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Band 3

DIE EIGENTLICHE INNERE STADTGESCHICHTE

4. Abschnitt - Religiöse und geistige Kulturverhältnisse

Kapitel 3

Unterrichtsanstalten, Beförderung der Wissenschaften und Gelehrtenwesen

A. Schulwesen

(§.199.)
  1. Elementarschulen Der Unterricht für die männliche Jugend wurde vom Rektor und Konrektor, für die weibliche aber von den Nonnen des Margarethenklosters, bis zum Untergang desselben, später aber von einer Lehrerin und in neuester Zeit von zwei Lehrerinnen erteilt. Der Konrektor mit den kleineren Schülern war in gottesdienstlicher Hinsicht an die Johanniskirche, der Rektor mit den reiferen Schülern an die Nicolaikirche gewiesen. So lange das Kloster bestand wurden die Mädchen zu dessen Kirche, später aber zur Nicolaikirche geführt. Das außerordentlich schlechte Gehalt veranlasste den unvergesslichen Pfarrer Sauer (1790-1803) beim Kurfürsten Max Franz zu erwirken, daß mit dem Amt des Rektors und Konrektors die Portionen der Vic. SS. trium Regum administrativ vereinigt wurden, daß auch das sogenannte Bergische Vermächtnis dem Lehrerinnengehalt zugelegt wurde. Die Ernennungen zu allen diesen Stellen sind stets vom Stadtvorstand ausgegangen.
    Die Stadt Rüden hat drei Elementarschulen, eine Rektor-, eine Konrektor- und eine Mädchen-Schule, von denen in neuerer Zeit die beiden ersten durch Schulvikarien bedient werden, die letztere aber jüngeren Alters ist.

    Die geschichte des Rüdener Schulwesens, die übrigens nur sehr fragmentarisch sein kann, müßte im hohen Altertum beginnen. Denn schon im Jahre 1322 hatte Rüden seine eigene Schule, die von einem eigenen Magister gehalten wurde. Dies wissen wir aus einer Urkunde vom 31. August 1322, worin Gertrud, Witwe von Johann Struck, eine von Siegfried, des Johann Voge Sohn, Rüdener Bürger, gekaufte Jahrrente von 3 Schillinge (wie sie in Rüden gültig sind: denariorum apud nos legalium et bonorum dem Pfarrer der Kirchen St. Joannis et Nicolai, dessen Kapellanen, dem Magister und Scholaren zu Rüden schenkt. Es sollen dafür zwei Jahrgedächtnisse gehalten werden; für jedes sind 18 Denare, die Hälfte der Rente, ausgesetzt.

    Der Küster hat die Verteilung. 2 Denare sind bestimmt für 4 Weissbrote (cunei; sie hatten wohl eine keilförmige Gestalt), 1 für Bier, 4 für Käse. Diese Präbende soll der Küster beim Eingang der Messe auf den Altar legen. Beim Offertorium bringt er einen Denar zum Opfer und einen für Licht. Nach dem Ausgang der Messe gibt er jedem der zwei Kapellane zwei Denare, zwei dem Magister und zwei den Scholaren; den letzten Denar behält der Küster für seine Bemühungen.

    Die Urkunde ist in Wigand's Archiv IV. Bd. 3 Heft S. 312 und Seibertz Urkundenb. II Bd. S. 177. Hierauf fehlen uns alle andere Nachrichten. Jedoch geschieht auch schon im Art. 58 des Rüdener Stadtrechts der Papen und Scolere Erwähnung. Da aber das Alter jenes Artikels nicht bekannt ist, so läßt sich auch nicht angeben, ob dieses wirklich die erste Bedeutung einer Schule ist. In der Stiftungsurkunde der Vic. trium Regum von 1454 wird auch der Rector Scholarum cum Scholaribus genannt.

    In der ältesten Stadtsrechnung heißt der Schulvorsteher schon Rektor. Nach derselben hatte er 30 Tlr. Besoldung, 6 Müdde Roggen und 6 Müdde Gerste, in Summa 47 Tlr. 2 Deut. Dann heißt es ferner

    Zachariä des Scholmeisters Besoldung 14 Tlr.

    Also war im 16. Jahrhundert neben dem Rektor noch ein Schulmeister. 1685 kommt vor Dr. Conradus Cöllen scholarum Ruthenae Rector.

    In der Rechnung von 1687 heißt es unter "Besoldung":

    Rectori Scholarum Herrn Gerhardt Roderi ohne hauß, wießen, und kampff ahm hunnigs, undt dabei von Gehl. Lopenboer legirten Sechs gr. Landtz zur halbscheidt - 35 Thlr.
    Conrectori Hermanno Kosters ohne wießen, gahrt undt vorigen Landt zur Halbscheidt zugelegt auff gewiße maeß - 23 Thlr.
    Der Schulmeisterichenen Catharinen Benefeldt War diese eine Nonne des Rüdener Klosters? War es eine zeitweilige Privatlehrerin? Hat das Kloster erst später den Schulunterricht erteilt? Wir wissen es nicht. wegen dieß Jahr gehaltener Magdtenßschule - 10 Thlr.
    Außerordentliche Einnahmen fielen bei gottesdienstlichen Gelegenheiten zu.

    1692 findet sich Heinrich von Soist rector Scholarum. In der Rechnung von 1733 kommt mit derselben Besoldung, Dienstwohnung usw. vor der Rector Scholarum Herr Johann Peter Bender, der Conrector und die Schulmeisterinnen deren jede 5 Tlr. bekommt, Summa 10 Tlr. Es waren damals also zwei Lehrerinnen. Über Schulprüfungen heißt es in derselben Rechnung von 1733: Nach gehaltenem Examen der Jugend haben die Hrn. B.M. als Schulherrn und Hrn. Geistlichen undt Ludi Magistri ahn Bier verthaen ad 24 Gr. - Für Bücher, Billder und Rosenkränze, so auf den Schohlen unter die Jugendt aufgetheilet worden bezahlet 3 Thlr. 21 Gr.

    Im Jahre 1803 kommt in den Rechnungen noch der Rektor, wie oben besoldet, vor, der Konrektor mit 30 Thlr. 18 Gr., die Junfer Lehrerin mit 50 Thlr. Es waren weltliche Lehrer, bis 1796 die rektor- und Konrektorstelle von den beiden Geistlichen der Vikaria St. III. Regum auf Befehl des Erzbischofs Max versehen wurden.

    Nach dem Stadtetat von 1830 steht unter Einnahme: 32 Thlr. 29 Sgr, an Schulgeld für den Rektor, 56 Thlr. 9 Sgr. 6 Pf. für den Konrektor und 73 Thlr. 3 Sgr. 11 Pf. für die Lehrerin, und unter der Kommunalausgabe für den Rektor 26 Thlr. 27 Sgr. 9 Pf., für den Konrektor 23 Thlr. 24 Sgr. 11 Pf., für die Lehrerin etwas über 10 Thlr.



    (§.200.)
  2. Das Gymnasium
    Wir haben schon bei der Geschichte des Kapuziner-Klosters erzählt, wie mit dem nach Rüden übergesiedelten Minoritenkonvent von Brilon auch das dort seit der Hälfte des 17. Jahrhunderts bestanden Gymnasium mit nach Rüden überging. Dieses Gymnasium in Rüden bestand nicht nur von 1804 bis 1808, bis zur Aufhebung des Convents, sondern überlebtedieses noch einige Jahre.

    Nur ein Lehrer der Anstalt (die Lehrer hießen damals alle Professoren) war Mitglied des früheren Klosters gewesen, nämlich Pater Antonius Cramer, der die beiden untersten Klassen "Infima" und "Secunda" hielt. Lehrer der dritten Klasse "Syntaxis" war Bernhard Schulte von Günne, (geb. 1779, studierte zu Essen, Arnsberg, Münster und Würzburg, wo er 1803 Priester wurde) zugleich Vikarius St. Annae zu Rüden seit 1802. Die zwei obersten Klassen "Poética" und "Rhetorica" hatte Franz Kösters, zugleich Vikarius SS. trium regum in Rüden.

    Mit dem Abgang der einzelnen Lehrer starb auch die Anstalt allmählich ab. 1810 wurde Professor Kösters Stiftspfarrer in Geseke (†1819 daselbst). Professor Schulte mußte einige Zeit darauf eine Lehrerstelle am Gymnasium zu Arnsberg versehen (1809), zog sich dann als Stationator in Himmelpforten unter die Seinigen zurück, ward 1812 Pfarrer zu Altenrüden bis 1824 und endlich Pfarrer zu Mülheim, wo er 1825 starb. Der einzige Pater Cramer setzte nun noch den Unterricht bis 1812 fort, da er Pfarrer in Winterberg wurde, woselbst er auch gestorben ist.

    Über das Verhältnis des Gymnasiums zu Rüden zur damaligen Regierung, wissen wir nichts, als daß Seibertz (Westfälische Beiträge Bd. II. Seite 448 bemerkt: es sei 1804 durch die Hessische Regierung eingerichtet. Die Bemerkung aber, daß es durch die Verfügung vom 4. August 1804 wieder eingezogen sei, dürfte auf einem Irrtum beruhen, da die Anstalt Auch in dem Hessischen Staatskalender von 1806 ist das Gymnasium zu Rüden aufgeführt. noch später durch gedruckte Programme ihr Dasein öffentlich documentirte. Es liegen uns deren zwei vor:

    1. Öffentliche Prüfung der Studenten auf dem Gymnasium zu Rüthen, über die hierin angezeigten Wissenschaften den 4. und 5. September 1805. Arnsberg, gedruckt bei F. Herken.

      Zuerst steht das Verzeichnis der Schüler. In V. Klasse waren 4, darunter einer aus Rüden, und Franz Drepper aus Melrich (jetzt der Hochw. Diözesanbischof); in III. 9, darunter 5 aus Rüden (namentlich Joseph Fisch, jetzt Professor zu Arnsberg); in II. 3 (keiner aus Rüden); in I. 8, darunter 3 aus Rüden, im Ganzen 23 Schüler. - Die Unterrichtsgegenstände waren

      • Religionslehre
      • Geschichte (d.i. Jüdische für I)
      • Geschichte der Griechen (II)
      • Geschichte der Römer (III)
      • Geschichte der Deutschen (V)
      • Geographie
      • Sprachlehre (in I. und II. Corn Nepos und Sallustius; in III. Ovid; in V. Poesie und Redekunst, Horat., Ciccr. Orationes)
      • Mathematik (Arithmetik, Algebra, Binomium, Gleichungen, Potenzen, Proportionen, Geometrie, Kreisberechnung, Planimetrie, Stereometrie)
      • Seelenlehre (Denkkraft)
      • Gefühle
      • Naturgeschichte

    2. Verzeichnis der Gegenstände, worüber die Studenten zu Rüden am 6. Sept. 1808 geprüft werden. Ebendaselbst.

      • Moral und Religionslehre
      • Seelenlehre
      • Sprachlehre (Corn. Nepos und Salust.
      • Poesie (Virgil., Horatius)
      • Geschichte der Griechen
      • Geschichte der Deutschen
      • Geopgraphie
      • Mathematik (Arithmetik, Algebra, Progressionen, Logarithmen, Geometrie, Körper, Trigonometrie

    Man sieht hieraus, daß das Gymnasium wirklich Etwas geleistet hat, trotz seiner geringen Kräfte.

B. Studienstiftungen

(§.201.)

Für Rüdener Bürgersöhne Eine auffallend bedeutende Zahl von jungen Rüdenern hat sich von jeher dem Studium der Theologie gewidmet. schafften mehrere Studienstiftungen eine Erleichterung in ihrer wissenschaftlichen Ausbildung. Wir nennen:

  1. Fundatio Attendariensis,
    gestiftet am 26. Juli 1597 bei dem Laurentiner Gymnasium zu Köln von Maria Huppertz von Attendorn für einen von ihrer Nichte Elsgen van Cölln und ihrem Neffen Anton van Cöllen, beide zu Rüden wohnhaft, abstammenden Studenten; bei Abgang der Verwandten soll das Geschlecht der Clermans zu Achen und in deren Ermangelung Gebürtige aus Rüden, und nach diesen Gebürtige aus Achen aufgenommen werden. Sie beträgt jährlich 14 Thlr.


  2. Fundatio Pape,
    gestiftet den 29. April 1577 von Beda Pape, Canonicus zu St. Hereon, Schwestersohn des Conrad Orth ab Hagen, in dem Montaner Gymnasium zu Cöln für zwei Studenten aus seiner Familie, mit etwa 70 Thlr. jährlichen Einkünften


  3. Fundatio Orth ab Hagen,
    gestiftet von Conrad Orth ab Hagen, Canonicus zu Cöln, am 8. Juli 1575 für Studierende aus seiner oder seines Bruders Bernhard ab Hagen katholischer Verwandschaft. Aus derselben können 12 an der Zahl sich den Gymnasial- oder Universitäts-Studien widmen oder ein ehrbares Gewerbe lernen, auch Mädchen, wenn sie heiraten oder den Klosterstand wählen, anständig ausgesteuert werden, wie dieses Alles die Testaments-Exekutoren durch eine besondere Urk. d. d. Cöln 28. Oct. 1594 weitläufig angeordnet haben. Die jährlichen Einkünfte der Fundation betragen jetzt ungefähr 2100 Thlr. Diese, so wie die anderen Fundationen stehen unter dem Verwaltungsrat in Cöln. Viele Rüdener Familien sind zu denselben berechtigt. Aus diesem Grunde soll die gedachte Urkunde im Anhang mitgeteilt werden.


  4. Coppenradt'sche Stiftung
    Diese Fundation für Rüdener Studierende war ursprünglich sehr bedeutend, gestiftet von Jodocus Coppenradt aus Rüden, Stiftspastor in Geseke, am 24. Sept. 1683. Die Kapitalien sind nach einer Übereinkunft vom 7. November 1708 zwischen dem Magistrat und den Erben Coppenradt, unter Zustimmung des Ezbischöflich Kölnischen General-Vikariats d. d. Cöln, den 25. Jan. 1709 auf 500 Thlr. festgesetzt, deren Zinsen 20 Jahr aufgelegt und mit den Kapitalien des Armenfonds verbunden sind, so daß nunmehr jährlich die Zinsen von 1000 Taler an die Studierenden vom Pfarrer und Magistrat in Rüden verteilt werden.

Außerdem bestehen für einzelne Familien in Rüden mehrere besondere Stiftungen, von denen in der Familiengeschichte §.44. S.68 ff. die Rede war.

C. Die Schriftsteller Rüdens

(§.202.)

Über die aus Rüden gebürtigen und dort angesessenen Schriftsteller und Gelehrten können wir uns ganz auf Seibertz' Nachrichten über die Schriftsteller des Herzogtums Westfalen in dessen Westfälischen Beiträgen zur Deutschen Geschichte - I. und II. Bd. Darmstadt 1819 und 1823 beziehen. Es gehören hierher:





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