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Band 1

RÜDENER URGESCHICHTE

Dargestellt nach Anleitung der allgemeinen altdeutschen Zustände; als notwendige Grundlage für das verständnis der ganzen Rüdener Geschichte.

Kapitel 6

F. Der Treveresgau, zu dem die Rüdener Gemarkung gehörte

I. Dessen Geschichte

(§.14.)

Was den Treveresga aber insgesamt betrifft, so gehörte er, nebst vielen andern benachbarten kleinen Gauen (als Erpesfeld, Langaneka, Selbeck im Büer'schen und andere) zur großen Grafschaft (comitatus) des mächtigen Grafen Hahold, dessen Stammsitz bei Geseke war, und der schon im 10. Jahrhundert vorkommt. Nach Haholds Tode wurde unser Gau, nebst dem ganzen Komitate der Paderborner Kirche verliehen, wie solches Kaiser Otto III. 1001 bestätigte und Heinrich II. 1003 und 1011 erneuerte.

Sehr merkwürdig aber ist, dass wir durchaus keinen bedeutenden Einfluss Paderborns in diesen Gegenden entdecken. Höchst wahrscheinlich konnte den mächtigen Grafen des Westfalengaues gegenüber Paderborn seine Rechte nicht geltend machen, da überhaupt damals das Recht des Stärkeren mehr galt, als kaiserliche Pergamentdiplome, zumal sogar deren Echtheit zweifelhaft ist.

Dem sei, wie ihm wolle, schon 1020, also kurz nach Haholds Tode, wird der Haupthof Drewer (Triburi) in dem Gau Westfalen und in der Grafschaft Hermanns genannt, der zu den Vorfahren des Grafen von Arnsberg gehört. In die Gegend von Rüden fällt auch ein Hof Hohensile, Honsel (d.i. Hohensäule), der anno 1023 in die Grafschaft des Grafen Bernhard verlegt wird. Dies ist auch die letzte Spur des Vorkommens der alten Westfälischen Grafen (Grafen von Werl, später von Arnsberg) in diesen Gegenden. In diese Zeit nämlich fällt die Zersplitterung des großen Grafenbezirkes von Westfalen durch Teilung an Erbtöchter, die ihre Anteile durch Verheiratung meist an entfernte Sächsische Grafen und Dynasten brachten. So erhielten die von Reichlingen, von Nordheim, und Andere Besitzungen in Westfalen, welche solche großmütig an die Kölnische Kirche, zu deren Diözese Westfalen gehörte, vergaben.

Zu diesen Schenkungen gehörte auch die Gegend von Rüden, wie schon aus der Verleihung des Esterwald durch Enno von Reichlingen an Köln zu folgern sein würde.Siehe die Urkunde in Seibert Urk. B. I. S. 22. Die Kölner Kirche aber, die damals noch nicht an Begründung eines unmittelbaren Territoriums in Westfalen denken konnte, gab die neuen Erwerbungen an inländische Große zu Lehen. Die Gegend von Rüden erhielten die Dynasten von Rüdenberg unter Oberhoheit der Kölnischen Erzbischöfe, welche übrigens diese äußerste Gegend ihrer Besitzung um so weniger außer Acht ließen, da sie 1180 die Herzogswürde über das von nun an so genannte Herzogtum Westfalen erhielten.

Sie hielten sich zuweilen in dieser Gegend auf, stifteten die Kirche in Altenrüden, erwarben den Grund der späteren Stadt Rüden von den Brunwardinger, und errichteten dieselbe unter dem Schutz einer starken Burg Die erzbischöfliche Burg Rüden darf nicht mit der Rüdenburg bei Alten-Rüden verwechselt werden. zum Landesschutze und übergaben ihre Bewachung den um wohnenden Rittern gegen angemessene Lehngüter und zogen allmählich auch entferntere Geschlechter in die Stadt. Als nun die Kölner Kirche ein festes Territorium gegründet, verblieb auch Rüdens Gegend immer beim Erzstift Köln.

II. Dessen Umfang

(§.15.)

Dies ist die Geschichte des Trevergaues. Nun ein paar Worte über seinen Umfang. Vergleiche die Anlage I. bildliche Darstellung der ältesten Topographie Rüdens Dieser ergibt sich aus zwei Beobachtungen. Nämlich erstens hat man entdeckt, dass die kirchlichen Einteilungen mit den politischen im Ganzen übereinstimmten.

Uralt ist die Einteilung des Landes in Dekanate und Archidiakonate. Drewer aber, von dem der ganze Gaubezirk benannt ist, gehörte immer zur Pfarrei Altenrüden. Altenrüden aber war in alten Zeiten ein Archidiakonat, zu dem auch die Kirchspiele Warstein, Effeln, Langenstraße gehörte. Dasselbe gilt von Belecke. Siehe Dr. Bender's Geschichte von Warstein S. 17, 57, usw.

Die Pfarrei Miste ist schon wegen der oben angegebenen Verhältnisse der Holzgrafschaft hierher zu ziehen. Was hierdurch noch nicht eingeschlossen wird, das ergibt sich zweitens aus dem Umfange des Rüdener Gogericht, wozu namentlich noch Suttrop und Kallenhardt zu rechnen sind. Auch Mülheim bildete mit Belecke seit den ältesten Zeiten ein Gericht; Roberinghausen aber hatte ein Gogericht, das mit dem Belecker identisch zu sein scheint und Mellrich gehörte zum Rüdener Freigericht.

Auch die bestimmter anzugebenden Umfänge der Nachbargaue sprechen für die Ausdehnung des Drevergau über die Kirchspiele Rüden, Altenrüden, Miste, Langenstraße, Effeln, Mellrich, Mülheim, Belecke, Warstein, Suttrop, Kallenhardt. Denn alle südlicher, als Kallenhardt und Warstein gelegenen Orte, durch den Arnsberger Hochwald getrennt, gehörten zum "pagus angeri" (so Meschede); östlich war die grenze der Herrschaft Büren, die des "pagus almunga"; im Norden machte das Kirchspiel Höynkhausen (vermutlich auch berge und, wenn dieses der Fall ist, auch Anröchte, denn ersteres war eine Filiale von Anröchte, gestiftet von den Besitzern der Bochholzischen Häuser daselbst) den "pagus erpesfeld" ans und im Westen bildeten die Kirchspiele Körbecke und Allagen den "pagus hare", wodurch für Mülheim und Mellrich nichts übrig bleibt, als zum Dreveresgau gerechnet zu werden. Auf der Gaukarte in Schaumann's Geschichte des niedersächsischen Volkes, die wenigstens für das Herzogtum Westfalen, ganz unrichtig ist, wird sogar Meschede in den Treveresgau verlegt, das doch urkundlich zum Gau Engern gehörte! In solchen Dingen, glaubt man ohne Beweise oder Wahrscheinlichkeiten nicht, und die (Vorrede p. XIX.) oben von Schaumann gegebene Versicherung kann unmöglich beruhigen.





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