem Jubilarpfarrer und dessen Bruderssohn Werner Joachim Wickede, Bürgermeister in Rüden. Sie ist eine Familienstiftung für die noch jetzt in Rüden zahlreiche Blutsverwandtschaft des Stifters. Das Beneficium war älter; da aber keine Renten mehr vorhanden waren, haben die neuen Fundatoren, wie sie sagen, den Altar St. Georgii mit einem neuen Beneficium versehen wollen. Diese Vikarien haben besessen: Joh. Wrede, auch Pastor in alme, Fr. Schwichardi in Rüden, Theodor Herbst, zugleich Pfarrer in Mellrich.


        3. Die Vicaria Jesus Mariae et Josephi. Diese ist 1720 gestiftet von dem, aus Rüden gebürtigen Stiftsdechant in Meschede, Jordan Röingh und seinem Bruder, dem Canonicus Röingh daselbst, als eine Familien-Stiftung.

      2. In der St. Nicolai-Kirche.

        1. Nach Brandis hat der Rat 1389 das altare St. Georgii in St. Nicolai fundiert. Andere Nachrichten liegen uns nicht vor.


        2. Die Vicaria St. Elisabethae Brandis sagt, daß die Gebrüder Johann und Rotgerus Revelungh, nebst ihrem alten Vater Johann Revelungh anno 1422 das Altare St. Mariae virginis et Elisabethae gegründet haben. Die Stiftungsurkunde vom 9. November 1422 ist noch vorhanden. Seit dem Aussterben der Familie Revelung hat der Magistrat das Präsentationsrecht, infra mensis spatium nach eingetretener Bacatur; nach Ablauf eines Monats devolviert es in jedem einzelnen Falle an den Pfarrer. Es liegen uns in originali zwei Pergament- und eine Papierurkunde, alle sehr unleserlich und verletzt, vor, die sich zweifelsohne auf die zu dieser Vikarie gehörenden Grundstücke beziehen. Da dieselben für manche Punkte unserer Geschichte von Wichtigkeit sind, so geben wir hier Auszüge aus denselben,

          • 1372. Der Bürger Demelo Wegener verkauft dem Johann Revelung eine Jahresrente aus dem Hause, das er von Johann Revelung gekauft hatte.

            Pro tempore nos er (po de meste procon) sul hermannus Volperti Goscalcus de Ulde Johannes de molendino Johannes ernesti, detmarus cudde (conradus van) der lyd detmarus hetdinghus Johannes hoghemod, w(er)nherus marquadi et henricus Gudenhenken (consules in) Ruden ..... manifestum facimus ..... quod constituti coram nobis Demclo Weghenere leneka coniuges nostri coopidani Dem (elo Johannes et) hermannus filii et Teleka filia ipsorum de consensu ..... heredum ..... vendiderunt pro tribus marcis ..... Johanni neuelunc nostro conconsuli et suis ..... heredibus ..... annuos redditus trium solidorum ruden Usualium perpetuos de domo et area ipsorum sitis in opido Ruden ac per ipsos conjuges ab ipso Johanne nevelunv emptis et singulis annis in festo sancti michaelis ..... persolvendos. In cuius euidentiam etc. anno dmni m-ccc-lxx- secundo in die Sti swyperti episcopi. Siegel fehlt In der gedruckten Urkunde von 1372 bei Seibertz Bd. I. S.606 kommen ganz andere Rüdener Consuln vor. Es muß also wohl zwischen dem Suibertustage und dem 12. December der Magistratswechsel statt gefunden haben. Dagegen sind in unserer folgenden Urkunde dieselben Consuln, wie bei Seibertz.

            Von den Worten auf der Rückseite des Pergamentstreifens sind kaum einige zu entziffern. Aber wegen der auch im Äußeren ganz gleichen folgenden Urkunde, auf deren dorso neben einer alten Schrift mit neuerer Hand geschrieben steht "auff 3 Sz. geldesz zum Beneficium St. Elisabethae gehörigh", dürfen wir nicht zweifeln, daß Joh. Revelung die Rente zum Zweck der beabsichtigten Stiftung angekauft habe.


          • 1373. Johann genannt der große Johann verkauft dem Johann Revelung eine Jahresrente.

            Nos Johannes dictus groteiohan et chertrudis coniuges opidani in Ruden ..... protestamur quod de consensu ..... alberti Johannis filiorum nostrorum ghertrudis et elizabeth filiarum nostzrarum ceterorumquo heredum ..... pro tribus marcis pecunie suss. usali ..... vendidimus annuos redditus trium solidorm perpetuos discreto viro Johanni dicto Neuelung suisque ..... heredibus eisdem de domo nostra civitate ac area totali sitis in opido Ruden ..... persoluendos. In cuius testimonium ..... praesen scriptum sigillo discretorum viorum opidanorum in R. petivimus confirmari. Et nos, pro tempore. Fred(ericus) Volquini proconsul heynemannus Waldradingh Johannes Ketteler, Gotfridus Ysvoghel, Johannes ecbertes hermannus smalenborch. Conradus porbonnigh. Joh. Kalehard. hermannus Ludingher Gobelinus de Ulde. conradus (erponis oder Goswins?) et henricus droste consules Dieselben Consuln in der Urkunde vom 12. December 1372 bei Seibertz Bd. II. S.606. Also zwischen diesem Tage und Lätare 1373 kein Magistratswechsel. in Ruden protestamur etc. anno dmni m-ccc-lxx- tertio. In (vililia?) dominicae laetare Jherusalem. (Siegel fehlt.)



          • 1525. Der Vikar Helmann Revelung verpachtet als Inhaber der Vikarie eine Wiese an Klas Gockel und Hermann Thiek.

            Ich helmannus Neuelinch presbyter (oder prester) undt vicarius unser leven frowen altare tho Ruden in sunte Nicolaus kerken under dem groten orgele bekenne ..... dat Ich hebbe in ghewyn daen dey wese under aldenruden na alden herkommen als henrich (?) gokele deme goed gnade ..... den Erbern und fromen mans Klaes gokele und hermann thiek unde eren husfrowen dat se de selfften wese sult bruken meyggen na eren nutte twelff jar lanck ..... und sult darvan geven alle jar ..... seesten haluen gulden marcen und vyff hundert und vyff und twyntich de lude ..... synt gewest hermann gokele Joachim vysscher (Keysteyn) becker undt mer lude genoch.

            Es folgt noch ein Zusatz. Die Urkunde, auf einem Papierstreifen, ist unten schief abgeschnitten, ohne Siegel, schlecht und unleserlich geschrieben. - Nach diesem Revelung habe ich als Inhaber dieses Beneficiums gefunden: Mart. Christ. Brandis "vic. St. Elis. et curatus in Ruden" († 1697);Jodocus Röingh, der das jetzige Vikarienhaus und den Vikarien-Altar errichtet hat; Canisius später Pfarrer in Alme; Hermann Joseph von der Beck, nach dessen Tode (1811) eine längere Vacatur eintrat. Dann Peter Hund bis 1835 (Pfarrer in Wormbach); Peter Gremmer († 1842); Joseph Ferd. Böckler.

        3. Vicaria SS. Trium Regum Im Jahre 1454 den 25. Februar haben die Gebrüder Gerhardus de Callen Bürgermeister und Hermannus Nolten, Pastor, das Beneficium B. Mariae virginis et SS. trium Regum für zwei Personen in dieser Kirche fundiert. Die uns vorliegende weitläufige Stiftungsurkunde ist dadurch interessant, daß alle Kaufbriefe über die zur Stiftung überwiesenen Ländereien (ähnlich den bei der vorigen Vikarie mitgeteilten) darin aufgenommen sind. Das Patronat sollte nach Aussterben des vierten Grades der Familie des Stifters auf die Provisoren der Nicolaikirche (jetzt Kirchenvorstand) übergehen.

          Die Protestation der Familien aber, weil mehrere Familien-, Lehn- und Fideikommiss-Güter zur Stiftung gehörten, veranlasste über das Patronat einen langwierigen Prozess zwischen der Familie Sie lebt noch heute fort unter den Namen Hagemanns in Büern, Schellewald und Stockhausen. und dem Magistrat, der dahin verglichen wurde, daß das Patronat gemeinschaftlich ausgeübt werden sollte. Zugleich protestierte die Familie gegen den Plan des Kurfürsten Max Franz, die beiden Vikarien mit der Rektorat- und Konrektor-Schulstelle zu vereinigen; übrigens bestimmt schon die Unions-Urkunde, daß diese Stellen nicht definitiv, sondern administrativ und von solchen Personen verwaltet werden, welche den Unterricht in den Schulen besorgen können.

          Die Vicarien Hermann Nolten hatte selbst zuerst 14 Jahre das altare. Eine der Portionen hatte Jodocus Tilmann, der 1668 Canonicus in Gesecke war. Sein Nachfolger war Joannes Bessen. der ersten Portion waren:

          • Johann Wilh. Wickede von 1704 bis 1742 (Erbauer des Hauses)
          • Caspar Theodor Hentzemann 1742 bis 1773
          • Adam Canisius aus Altenrüden, 1774 bis 1776
          • Melchior Ludolf Herold 1776 bis 1780
          • Franz Anton Herbst 1781 bis 1812
          • Caspar Stirnberg 1815 bis 1819, zugleich Konrektor
          • Franz Schlüter 1819 bis 1820, zugleich Konrektor
          • Carl Lud. Böckler 1820 bis 1827, zugleich Konrektor

          Die Vikarien der zweiten Portion waren:

          • Anton Hagemann, zugleich Kaplan in Büern
          • Franz Kösters, zugleich rektor und Lehrer an dem 1806 errichteten Gymnasium
          • Herm. Anton Teppe, zugleich Rektor, 1809 bis 1815, später Pastor in Warstein
          • Ludwig Habbel, zugleich Rektor, 1815 bis 1820, jetzt Pastor in Attendorn
          • Franz Schlüter, auch Rektor (1823)
          • Peter Hund, auch Rektor (1832), jetzt Pastor in Wormbach
          • Heinrich Diricks (1836,1840), Rektor
          • Heinrich Aufenanger, 1840, auch rektor
          • Friedrich Rüther zugleich Rektor

        4. Die Vicaria St. Annae Nach Brandis hat 1512 am 6. Oktober Johann Böge mit einigen Andern das Altare St. Annae zu Lob und Ehre Gottes, der h. Jungfrau Maria, ihrer Mutter Anna und aller Heiligen gestiftet. Da das Benefizium viel an Renten verloren hatte, ist es 1749 von Wilhelm von May und von dem Pastor Johann Bausen neu gegründet worden. das Präsentationsrecht soll der

          senior familiae Bausen adhibito consilio pastoris in Ruthen

          ausüben.


        5. Die Vicaria St. Vincentii Nach Brandis haben 1428, 12. April die Revelunge welche das benef. Elisab. stifteten, auch das Altaqre Sti Vincentii, mit ihrem Anverwandten Gotfdried de Lith Can. S. Sever. colon., gegründet, worüber nach Aussterben der Familie der Magistrat die Collation haben sollte. 1655 ist das Benefizium erneuert, hernach aber mit der Pfarrei verbunden.


        6. Die Commenda St. Agathae
          Diese Commende war in der Kapelle St. Agathae an der Nicolai-Kirche gegründet, deren Officia immer der Pfarrer wahrnahm.

      (§.192.)
    4. Klöster
      1. St. Margarethe Kloster, Augustiner-Ordens
        Das "Güsterkloster" St. Margarethae virginis ist nach Brandis, 1480 durch einen frommen Priester Johann Stölker aus Rüden, vicar. ad St. Martinum in Geseke (sub Friderico III. Imperatore, Sixto IV. Pontifice, Ruperto Duce Bavariae Principe Coloniensi gestiftet und den Schwestern des Augustiner-Ordens unter dem besonderen Schutze des Magistrates übergeben worden, worauf es Erzbischof zu Köln Hermann von Hessen bestätigt hat.

        Das Kloster stand unter dem Augustiner-Kloster Bödicke, dessen Prälaten die Visitation im Kloster zustand und einen Consessionar von Bödicke für die Nonnen anordnete. In einer Urkunde von 1657 finde ich als Zeugnis: Absolon Pate Praeses conventus Virginis Stae Margaethae in Rhuden

        Da das erste Klostergebäudegegen 1720 sehr baufällig wurde, ermunterte Kurfürst Clemens August, der damals in Rüden war, die Nonnen zum Neubau, unter Zusicherung seiner besonderen Unterstützung. Wegen seines Todes aber und der Drangsale des siebenjährigen krieges blieb der begonnene Neubau ganz liegen, da die Fonds erschöpft wurden. Zur Deckung der entstandenen Schulden mußten die Nonnen ihr ganzes Klostervermögen abtreten und sich mit dem Personale des Nonnenklosters in Dorsten vereinigen. Das Jahr ist uns unbekannt. In einer 1783 gedruckten Beschreibung des Erzstifts Köln steht übrigens noch: Rüden, ib domus sororum, auch haben noch jetzt lebende Personen das Kloster gekannt. Die Grundstücke verkaufte der Magistrat parzellenweise, das ganze Gebäude erstand die Witwe Ludwig, deren Nachkommen noch darin wohnen.

        Das Kloster war für Rüden dadurch von Wichtigkeit daß es den Schulunterricht für die weibliche Schuljugend erteilte und zugleich eine Mädchenpensions-Anstalt bildete. In den letzten jahren seines Bestehens bestand das Personal nur noch aus vier Nonnen und zwei Laienschwestern. Auch der Klosterbeichtvater fehlte und der Vicar. St. Elisabethae mußte den Gottesdienst besorgen.

        In früheren Zeiten aber erfreute sich das Kloster einer großen Blüte. Die ungedruckten Annalen der Abtei Grafschaft melden, daß als nach dem 30jährigen Kriege die projective Vereinigung des verfallenen Klosters Odacker mit dem Convente in Rüden nicht zu stande kam, einige Nonnen zur Wiederherstellung desd klösterlichen Lebens nach Odacker geschickt wurden.

        Nach einer Stelle bei v. Steinen, wurde das in Unna gestiftete Nonnenkloster aus dem Margarethenkloster in Rüden bevölkert. Das vor dem 30jährigen Kriege in Niederbergheim vorhanden gerwesene Schwesterhaus, nachdem die Mittel zu seiner Herstellung nicht hinreichten, wurde mit allen Einkünften dem Kloster in Rüden corporirt. Ueber die letztern Umstände gibt das Mülheimer Ordensarchiv in ungedruckten Urkunden (Nr. 165 und 172) einige nähere Auskunft. Im Jahre 1582 ersuchte der Landkomthur den Erzbischof Gerhard, dem Haus Mülheim die leer stehende und immer mer verfallende Klause zu Niederbergheim zu übertragen. Dies geschah unter dem Vorbehalte der Zurücknahme, falls das Haus Mülheim die Klause anders als zum Behufe armer Leute zu gebrauchen anfange.

        Die Klosterfrauen zu Odacker baten zwar unterm 6. Februar 1590 fen Kurfürsten Ernst um Vereinigung der gedachten Klause oder des Hospitals zu Rüden nebst deren Renten mit ihrem Kloster zu dessen besseren Substitenz, aber ohne Erfolg.


        Über das zu diesem Kloster gehörige Gotteshaus haben wir die Notiz, daß 1647 am 7. Mai in Sacello Monialium Ordinis St. Augustini in Civitate Rüdensi von Bern. Frick Vic. gen. (siehe dessen gedrucktes Diarium. Paderb. 1661) zwei Altäre geweiht wurden:

        1. ad honorem Sanctiss. Virg. Mariae et St. Augustini, meinolphi, Margaretae et M Annae et Elisab. Vid. mit Reliquien vom h. Augustin und der h. Margaretha
        2. In honor. St. Stephan., Laurent., Georg. et omnium Sanctorum mit Reliquien vom h. Laurent. und der Maria Magdalena.

      2. Das Kapuziner-Kloster
        Im Jahre 1651 haben sich, nach v. Steinen, die Kapuziner auf Kurfürstliche Erlaubnis, in Rüden niederlassen wollen. Obgleich sie nun für diesmal vom Magistrat abgewiesen, so haben sie sich doch 1654 festgesetzt, da ihnen Johann Adolph von Fürstenberg, Domprobst zu Paderborn, Domherr zu Hildesheim und Münster etc. auf seine Kosten 1684 die Kirche An dem schönen Portale der Kirche, dessen einzelne Theile, nach Abbruch der Kirche, noch asservirt werden, ist folgende inschrift zu lesen:

        D.O.M.
        Reverendissimus. ac. perillustris.Dominus. D.Joannes Adolphus L. Baro. de. Furstenberg, ecclesiae. cathedralis. Paderborn. praepositus. ad. S. Crucem. Hildesii. et veteris. templi. Monasterii. aedem hanc. SS. Elisabeth. et Catharinae. ad majus. divini. cultus. incrementum. et. suam. familiaeque. suae. Furstenbergicae salutem ex struxit. AN. - MDCLXXXIV.
        und das Kloster bauen lassen.

        Die Mitglieder des Klosters leisteten in der Stadt und Umgegend gottesdienstliche Aushilfe, bis sie am 6. April 1804 unter hessischer Regierung das Kloster räumen mußten. Damals bestand es mit dem P. Guardian aus 18 Ordenspriestern und 7 Laienbrüdern, die in die Ordensklöster nach Werl, Marsberg und Brenschede verteilt wurden. Am 6. April 1804 abends trafen die Minoriten-Mönche von Brilon in Rüden ein, deren Kloster zur Errichtung einer Kaserne abgetreten war. Das Personal derselben bestand mit dem Guardian aus fünf Ordenspriestern und zwei Laienbrüdern.

        Da dieselben in Brilon ein Gymnasium unterhielten, so setzten sie den Gymnasialunterricht in einem südlich vom Kloster gelegenen Gebäude (später die Wohnung des Dr. Eickenbusch) fort. Der Minoriten-Ordens-Konvent blieb nur bis 1808 im Kloster, da derselbe aufgehoben und die geistlichen Mitglieder zu erledigten Pfarrstellen befördert wurden. Die zwei Laienbrüder erhielten Pension, der letzte, Hub. Hensmann, durfte bis zu seinem Tode 1829 im Kloster wohnen. Das noch sehr lebhafte Andenken an das Kloster im Munde der Leute bezeugt, daß das Gebäude schön, die Kirche freundlich, aber ohne Orgel gewesen. Man erzählt: Im schönen, großen Garten habe ein hohes Kreuz gestanden. Das Ganze sei von einer Mauer mit eisernem Gitterthor eingeschlossen gewesen.

        Das Hauptfest seie Portiuncula gewesen, an dem die ganze Umgegend hingeströmt sei, auch hätten an diesem tage Frauenspersonen das Kloster betreten dürfen.

        Da das Kloster einem Bettelorden gehörte, so sammelte es Butter, Fleisch, Früchte usw., was um so lieber gespendet wurde, als die Kapuziner in der ganzen Gegend eines ganz besondern Zutrauens genossen; Holz wurde ihnen ebenfalls genug zugefahren.

        Achten wir den religiösen Sinn unserer Väter, die bei allerlei Ungemach und Beschwernis sich an die Männer zuerst wandten, die mit der Welt abgeschlossen hatten!

        Interessant ist ein Beschluß des Belecker Rathes, datirt vom 8. Mai 1656 (im Belecker Stadtbuche):

        Es sei den Herren Kapuzinern von Rüden für diesmal erlaubt worden zu terminiren, weil sie Weihnachten mit Bewilligung des h. Dechanten zu Meschede die Beichte und Communion abgehalten, indem Belecke mit ihrem Probst in Differenzen gerathen wegen des vom Magistrate ihm zu leistenden Eides.

        Der Probst seie den Kapuzinern aufsäßig und habe dem Pater Philippus verboten, bei seinen Pfarrkindern zu terminiren und die Häuser zu benediciren. Der Pater habe sich auf vollkommene Vollmacht Ihrer Päpstlichen Heiligkeit berufen, überall die Sacramente zu ertheilen.

        Da der Probst aber dem Schwarzen Kloster zu Soest das Terminiren in Belecke erlaubt habe, so habe der Magistrat beschlossen, die Schwarzen Brüder abzuweisen und dafür den Herrn Kapuzinern wegen der nächsten Nachbarschaft und "um Gotteswillen" den Termin zu gestatten.
        Das Klosterinventar wurde verkauft, die Kirche jedoch einstweilen fortbehalten, weil darin die tägliche h. Messe für die Studierenden des Gymnasiums abgehalten ward.

        Im Kloster wohnten die drei am Gymnasium angestellten Professoren. Diese Anstalt erhielt sich nach Aufhebung des Klosterkonvents nicht lange (bis 1810). Der letzte Lehrer setzte den Unterricht bis 1812 fort. Die hessische Regierung ließ am 17. Februar 1814 das schöne Mobiliar der Klosterkirche, Glocken und Uhr versteigern. Die Kirche erfreute sich keiner Reparatur mehr und wurde 1820 von der preussischen Regierung der Stadt Rüden geschenkt, welche sie 1834 abbrechen ließ. Im Jahre 1842 wurde das Klostergebäude zum Gebrauch des Königlichen Land- und Stadtgerichtes eingerichtet.


      3. Terminhäuser verschiedener Orden, namentlich der Minoriten
        Brandis erzählt:

        Bezeuget auch dero hochlöblichen praedecessorum devotion undt Eifer, daß sie unterschiedtliche Terminheusere in Stadt Rüden erbawuet, welcher Einwohnere undt Ordensverwandten ab Soist undt Lippe curam animarum et pietatis gravem promotionem alhir verybet. Wie dann in specie befindlich, daß anno 1322 Lübertus de Allagen Cos. Rüdensis consensu Gobelini Wulmungh Hermanni de Loene, Joannis Renfridi, Gieselbert de Knevelinghusen, Henrici de Dreuern undt Conradi de Effeln liberam dederunt domun fratrum minorum ut orarent pro civitate. Wie aber nachher der ..... Lutherthumb ist entstanden, hat ein abtrünniger Mönnich in Lipstadte, Joannes Westermann 1526 haben die zwei Augustiner-Mönche, Bruder Hermann Rothe lector, und Bruder Johann Westermann Dr. das Lutherthum in Westfalen, besonders in der Stadt Lippe einzupflanzen angefangen. Solches meldet Kleinsorgen (K.G.B.II.Seite 340,352) undt das sambtlige Convent alhir residirendent terminarium, Herrn anthonium Brerzel abgefordert undt ihme allen supellectilem zu verkawufen ahnbefohlen, so geschehen ist ao 1531 auff Michaelis. Sein also die andern Terminheusere per socordiam superiorum ordinariorum auch gemachlich in Abgangh ahngerhaten.



      (§.193.)
    5. Die beiden Pfarreien der Rüdener Außenbürgerschaft

      1. Alten-Rüden
        Über das hohe Alter der Kirche zu Alten-Rüden haben wir schon mehrmals in dieser Geschichte, so wie in der von Warstein gesprochen. Sie gehörte zu denjenigen, welche Erzbischof Anno dem Kloster Grafschaft, bei dessen Stiftung 1072 in dotem gab, und verdankt ohne Zweifel diesem Heiligen selbst ihren Ursprung. Der Abt in Grafschaft hat auch, so lange sein Kloster bestand, das Patronat ausgeübt.

        Die alte Kirche ist längst verfallen und durch eine sehr schöne neue von dem nachmaligen Abt Kreilmann (+ 1786) ersetzt worden. Der Turm ist aber noch aus Anno's Zeit, wie an der Form der Turmlöcher zu erkennen. Er wurde im Anfang des vorigen Jahrhunderts repariert, worauf sich folgende Inschrift daran bezieht:

        Turris Annonis studio venusta
        Perstiti tristi senio vetusta
        Sumptibus plebis superis sacrata
        Stat reparata.
        [1701.] S. Blätter zur näheren Kunde des Vaterlandes. Arnsberg, 1839, Nr. 8. (Beiblatt zum Wochenblatt).

        Die Kirche ist geweiht ad Honorem S. Crucis et SS. Gervasii et Prothasii Mediolanensium Martyrum. Brandis erzählt von der großen Andacht die zu dem hochheiligen Kreuze gewesen; die beiden ältesten Bürgermeister in Rüden seien primarii et perpetui tutores et antistites S. Crucis ejusdemque ecclesiae, "wie dieselben auch hochgl. heiliges Creutz in processionibus und sonsten solemniter zu empfangen undt zu tragen, uhraltes Prauches obligirt sein." Im Truchsessischen Krieg wurde das h. Kreuz violiert. Der Weihbischof Bernard Frick weihte am 6. Mai 1647 vier Altäre in der Kirche

        • ad hon. S. Crucis et SS, Gervasii et Prothasii, mit Reliquien der hh. Gereon, Hupert, Servatius
        • ad h. S. Mariae virg. et. S. Stephani
        • ad h. S. Catharinae
        • ad h. S. Martini et Nicolai, alle drei mit Reliquien der hh. Gereon und Servatius.

        Auch wurden an diesem Tage 196 Personen gefirmt.

        Bis 1687 wurde die Pfarrei mit Weltpriestern besetzt. Damals hielt es die Abtei, die darin einen Raub erkannte, "Ecclesia videbatur cessisse iu praedam clericis seeularibus" sagen die ungedruckten Monumenta monasterii Grafschaftensis. Ganz ähnliche Vorfälle, wie wir hier erzählen, fanden in Warstein statt. (Siehe unsere Geschichte von Warstein S.54.) - Die zunächst im Text folgenden Notizen sind aus den qu. monumentis. - Von den frühern Weltpriestern haben wir gefunden:
        • Ernst, Kerchern tho Ruden - 1295
        • Arnoldus plebanus de Aldenruden (Seibertz B.I.S.556.) - 1334
        • Hermann. pleban. in Aldenrüden (Seibertz B.II.S.252.) - 1517
        • Jod. Musebludt; Pfarrer in Altenrüden
        • Joannes Reuschenius S. §150,15.
        für besser, sie einem Ordensgeistlichen zu verleihen. Die Pfarrgenossen widersetzten sich tätlich und der neue Pfarrer mußte durch den Herrn von Hörde mit Hilfe von 50 bis 60 Bauern eingeführt werden. Unter Kurfürst Max Heinrich wurde ein langer Prozess dieserhalb geführt, aber für das Kloster entschieden und 1697 von Joseph Clemens bestätigt. P. Rupertus Stratmann, Pastor in Langenstraße, war es, der zuerst 1687 die Pfarre erhielt, nachdem der letzte Weltpriester Mathias Vosla Pastor in Altenruthen et commiss. ad Haram gestoren war. R. Stratmann †1710. Es folgten dann nach einander:


      2. Miste
        Die uralte, in honorem Dei et beatae Mariae gegründete Kirche ist anno 1191 eingeweiht worden. Die beiden Dotierungsurkunden von diesem Jahr sind bei Seibertz I. B. S. 131ff. abgedruckt. Wegen Ihrer Wichtigkeit für unsere Geschichte haben wir sie schon mehrfach besprochen. Wir verdanken ihre Erhaltung dem Manuskr. des Brandis.

        Als in späteren Zeiten Miste fast gänzlich verheeret worden ist, haben sich die übrig gebliebenen Parochianen zur Pfarre in Altenrüden gehalten. Brandis erachtet, daß diese Desolation durch den beschwerlichen Krieg entstanden, der 1410 zwischen Erzbischof Friedrich von Sarwierden und Wilhelm von Berge, Bischof zu Paderborn, entbrannte und über den später die Rede sein wird.

        Im Anfang des 16. Jahrhunderts kamen die Einwohner von Miste beim Erzbischof darüber ein, ihnen wieder einen Pfarrer zu geben, da der Weg nach Altenrüden zu weit und zu unsicher für sie sei. Erzbischof Hermann von Wied erteilte dem damaligen Offizial zu Werl, durch ein Mandat vom 7. November 1517, welches sich ebenfalls abschriftlich bei Brandis, sonst auch im Pfarrarchiv zu Miste befindet, den Auftrag, zu untersuchen, ob Miste wirklich eine Pfarrkirche sei. Aus dem Mandat sieht man deutlich die bedrückte Lage der ehemaligen Parochianen aus den Dörfern Miste und Knevelinghausen und von den Höfen Brüninckhusen und Etinckhusen. Es heißt, daß die

        parochiani per hostilers incursus usque adeo fuerunt invasi, captivati, oppressi, ut residui non interfecti neque captivati illim partim, reliqui vero pauci numero ob defectum rectoris et desolationem ecclesiae in Altenrhüden ..... visitaverunt, cum autem ..... tempore pacis populus villarum, curtis et parochiae ejusmodi adeo auctus sit, ut difficile et periculosum sit illis ad ecclesiam in Altenrüden ..... habere reeursum, item propter nimiam distantiam, tum propter hostiles incursus, qui eis in itinere minus tuto versus eccles. in Altenrüden, in finibus dioecesis et dominii nostri Colon. constitutis, versimiliter imminerent, quinimo infantes (absque) baptismo ceterique in articulo mortis constituti absque viatico decederent usw. usw.

        Dann fügt Brandis den tenor latae desuper sententiae vom 18. Februar 1518 bei, woraus hervorgeht, daß es sich hauptsächlich um Entscheidung des Prozesses handelte, den die Pfarrgenossen gegen den damaligen Pfarrer in Altenrüden, Jodocus Musebludt, führten, welcher sich der Wiederherstellung der Pfarre widersetzte.

        Nach Einholung von Gutachten und genauer Prüfung aller Umstände spricht sich die Sentenz feierlich dahin aus, daß die Pfarrei Miste wieder herzustellen und einem ordentlichen Pfarrer zu übergeben sei, daß der Gegner (dessen oppositiones temerariae, illicitae ac de facto praesumptae seien) namentlich in die Kosten zu verurteilen, daß endlich die Pfarre Miste dem Hermann Stoffregen als Pfarrer zu übergeben sei etc.

        Die jetzige Krche ist in den Jahren 1722 bis 1735 erbaut aus Kirchen- und Gemeindemitteln, der Turm aber ist von der alten Kirche Der Thurm hat zwei große und eine kleinere Glocken. Die eine ist mit der Inschrift: 1671 zur Ehre der hh. Maria und ursula (cum sodalibus), unter dem Pfarrer Hermann Herweedes und den Provisoren Herm. Eickhoff und Herm. Matth. Würdehoff gegossen; die zweite zur Ehre der h. Maria 1713 auf Kosten der Parochie; die kleinste zur Ehre der h. Ursula 1630 geblieben. Die h. Ursula ist Patronin. Die Collation Aus der Urkunde von 1263 bei Seibertz B.I.S.413., glauben wir schließen zu dürfen, daß ehedem das Stift Meschede die Collation hatte. Denn alle übrigen plebani, welche diese urkunde der Aebtissin Agnes unterzeichneten, wurden von Meschede her installirt.

        Schon in der Urkunde von 1191 kommt Herbold vonMeschede unter den Stiftern vor; vergl. frühere Theile dieser Geschichte über das Verhältnis der von Meschede zu Miste und Kneblinghausen.

        Die nahen Verhältnisse der Abtei Meschede zu der Familie aber gehören nicht hierher.
        hatte der Erzbischof und Kurfürst von Köln. Pfarrer waren

        • 1263 - Mathyas in Mesthe, plebanus (Seibertz Bd. I. S. 413)
        • 1518 - Herm. Stoffregen
        • 1660 - Hermann Hervedes
        • 1679 bis 1699 - Hermann Weisgerber
        • 1699 bis 1712 - Johann Georg Knülle
        • 1713 bis 1737 - Everhard Nachrichter
        • 1737 bis 1775 - Beda Bernd. Stoll
        • 1776 bis 1783 - Nic. Wolff
        • 1783 bis 1787 - Everhard Schmale
        • 1787 bis 1818 - Joseph Everh. Schüngel
        • 1818 bis 1831 - Franz Emericus Heinemann
        • 1831 bis 1841 - Potthast, jetziger Pfarrer

        In Kneblinghausen ist eine Kapelle St. Nicolai.
      (§.194.)
    6. Dekanats-Verhältnisse
      Im Allgemeine brauchen wir bloß auf das zu verweisen, war wir in unserer Geschichte von Warstein gesagt haben, Seite 56 ff. Denn Warstein stand mit Rüden unter denselben Dekanatsverhältnissen. So lange das Herz. Westfalen zur Erzdiözese Köln gehörte, stand der ganze nördliche Teil desselben unter dem Archidiakon von Soest, der der Probst des dortigen Archidiakonal-Stifts S. Patrocli war. Dieser hatte alle nicht zu den Dekanaten Attendorn, Meschede, Medebach und Wormbach gehörigen Pfarreien des Herz. Westfalen, die unter dem Kölner Archidiakonen standen, zu inspizieren. Zu diesem Geschäfte hatte der Soester Archidiakon einen eigenen Kommissarius.

      Dieser große Komplex von Pfarreien zwischen Ruhr und Lippe, welche nicht in Dekanate eingeteilt waren, hieß Archidiaconatus Susatensis oder gewöhnlicher Commissariatus Haarensis. Wir haben gelegentlich den Mathias Vosla pastor in Altenrüden et commissarius ad Haram (+ 1687) und den Beda Bened. Stoll pastor in Miste commissarius Haarensis (1737-1775) schon genannt. Unter dieser geistlichen Oberbehörde stand auch die Pfarrei Rüden. Nach einer Notiz von 1783 gehörten 35 Pfarreien dazu. Unter hessischer Regierung blieben diese Verhältnisse bestehen.

      1806 hatte das Kommissariat des Haardistriktes zum Kommissar und Landdechanten den Pfarrer Franz Schlinkert zu Melrich. Es werden 36 Pfarreien (in Geseke 2) gezählt. Bis 1823 gehörten auch unter Preussischer Regierung das Kommissariat des Haardistriktes zur Erzdiözese Köln, und stand zunächst unter dem Generalvikariat zu Deutz. Kommissar des Haardistriktes war damals: Pfarrer Leers, geistl. Rat und Deutsch-Ordens-Priester zu Mülheim.

      Auch Anfang 1823 stand der Haardistrikt noch unter dem Erzbisch. General-Vikariat zu Deutz. Kommissar war Joseph Leers, Deutsch-Ordens-Priester, geistl. rat, Jubilar und Pfarrer zu Mülheim. Synodal-Examinatoren:

      • Klaus, Pfarrer in Horn
      • Probst Beda Behr, Pfarrer zu Belecke
      • und Fr. Drepper, Pf. in Mülheim

      Es wurden 37 Pfarreien gezählt (Geseke 1 Pfarrer, dagegen die von den Hessen nicht dazu gezählten Pfarreien Soest und Lippstadt). Schon 1823 ging das Herz. Westfalen an die Diözese Paderborn über und trat unter das Apostolische Vikariat zu Paderborn. Das Apostolische Kommisssariat des Haar-Distriktes blieb in seiner ganzen Ausdehnung über 37 Pfarreien bestehen und schon 1823 erscheint als Apostol. Kommissar: Probst und Pfarrer Beda behr zu Belecke. So blieb es auch noch bis 1829; dem genannten Kommissar stand der Konsistorialrat Pf. Klaus zu Horn (später Ehrendomherr) als Synodal-Examinator zur Seite. Später aber wurde das Kommissariat in Dekanate geteilt. Im Jahre 1832 haben wir statt des Haardistriktes drei Dekanate:

      1. Rüden (Landdechant zu Langenstraße)

        • Pfarreien:

          • Allagen
          • Altenrüden
          • Anröchte
          • Belecke
          • Callenhard
          • Effeln
          • Hirschberg
          • Langenstraße
          • Miste
          • Mülheim
          • Rüden
          • Suttrop
          • Warstein

      2. Gesecke (Landdechant Klaus zu Horn) - 15 Pfarreien (in Gesecke 2)
      3. Werl (Landdechant Röingh zu Büderich) - 11 Pfarreien, wozu neu hinzugekommen Welver.

      1836 war im Dekanat Rüden Landdechant Pfarrer Ratte zu Langenstraße, Dechant-Verw., sonst ist alles unverändert wie auch 1840, nur daß H. Ratte Pfarrer in Anröchte war.

      An diese rein geistlichen Verhältnisse schließen sich die

      • Schulinspektions-Verhältnisse.

        • Unter Köln. Regierung wissen wir von keiner Einteilung in Schulbezirke und von keiner Oberinspektionsbehörde. Die Schulen wurden nur von den Gemeinden baufsichtigt und verwaltet, wie wir dies vom Magistrat in Rüden berichtet haben.
        • Zu hessischer Zeit war ein Kirchen- und Schulrat in Arnsberg unter einem Direktor (Geh.-Rat von Weichs) und Räten (wozu der Normallehrer und Studienpräfekt des Herzogtums Westfalen Sauer gehörte). Zu dessen Ressort gehörte das Gymnasium in Rüden. Die Schulen standen zunächst unter den Pfarrern. Die Pfarre Altenrüden hatte Schulen im Orte selbst, zu Drewer, Hemern und Menzel. Ferner hatte Miste seine Schule. Dazu kommen dann für die Gemeinschaft Rüden noch die Rüdener Stadtschulen. Aus welchem Jahre die Preussische Einrichtung ist, wissen wirt nicht; 1823 bestand sie schon. Die erste Abteilung der Regierung zu Arnsberg hatte an Sauer einen eigenen Regierungs- und Schul-Rat. Der Haardistrikt bestand damals aus sechs Schul-Inspektions-Bezirken; nämlich:

          • Melrich
          • Mülheim
          • Rüden
          • Werl
          • Gesecke
          • Horn


          In dem Bezirk Rüden war Schul-Inspektor Pfarrer Schulte zu Rüden. Dazu gehörten die Schulen:

          1. Altenrüden
          2. Drever
          3. Hemmer
          4. Menzel
          5. Callenhard
          6. Effeln
          7. Langenstraße
          8. Miste
          9. Rüden
          10. Suttrop
          11. Warstein

          Von 1824 bis 1828 keine Veränderung. 1832 werden die Schulbezirke nicht mehr nach Dekanaten zusammengefasst, sondern durch den ganzen Regierungsbezirk durchweg gezählt. Sonst ist keine Veränderung im Schul-Inspektiosbezirk Rüden. 1832 finden wir eine Abänderung. Der Schul-Inspektionsbezirk umfasst nur neun Schulörter, in dem Effeln ganz fehlt und Warstein nach Mülheim gerechnet wurde. 1840 finden wir wieder die Einteilung nach Dekanaten. Der Dekanat Rüden enthält zwei Schul-Inspektionsbezirke: Rüden und Mülheim. In Rüden gehören zehn Schulen (Effeln wieder mitgezählt, Warstein zu Mülheim gehörig). Gegenwärtig ist Schul-Inspektor der Pfarrer Drobe. Das Lehrerpersonal in der Stadt Rüden repräsentieren:

          • der Vikarius Rüther als Schul-Rektor und
          • Lehrer Ritter als Konrektor,
          • die Lehrerinnen Jos. Miebach und Clara Kurte
          • der jüdische Lehrer Salzkötter

          Endlich besteht in Rüden auch eine Spinnschule (Linnenlücke, Lehrerin).

      (§.195.)
    7. Geistliche Brüderschaften, Eremiten
      Brandis nennt die Brüderschaften:

      • B. Mariae Virginis
      • St. Achatii
      • S. Severini
      • S. Catharinae Virginis

B. Der Juden

(§.196.)

So weit die ältesten Nachrichten reichen, waren in Rüden früher nur 6 bis 7 Juden-Familien vergleitet resp. toleriert. In der Stadtsrechnung von 1687 sind unter der Rubrik "Judenschutz" nur 6 Juden aufgeführt (Laitzer zu Altenrüden, Jacob, Itzigk Joseph, Laitzahr, der alte Itzigk, Abraham), in der von 1733 sind schon 7 verheiratete und ein unvergleiteter Jude (Leiffmann Samuel, Meyer-Itzig, Leiffmann jun., Moses Levi, Abraham Itzig, Wolf Katz, Joseph Itzig zu Altenrüden und Heschgen unvergleiteter Jude).

Gegenwärtig beläuft sich die Zahl der Juden in Rüden auf 81 inkl. Kinder und Gesinde, von denen sechs Familienhäupter und ein unverehelichter Jude, also überhaupt 7 Juden, mit Geleit und einer mit Toleranz-Schein versehen ist. Kürzlich sind wieder zwei fremde Juden mit Geleit auf Rüden versehen.

Die Juden haben eine Synagoge, wozu auch die Juden in Altenrüden berechtigt sind, welche bei dem großen Brand, der am 15. Oktober 1834 Rüden heimsuchte, abbrannte und 1835 neu und schön wieder aufgebaut wurde. Auch haben die Rüdener Juden einen eigenen besoldeten Judenlehrer zum Unterricht ihrer Kinder, deren mehre jedoch regelmäßig die christlichen Volksschulen der Stadt besuchen.



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