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Band 3

DIE EIGENTLICHE INNERE STADTGESCHICHTE

4. Abschnitt - Religiöse und geistige Kulturverhältnisse

Kapitel 2

Armenwesen

A. Fürsorge für die Armen in ältern Zeiten

Der religiöse Wohltätigkeitssinn der Altvorderen hatte in christlicher Liebe schon früh durch Stiftung des oben erwähnten, hinreichend ausgestatteten (es gehörten Gehölz und auch Lehngüter dazu, wie früher gezeigt worden.) St. Pantaleons-Hospital für die Bedürfnisse der armen Mitmenschen gesorgt.

Wenn auch kein Zweifel obwalten kann, daß die Armen auch in Häusern der reicheren Bürger manche milde Gabe erhalten mochten, so scheint doch eigentliche Armut in der Stadt nicht sehr herrschend gewesen zu sein, da wenigstens das aus den uns vorliegenden älteren Stadtrechnungen hervorgeht, daß die Armen der Kommunen, als solcher, wenig zur Last gefallen sind. In der ältesten dieser Rechnungen heißt es bei der Ausgabe nur:

den armen leuten an Loen unnd wande Summa VII schlechte Thaler

Außerdem sind zehn Personen aufgeführt, denen an Stadtsabgaben propter paubertatem nachgelassen ist in Summa 1 Taler.

In der Rechnung von 1687 unter Ausgaben für die Armen sind 18 Personen verzeichnet, unter denen 15 Fremde (für zwei arme von den Türken gefangene Männer, einer aus Frankreich, einige studiosi, für zwei fürt eine Kirche kollektierende Geistliche) und nur drei einheimische, darunter zwei Witwen, denen das Schoß nachgelassen wurde: Summa 1 Rtlr. 12 Gr. 7 Dt.

Im Jahre 1733 erhielten: ein Kranker, zwei Nonnen und noch ein Armer Almosen und ein Stadtspförtner einen neuen Anzug, in Summa 4 Tlr. 24 Gr. 6 Dt. - Alles wurde gegeben um Gottes Willen, propter Deum ex misericorda, wodurch der religiöse Sinn der früheren Zeiten sich klar ausspricht.

(§.198.)

B. Gegenwärtige Armenfonds und Armen-Kommission

Über Anordnung und Privilegierung des Rüdener Armenfonds, so wie über die Errichtung einer besonderen Armenkommission gibt eine, uns vorliegende, Urkunde des Kurfürsten Max Franz vom 21. Hornung 1800 vollständige Auskunft, und wird nach deren Inhalt noch jetzt verfahren, insofern nicht allgemein polizeiliche Vorschriften Abweichungen fordern. In der besagten Urkunde ist die Rede von

  1. Einsetzung einer Armen-Kommission, die alle das Armenwesen in der Stadt Rüden betreffende Geschäfte behandelt und aus den beiden amtierenden Bürgermeistern, dem Pfarrer ad St. Nicolaum und außerdem aus zwei anderen, jedesmal auf Vorschlag der Armen-Kommission selbst vom Kurfürsten zu ernennenden, Mitgliedern besteht. Die Kommission verwaltet ihr Amt aus Liebe zu Gott, dem Nächsten und dem Vaterlande.


  2. Armenfond - Dessen Bestandteile
    Alle Armenfonds werden der Kommission übertragen. Diese Fonds waren:

    1. das Vermögen des bisherigen Hospitals
    2. die Stiftung des Richters Berg
    3. die Stiftung des Pastors Cobbenrode zu Geseke
    4. die Stiftung des Franz Jordan Röingh
    5. die nach städtischen Rechnungen zu Brot-Spenden bisher bestimmten 38 Scheffel Backkorns
    6. die aus der anzustellenden Kollekte herrührenden Gelder


  3. Übertrag des Hospital-Waldes an die Stadt
    Die Stadt erwirbt den Wald unter gewissen Verpflichtungen:

    1. die Stadt gibt Bau- und Brennholz für das Hospital und
    2. dem Bettelvogt eine Zulage von 30 Tlr.
    3. die Stadt überträgt dem Armenfonds so viel an Gemeinheitsgründen, daß er, bei der 6- oder 8-jährigen Verpachtung eine Rente von 100 Tlr. beziehe; dagegen wird
    4. der Stadt gestattet, zu obigen Zwecken das Nötige an Gemeinheitsgründen zu verpachten oder zu veräußern, und sollen
    5. sich der Wohltaten und Unterstützungen des Armen-Instituts nur einheimische Arme zu erfreuen haben.

  4. Zwei Gartenstücke aus der Cobbenrodischen Stiftung werden der Städtischen Lehrerin überwiesen für den Unterricht der armen Mädchen
  5. handeln über die Haus-Kollekten, deren Empfänger (es ist der rector hospitalis) und Einrichtung.
  6. Jährlich zu druckende Rechenschaft der Armen-Kommission an das Publikum.
  7. Anstellung eines Bettelvogtes
  8. Verbot des Bettelns
  9. Sicherstellung, Vermehrung der Armenfonds durch Zurücklegung von 25 jährlichen Renten zum rentbaren Fonds
  10. Geschäftsgang der Armen-Kommission
  11. Empfänger der Armen-Renten und dessen Pflichten
  12. Verwaltungsvorschriften
  13. Arbeitszimmer für die Armen, im Hospitale
  14. Verbindung der Industrial-Schule mit dem Arbeits-Institut (der damalige Pfarrer Sauer, Direktor der Normalschule für Westfalen, erhielt hierzu den Auftrag)
  15. Eigene Dekonomie im Hospitalhause muß dermalen unterbleiben
  16. Verteilung der Almosen an die Armen
  17. Wohnung im Hospital (für Obdachlose und Arme)
  18. Milde Nebenverwendungen. Es soll auf Zurücklegung einer Summe Bedacht genommen werden:

    1. für Kranke (für Pflege, Arzt und Medizin)
    2. bei einem Unglücksfalle (z.B. der Tagelöhner)
    3. für Hausarme (durch den Pastor)
    4. zur Erziehung armer Waisen (die Cobbenrodische Stiftung hatte vorzüglich diesen Zweck)
    5. für Hausreparaturen

  19. Besondere Almosen
  20. Begräbniskosten der Armen
  21. Oberaufsicht des Armeninstitutes (damals dem Drosten von Weichs übertragen)
  22. Berichte an Sr. Kurf. Durchlaucht (Gegeben Ellingen usw.)

Die gelegten Rechnungen der letzteren Jahre weisen eine Ist-Einnahme von jährlich ca. 800-1000 Tlr. nach und ist seit Ende 1837, also seit Einsetzung des jetzigen Magistrats, der Kapitalfonds um ca. 1000 Tlr. vermehrt worden.



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