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Band 1

RÜDENER URGESCHICHTE

Dargestellt nach Anleitung der allgemeinen altdeutschen Zustände; als notwendige Grundlage für das verständnis der ganzen Rüdener Geschichte.

Kapitel 2

B. Urvolk der Rüdener Gegend.

Der Boden ist Urwald und Rüden eine Rodung. Des Bodens politische Einteilung

(§.2.)

Nur ein Punkt der Rüdener Geschichte ist gänzlich unbekannt, nämlich: welches Germanische Volk die Umgegend von Rüden einst bewohnt habe. Nach den über die Sitze der Germanischen Völker angestellten Untersuchungen wird wohl nie die Frage ganz ins Reine gebracht werden, da ja die Germanen ihre Sitze so oft und leicht wechselten und die Römer und Griechen, die fast einzige Quelle übe diesen Punkt, sich um solche Dinge nicht sehr kümmerten und nur oberflächlich das angeben, was sie von Wanderern vernommen.

Wenn wir daher nach den besten Vorgängern sagen, dass der sogenannte Arnsberger Wald die südlichen Sigambrer von den nördlichen Brukterern getrennt habe, so müsste letzteres Volk als die Urbewohner der in Frage stehenden Gegend angesehen werden. Zum Glücke ist die Ungewissheit über diese Sache von durchaus keinem Belange, da sie gar keinen Einfluss hat auf die spätere Geschichte. Die verschiedenen kleinen Völker waren in ihren Einrichtungen so durchaus gleich, dass es kaum etwas verschlägt, ob wir sie von Sigambrern, Brukterern oder einem andern Volke überkommen haben.

(§.3.)

Dazu kommt noch gar die Vermutung, dass die bezeichnete Gegend zu der Römer Zeiten noch ganz unbewohnt war, denn es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass ein Teil des alten herzynischen Waldes, der spätere Esterwald, auch die Südabhänge der Haargegend (scheint doch in Harz und Haar derselbe Wortstamm zu liegen!) mit seinen ehrwürdigen Eichen beschattete, ohne andere Bewohner zu bergen, als edles Wild in Unzahl.

Nicht weit von Rüden nach Norden hin, lag die Römische "Feste Arbalo", deren Namen ganz deutlich besagt, dass jene Gegend Wald war, denn "lo" bedeutet Wald Auch der Name Effeloe (Effeln) und Menzeloe (Menzel), so wie die Feldgegend Loen bei Effeln deutet darauf hin.. Nach Lichtung des Waldes hieß er Erpesfeld, denn Feld drückt den Gegensatz zu Wald aus. Da aber das Erpesfeld später gar einen ganzen Gaubezirk ausmachte, so lässt dieses auf die weite Ausdehnung des alten Arba-Waldes schließen, der vielleicht bis zur Möhne ging.

Waren ja auch die lichten Fruchtgefilde der Haargegend auch sonst noch hier und da mit Wald bedeckt, wie einzelne Namen derselben, (so die Sieleneiche bei Belecke, wo keine Eiche dem Namen entspricht) klar anzeigen. Der Esterwald aber mochte nördlich leicht bis zur Möhne gehen, da ja auch der alte Name von Kallenhardt nämlich Osterfelde, gar deutlich den Gegensatz zu Esterwald - denn Esterwald ist nichts als Osterwald - andeutet. Nehmen wir nach einer bestimmten urkundlichen Notiz hinzu, dass der Esterwald im Westen sich bis zur Alme erstreckte, dass die Orte Warstein, Belecke, Osterfelde innerhalb des Arnsberger Waldes - so hieß später der Esterwald - angelegt wurden, berücksichtigen wir andere benachbarte Namen, als Effeln, früher Effe-lo, Menzel, früher Menze-lo, Brilon, das ist Bri-lo, in denen ja das Andeuten an den Urwald noch fortlebt, so wird es immer wahrscheinlicher, dass zu der Römer Zeiten die zunächst um Rüden liegenden Fluren undurchdringlicher Wald waren, vielleicht nur hier und da von einem einzelnen Gehöfte an der Möhne unterbrochen.

Eine Quelle der Geschichtsforschung, die, vorsichtig gebraucht, zu sehr wichtigen Ergebnissen zu führen vermag, die auch wir in unserer Darstellung noch berücksichtigen werden, sind die ältesten Sprachdenkmäler unseres Volkes, die Eigennamen Das Speziellere hierüber in "Dr. J. Benders: Die deutschen Ortsnamen, Siegcu und Wiesbaden, 1846". Der Name Rüden wird besonders S. 86 und 99 besprochen; über die übrigen von uns genannten Orte der Umgegend s. S.. Diese, nur selten gehörig benutzte Quelle erhebt unsere Vermutung wohl zur Gewissheit.

Der Name Rüden, Alt Ruotino, von ruoten, ausrotten oder ausroden, beweist, dass die Anlage dieses Ortes nichts ist als die Ausrodung einer Waldgegend. Hunderte von Orten dieses Namens bestätigen diese Behauptung. Hieraus folgt auch zugleich, dass die Schreibung Rüden die allein richtige ist. Rüten schrieb man nach einer, durch falsche Auslegung des Stadtwappens entstandenen falschen Ableitung des Namens von Rauten, und die jetzige Rüthen hat wohl auch nur ihren Grund in der durch oberdeutsche Landesfürsten aufgekommene Kanzleisprache, der wir auch das "ph" im Namen Westphalen statt des richtigeren Westfalen zu verdanken haben.

(§.4.)

Aus diesem Umstande, dass noch nicht altgermanische Völker, sondern erst die Sachsen unsere Gegend bewohnten, folgt auch, dass wir uns vergeblich bemühen würden, in dem Treveresgau, wozu später Rüden gehörte, einen alten pagus oder vicus (Untergau) des Tacitus nachweisen zu wollen. Es sind vielmehr der Treveresgau und das Erpesfeld, als Untergaue, Gaugerichtsbezirke, Schöpfungen der Karolingischen Verfassung.

Aber dennoch dürfen wir eine Schilderung der von Tacitus dargestellten Zustände nicht übergehen um zu zeigen, dass sie ganz und gar dieselben sind, mit denen der alten Sachsen, wie ja auch die Karolingischen Untergaue, die, wenn auch des Namens entbehrend, den Fränkischen Centenen entsprechen, schon im Tacitus angedeutet sind, welcher erzählt, dass den Gauvorstehern je hundert Unterrichter beigegeben seien.

Dem bei Tacitus vorkommenden Ausdrucke entspricht die Bezeichnung Centenen, später Heuschaften in Franken und hunsedi in England. So wie im Mittelalter die Ausdrücke Gau, pagus offenbar in schwankender und verschiedener Bedeutung von Landschaft, Provinz, eigentlicher Gau, d.i. Grafenbezirk, und Untergau, (bloß kleiner, verwaltet von Richtern, die der Graf anstellte - vicecomites, advocati, Vögte -) gebraucht wird, so ist das lateinische pagus des Cäsar und Tacitus in seiner Bedeutung schwankend zwischen Landschaft, kleineren Bezirken, deren Unterabteilung die "vici" waren, und zwischen Volksabteilung, so wie im Altertum "demos" und "tribus" Volks- und Ortsabteilung waren.

Der Ausdruck "Vicus" ist ebenfalls schwankend, bedeutet seinem Ursprunge nach Haus, dann auch einen "Komplex von Häusern", ein einzelnes Gehöft, oder einen Teil eines größeren Ortes. In dem ersten Sinne wird es auch in der deutschen Form "wich" in Ortsnamen gefunden. Vgl. "Ortsnamen" S. 133. 115. Jedoch scheint es den Alten bei Schilderung der deutschen Einrichtungen einen "Untergau" im späteren Sinne bedeutet zu haben. Auf den Gau, wozu Rüden gehörte, werden wir noch später zurückkommen.





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