Inhalts-
verzeichnis

Sie sind hier: www.familie-von-rueden.de ::: Geschichte der Stadt Rüden ::: Band 4 - Abschnitt 1 - Kapitel 1





Band 4

GESCHICHTE DER MERKWÜRDIGEN RÜDENER GESCHLECHTER

1. Abschnitt - Geschichte der auf Rüden Bezug habenden adeligen Geschlechter, besonders der Burgmannsfamilien

Kapitel 1

Zur Geschichte dieser Geschlechter im Allgmeinen

(§.211.)

Wenn wir eine eigentliche Geschichte, nicht ein bloßes Verzeichnis der adligen Geschlechter Rüdens geben wollen, so wird es vorerst notwendig sein, uns nach einem leitenden Grundsatz umzusehen, nach dem dieselbe abzuhandeln sein wird. Der Geschlechter, die hierher gehören, sind aber so viele, daß man verschiedene Grundsätze aufstellen könnte.

  1. Eine "chronologische Anordnung", je nach der Zeit des Vorkommens, würde eine bloß zufällige sein, und auch erst dann möglich, wenn vollständigere Nachrichten vorlägen. Wir bemerken nur, daß die ältesten der Rüdener Familien, die der von Bruerdinghausen, von Miste, von Kneblinghausen und von Rüden, schon zwischen 1190 und 1200 urkundlich vorkommen. Im 13. Jahrhundert kommen die von Rüdenberg, Sneverdinghausen, Visbecke, Hüsten, Hemerde, Wolkeringhausen vor. Im 14. Jahrhundert ist der Glanzpunkt Rüdens in Bezug auf die zahlreichen adligen Geschlechter. Es kommen wohl alle in der folgenden Darstellung abgehandelten Familien damals vor. Vom 15. Jahrhundert ab vermindern sich schon dieselben augenfällig immer mehr, bis sie im 17. ganz verschwinden und nur das eine oder andere das 18. erreicht hat.


  2. Eine "Einteilung nach dem Range, dem Amte und den Stufen der Ritterschaft" ließe sich ebenfalls füglich mit dem Rüdener Adel vornehmen, denn auch in dieser Hinsicht finden sich Anhaltspunkte genug. Was den Rang betrifft, so kennt die Rüdener Geschichte, sei es als Lehnsherren oder als Burgmänner oder bloß als Begüterte:

    1. Grafen
      1. v. Arnsberg
      2. v. Waldeck
      3. v. Lippe

    2. Dynasten (nobiles, Edle)
      1. v. Büern
      2. v. Padberg
      3. v. Grafschaft
      4. v. Rüdenberg
      5. v. Volmestein

    3. und sehr viele Ritter

  3. Was das Amt betrifft, so kommen unter den Rüdener Edlen vor:

    1. Marschälle
    2. Amtsdrosten
    3. Richter und besonders
    4. Magistratspersonen

    Die in Rüden begüterten Familien v. Gaugreben, v. Grafschaft, v. Droste, Vogt zu Elspe haben von Ämtern ihre Namen. Die Stufen der Ritterschaft sind persönlich und waren wichtig bei der Kriegsdienst tuenden Burgmannschaft. Der bloße Knappe (famulus, meist des Ritters Sohn), mußte in der Linie kämpfen, der Ritter (miles) war zu Kommandostellen berechtigt. Im Zivildienst bereitete sich der Knappe durch Auskultieren zu den Stellen vor, die der Ritter schon bekleidete.

    Auch in Rüden gab es milites, Ritter und famuli, Knappen und zwar oft aus derselben Familie. Spezielles aber über die verschiedene Berechtigung derselben liegen in Bezug auf Rüden durchaus nicht vor. Aus der Urkunde bei Seibertz (Urk. B.II. S.103.) von 1312 ersehen wir deutlich, daß die Burgmannschaft (castrenses) zu Rüden aus Rittern (milites) und Knappen (famuli) bestand. Zu den ersteren gehörte Gerhard von Rüden, Friedrich von Sassendorf, Peter von Effeln und Wilhart von Holthausen; zu den letzteren Volland, Conrad Hettertart, Dethart von Anröchte.

    Nach einer ungedruckten Urkunde des Geseker Archivs vom 15. Juni 1315 gehörte zu den

    1. Rittern in Rüden:
      1. Gerhard von Rüden,
      2. Diedrich von Meschede,

    2. zu den Knappen
      1. Rabo v. Wegen
      2. Heinrich von Hemerde
      3. Gobelin v. Neuenheim
      4. Franko v. Warstein
      5. Johann Stöter

    Unter den Rittern von Allagen kommt 1330 Lübbert v. Allhagen ausdrücklich als famulus vor (Seib. Urk. Bd. II. S.239). Wieder andere Familien sind mehr für Patriziergeschlechter zu halten, die n früheren Zeiten meist an der Spitze der städtischen Verwaltung standen, von denen manche kaum zu den Rittergeschlechtern gezählt werden dürften.

    Andere kommen auch unter den Burgmännern vor. An der städtischen Verwaltung waren besonders beteiligt:

    • die von Uelde (1312 Gobelinus proconsul),
    • die Döbber (1315 Gobelinus proconsul),
    • die Ritter von Steine
    • die von Geseke
    • von Allagen (überhaupt eine Beamtenfamilie, derenerste Glieder Notarien waren),
    • besonders die von Loen, die seit dem Anfang des 14. bis ins 18. Jahrhundert im Rat waren,
    • die von Knebelinghausen,
    • die Ritter von Bruerdinghausen (Arnold 1220 proconsul)
    • von Effeln und,
    • von Drever,
    • von Brüninghausen (Detmar 1334 proconsul),
    • von Schneverdinghausen,
    • von Liet,
    • besonders die Familie Rebelung,
    • die Ritter von der Möhlen,
    • die von Nettlenstedde (1377 Friedrich proconsul)

    Unter den Richtern in Rüden nennen wir:

    • Hermann de Beffede - 1315
    • Fried. de Sassendorf - 1330
    • Joh. de Molendino - 1334
    • Fried. v. Heperen - 1393
    • usw. (siehe Anhang I.)

    Daß in Rüden unter den Geschlechtern und dem Rat eine bestimmte Rangordnung bei feierlichen Aufzügen stattfand, darüber hat uns Brandis eine interessante Nachricht erhalten. Er erzählt

    1350 habe eine Umziehung der Rüdischen Woldemeine statt gehabt und derselben hätten beigewohnt: Bartold von Büern, Marschall in Westfalen. Item der Rat. Item die Herren Herr Gerdt v. Rüden, Herr Fried. v. Sassendorf, Herr Willer v. Holtzhusen, Herr Diedrich v. Meschede, Herr Brunstein v. d. Möhlen, die Ritter.
    Item Burgmänner: Fried. von Meldrich, Gobbel vom Rödde, Henrich v. Hemmerde, Gert Karge. Item die "Eldestene": Albert de Düvel, Helmich von dem Röde, Sander von Hepern, Helmich v. Schneverdinkhusen, Tetzel Greve, Henning v. der Möhlen. Die Ältesten sind wohl die Consules.

    (§.212.)

    Nach dem Gesagten ergibt sich hauptsächlich die Einteilung der Geschlechter in diejenigen, welche den Festungsdienst in Rüden versahen (das sind die Burgmänner, Ministerialen) und in diejenigen, die zu ihrem Vergnügen freiwillig oder wegen ihrer Güter, oder des Schutzes wegen, in Rüden wohnten, oder auch nicht einmal ihren beständigen Wohnsitz, sondern nur Lehngüter dort besaßen.

    Uns interessiert natürlich besonders die erste Klasse, die der Dienstmannschaft. Von der Festung, dem castrum, hatte sie den Namen castrenses, castellani. Das castrum> wird 1220, also 20 Jahre nach Erbauung der Stadt, erwähnt, in welchem Jahre Erzbischof Engelbert der Heilige in demselben verweilte (Seib. Urk. B.I. S.207/208.)

    Als castrenses werden zuerst gegen 1275 erwähnt: Diedrich von Visbecke, Gottfried v. Rüdenberg, Gerhard v. Hemerde u.a. (Seib. B.I. S.455); 1312 castrenses (siehe oben), ebenso 1315; 1323 castellani in Ruden (Seib. B.II. S.196.) In dem 1323 geschlossenen Burgfrieden stehen die "ghemeine Borchman van Ruden" vor dem "Burghemeystere unde Rayt unde gehmeyne Burghere van Ruden", ebenso 1326, 1344 (Seib. B.II: S.187, 215, 334). 1366 heißen die Burgmänner armigeri (Bd. II. S.499.) 1335, 1370 kommt die Burg zu Rüden vor (Bd.II. S.257,575).

    Später hörten die Burgmannschaften der einzelnen Landesschlösser des Herzogtums Westfalen auf, einzelne geschlossene Korporationen für sich zu bilden, und machten die gesamte Ritterschaft der Lande des Marschallamts in Westfalen aus und trat als solche mit den Rüdenern 1437 in einen ewigen Bund, welcher 1463 als Erblandsvereinigung bestätigt und 1654 und noch 1784 erneuert wurde. Eine Rüdener Burgmannschaft kennt man seit jenem Zeitpunkt nicht mehr.

    Die nicht ausgestorbenen Geschlechter derselben gehörten nunmehr zum Stand der Westfälischen Ritterschaft, die in den Urkunden (bei Kleinsorgen, Cosmann, Sommer in bekannten Werken) vor den Städten genannt wird.



  4. (§.213.)

    Es sei uns erlaubt, hier eine Übersicht der Westfälischen Burgmannschaften überhaupt zu geben, da dieselben Geschlechter oft an verschiedenen Orten gegen Burgmannslehne die Besatzung der Landesfestungen ausmachten. Das Folgende ist also zu betrachten als ein ergänzender Beitrag zu der Geschichte der Rüdener Burgmannschaften. Die in Sperrschrift genannten Familien kommen auch in Rüden vor:

    • Die Burg Hovestadt
      Burgmannsgeschlechter: v. Wulf, v. Vorsheim,v. Keteler,v. Plettenberg, v. Yeschen, v. Zorck, v. Aldendorpp, v. Balke, v. Vyncke, v.Rodenberg, v. Warstein, v. Langenstraße,v. Soendag, v. Hasne, v.Honroyde


    • Werl
      Burgmänner auf dem alten Kaiserlichen Palatium: Fürstenberg, v. Berchem, v. Schafhausen, Lappe, Korte, v. Büderich, Rost, v. d. Rykenberge, Osthoff, Keye, Pryns, Ostinchusen, Brulle, Uflen; alle Ritter.


    • Soest
      Burgmänner, Ritter: Uflen, Tünen (Ostönne), Roest (Neheim), Blomendahl (bei Soest), Vlerke (Flerke, Dorf), Holthumb, Andopen (Ampen), Schaphusen, dey Schrivern, Bodericke (Büderich), Korte (Büderich), Probstingk, Borbone (bei Uffeln), herikhof, Berdnick, Höllinghoffen, Prosekese, Lappe, Vorstenberge, Plettenbracht,Osthoff, Berchem, Ense, v. d. Richenberge, Brulle, Schade, Rinckenberge, Keygen, Prins (Büderich), Ostinghusen, Broel, Wulf (von 1326-1465).


    • Hamm
      Burgmänner um 1419: von dem Rodenberge, Bognen, Höveln, Lappe von der Rühs, Schmelinck, Zork, Vollenspiet, Pentlink, Westwick, Schwansbel, Graes, Raffau, Andopen, Bogge, Bodgemann, Byginchove, Fridag, Galen, Haren, Hacke, Harmen, Heringen, Lere oder Lore, Lynden, Leite, Neheim, Platen, von der Reck, Rüden, Sprenge, Vaerste, Brecht, Brüninghausen, Vellmede, Büttel, Berschword, Deithard, Drove, Everschwein,Hemmerde (oder H in der Mark), Knippinck, Lemgo, von der Osten, Pill, Pfreund, Riesink, Ruke, Rodingh, Westerwinkel, Westhoven, Riggenbrügge, Heringen, Voß, Brisendorp, Wallrabe, Werne, Mülhorst, Reischer, Schweve, Mostert; alle Ritter.


    • Mark
      Burgmänner: v. Galen (Burggraf), von Ronkenrode, de Dulberg nobilis, de Herne, de Bugge, de Didinghoven, de Dyncker, de Hoinen, de Huvele, de Wickede, de Hesne, Derne, de Herborne, Volenspit, Harme, Schnep, Vorsheim.


    • Volmestein
      Burgmänner, Ritter: Alten, Kortze, Huysmann, Bytnichove gen. Schefe, Legtene, Brydagh, Harftnecge, Zobbe, v. d. Recke, Schilling, Mostart.


    • Die Burgen 3-6 gehören dem Grafen von der Mark

    • Arnsberg
      Burgmänner des Grafen: de Hagnen, Risde, Hüsten, Ense, Wessler, Schürmann, Quaterland


    • Eversberg
      Burgmänner des Grafen von Arnsberg: Meschede, Beringhausen.


    Andere Kölnische Burgen waren noch zu:

    • Wulfhagen
    • Hallenberg (v. Dedinghausen)
    • Schmalenberg
    • Hachen (v. Hüsten, Kettler)
    • Fürstenberg
    • Almen
    • Altenvils
    • Scharfenberg
    • Schnellenberg
    • Neheim (Schleper, Haken)
    • Kogelenberg (Raben von Papenheim, Mederike, Falkenstein, Brabeke, Eschenberg, Spiegel



    Der Bischof von Münster hatte Burgmänner zu:

    • Stromberg, nämlich: v. Stromberg, Burggrafen, später von Rüdenberg, von Ostenfelde, v. Batenhorst, v. Merveld, v. Walegarden, v. Hövel, v. Bockenvörde, v. Beveren, v. Senden, v. Wulfheim, Hundertmark, Lippe, Balke, Vinke, Voß, Aspelkampe, Nagel, Huernem
    • Nienburg
    • Vechte
    • Ahaus

    Die Edlen von der Lippe hatten ihre Kastrensen zu:

    • Detmold, schon 1350, nämlich die v. Burg oder Borch, v. Exterde, Schwarze
    • Lemgo (Donop, Kerssenbroich, Wülffen, Wendt)

    (§.214.)
  5. Eine vierte Einteilung der Rüdener Adligen könnte man "die geographische" nennen. Zunächst müßte man dann unterscheiden diejenigen Familien, welche in dem Rüdener Territorium selbst ihren Ursprung und Wohnsitz haben, d.i. einheimische; diejenigen, die aus der näheren Umgegend sind, und endlich diejenigen, die in entfernteren Gegenden Westfalens ursprünglich heimisch sind.

    Der Ursprung derjenigen ist am sichersten, deren Namen mit dem ihrer Heimat identisch ist. Nach diesem Gesichtspunkt würde man zuerst von den Rittern von Rüden, v. Bruerdinghausen, v. Schneverdinghausen, v. Hadverdinghausen, v. Miste, v. Hettertart, v. Karge, v. Hepern, v. Greven, Kahle, v. Loen, v. Rode, v. d. Möhlen, v. Liet, Revelung, v. Hemerde, v. Langenstraße, v. Drever usw., dann etwa von den v. Allagen, v. Anröchte, v. Melrich, v. Effeln, v. Uelde usw., und endlich von allen übrigen, als denen v. Grafschaft, v. Beringhausen, v. Droste, v. Elspe, v. Hüsten, v. Kettler, v. Meschede, v. Remblinghausen usw. usw handeln.


  6. (§.215.)
  7. Am wichtigsten scheint uns endlich "die geographisch-geschlechtliche Einteilung" zu sein. Eine solche aber ist noch zu wenig untersucht und vorbereitet worden, als daß sie an diesem Orte durchgeführt werden könnte, obgleich sie deshalb zu unserem Zwecke gehört, weil aus allen teilen Westfalens, ohne Ausnahme, gewisse Geschlechter ihren Sitz oder ihre Güter, sei es Allode oder Lehen, zu Rüden hatten.

    Wir haben von dem uralten Germanischen Geschlechtsverband schon oben gesprochen. Einiges Licht darüber wird vorläufig gewonnen, wenn man die etwaigen historischen Nachrichten über der Geschlechter gemeinsamen Ursprung, der auch zuweilen durch gleiche Namen und Titel bestätigt wird, zusammenhält mit dem gemeinsamen Wappen solcher Geschlechter, - wie denn beim polnischen Adel gerade das Wappen ein untrügliches Kennzeichen derjenigen Familien ist, die durch einen gemeinsamen Geschlechtsverband vereinigt waren. Die altpolnischen Einrichtungen gewähren auch sonst eine solche Analogie zu den Germanischen, daß wir sie auch in dem fraglichen Punkte zur Vergleichung ziehen dürfen.

    Für uns ist noch der Umstand besonders wichtig, wenn wir finden, daß solche Geschlechter noch dazu in ein und derselben Gegend ihren Stammsitz haben, durch deren Umgrenzung sogar die uralte Landeseinteilung in Gaue und Untergaue - deren Bewohner durch das GeschlechtsbandIn England gab es Maegthe, ein Land, welches die Genossen eines Geschlechtes oder Namens, eine Magenschaft, wie sie im Kriege zusammengefochten und erobert hatten, so im Frieden zusammen erhielten. Vgl. Kappenberg's Geschichte von England Bd. I. S.583. nach Tacitus auch eine Abteilung des Heerbannes bildeten - aufgehellet werden kann.


  8. (§.216.)

    Wir wollen den Geschlechtsverband oberflächlich darzutun versuchen, und die zur Rüdener Geschichte gehörigen Geschlechter durch Sperrschrift auszeichnen.

    Die Nobiles von Wittgenstein, Bilstein und Grafschaft führen dasselbe Wappen - zwei ablange Balken - betrachten sich in Urkunden als verwandtz.B. Urk. von 1328. Seib. Urk. Bd. II. S.230. Die Güter zu Berleburg gehörten sogar früher den von Grafschaft: a.a.O. Bd.I. S.589 usw. und sind Grenznachbarn. Diese Grafschaft (einst comitatus, d.i. Gefolgschaft) gab dem Hauptgeschlechte, den Nobiles von Grafschaft, den Namen. Die daran im Westen und Norden stoßenden Täler der Lenne und Bigge wurden von freien Leuten bewohnt, die unmittelbar unter dem Kaiser standen. Die dort wohnenden Geschlechter sind als kaiserliche Beamte anzusehen, als Verwalter und Richter der Reichsgüter, als Advocati oder Vögte.

    Elspe war ein kaiserlicher Haupthof, auf dem a. 1000 Otto III. sich aufhielt. Die Nachkommen der Verwalter desselben sind die edlen und mächtigen Vögte von Elspe. Der Bigge herauf kommen die Vögte von Helden (1629 Herbordus miles aduocatus de Heldene: Seibertz Urkunden B.I.S.431.), von Heggen (1338 Herm. advocat. de Heggen: Bd.II, S.274, 527), von Schnellenberg (deren Advocatie sich über Attendorn erstreckte, und denen das Vogthaus Selhaven gehört: Bd. II. S. 274.).

    Hieran schloß sich südlich im Amt Waldenburg das uralte Geschlecht der v. Plettenberg, das sich auch von Else aus der Lenne hinab ausdehnte. Hunold von Plettenberg besaß die Erbvogtei Plettenberg, die er 1296 nebst dem Schloß Wildenberg an Engelbert von Altena verkaufte. (Magazin für Westfalen. Dortmund, 1799. 2. Bd. S. 301 und 308).

    Die von Plettenberg führen auch mit allen ihren Nachbarn, denen von Elspe, dasselbe Wappen, nämlich den Gold und blau oder silber und blau geteilten Schild. Daß auch das Amt Plettenberg aus freigütern bestand, sowie die benachbarten Märkischen Ämter, wird in der ebengenannten Stelle des Magazins dargetan.

    Auch die Ritter von Holdinghausen gehören in diesen großen Vogtbezirk und hatten die Advocatie über Gerlingen (Kirchspiel Menden, a.a.O. II. S.124.) Sie führten auch den gold und blau geteilten Schild, nur mit einem roten Pfahl als Abzeichen in der goldenen Hälfte.

    In der Nähe von Attendorn ist auch der Haupthof Bredenole zu suchen, von dem die gleichnamigen Ritter entsprossen, die mit den Plettenbergen und Elspen denselben Wappenschild führten. (Siehe Seibertz Urkundenb. Bd. II. S. 308) Sie sind mit den Edlen von Rüdenberg verwandt, welche letztere im Waldenburgischen reich begütert waren und an der Lenne Freigrafschaften besaßen. Wenn dieses bezeichnete Westfälische Vogtland etwa dem Dekanant Attendorn entsprochen hätte, würde es etwa noch die Täler der Hönne, Sorpe und Röhre nach Norden hin bis zur Ruhr umfasst haben, in welcher Gegend der alte Lüerwald sich befindet, dem das Geschlecht der v. Lüerwald entsprossen, das ebenfalls den geteilten Schild mit einigen besonderen Einzeichen führt.

    Auch die Ritter gt. Schürmann in Neheim haben den der Länge nach geteilten Schild, mit einem Turnierkragen als Abzeichen. Auch die v. Wrede sind hier in der Gegend heimisch, die auf dem gespaltenen Schild einen Kranz führen. Auch Menden selbst war eine Vogtei, welche der Graf von Arnsberg den Edlen von Rüdenberg übertragen hatte. Auch war dort der alte Graf von Frönsbert ein mächtiger Vogt von Oelinghausen.

    Dort, wo das Land der Edlen von Grafschaft mit dem gebiet der Vögte bei Elspe zusammenstößt, scheint etwa in dem Bezirk des jetzigen Patrimonialgerichts Oedingen ein altes Dynasten-Ländchen bestanden zu haben. Dort wohnte das uralte Geschlecht der v. Oedingen (Diedrich von Oedingen lebte schon 1202)- Diedrich war ein Advocati vom Kloster Oedingen (Seibertz Urk. B.I. S.181.), und einer seiner Nachfolger nannte sich uir nobilis de Oedingen (a.a.O. Seite 505). Der Ursprung ist dunkel, aber es mag sich der ursprüngliche Unter-Klostervogt auf Kosten der Kirche, wie dies so sehr oft geschah, bereichert haben. Schon 1179 kommt der Oedinger Untervogt Pilgrim vom.

    Übrigens gab es in de bezeichneten Gegend noch ein altes, wenn auch kleines, Dynasten-Geschlecht, das von einem Haupthof, der in der Pfarrei Helden lag, dann aber zur Pfarrei Elspe gehört zu haben scheint und noch später eine eigene Pfarrei, nämlich Förde, bildete, den Namen hatte. Der Hof hieß Gevoyre, Voeren; das Geschlecht de uore, de gevore, geuore von dem der Dynast Heinrich schon 1173 vorkommt. Die Güter besaßen später die Vögte von Helden (s. Seibertz Urk. Bd.I. S.601.) Der Oedinger Haupthof geueren war davon verschieden und lag bei Balve (a.a.O. S. 107.)

    Gehen wir wieter nach Norden, so finden wir im Gebiete der Wenne und Henne bis zur Ruhr hin eine Reihe von einheimischen Geschlechtern, deren Zeichen in einem Sparren besteht. Wo der Bezirk der Sparren mit dem des lang geteilten Schildes grenzt, läßt sich nicht genau bestimmen, da beide in einander übergehen und vielfache Beziehungen zwischen beiden obwalten.

    Die von Meschede, von Wenne, deren Nachfolger von Rump und die jetzigen Besitzer des Guts Wenne, von Weichs führen einen Sparren; die von Eslohe haben deren drei.

    Zwischen den Stiftern zu Meschede und Oedingen bestand immer ein inniger Zusammenhang; sie hatten denselben Obervogt im Grafen von Arnsberg (1220 war Untervogt in Meschede Gottfried Dynast von Munzun), und standen meist unter derselben Abtissin. Der Ritter Hunold von Oedingen war Droste des Stiftes Meschede (1231-1267). Die von Rump aber erschienen später als Erben und als Vögte in Oedingen. Aber trotzdem führten die von Oedingen noch den geteilten Schild wie die von Elspe, nur mit dem Unterschiede, daß sie einen Rosenkranz darüber setzten, genau wie die von Wrede, und die in Gesecke einheimischen Ritter Vals (vergl. Seibertz Urk. Bd.II. S.249.), wogegen die von Düdenscheid, d.i. Dünschede im Kirchspiel Helden, welche sich im Altertum Dusentschuren schrieben, ebenfalls den Sparren führen. An dieselben schließen sich in diesen gegenden zunächst die v. Stöter an, die ebenfalls mit dem Sparren siegelten und sich auch wohl Düdenscheid nannten.

    Die östlichen Nachbarn der genannten Geschlechter, unter denen die angesehene und reiche Familie von Beringhausen hervorragte, führen andere Wappen. Die von Beringhausen haben nämlich drei Hämmer, welche mit den drei Lanzenspitzen im Wappen der von Wendt, (Stavus, aus dem Lippeschen stammend und später in diesen Gegenden ansässig) große Ähnlichkeit haben. Sie standen in vielfacher beziehung mit den Vorigen.

    Die von Remblinghausen und von Söchtrophaben einen Vogel; die mit den von Meschede verwandten von Mülsborn haben ebenfalls ein von den ersteren verschiedenes Wappen.

    Dann folgen die Gegenden des oberen Ruhrlaufes, wo die Dynasten von Rüdenburg eine Grafschaft besaßen. Außerdem hatten an den Ruhrquellen die Herren von Gaugreben, die Erben der Güter und des Wappens der von Grafschaft, Besitzungen. Die ganze Gegend von der Henne bis zur Waldeckischen Grenze gehörte zum Dekanat Angrie, oder dem alten Engergau (worin Arnsberg, Meschede, Bödefeld namentlich genannt werden), der sich in den Engen des Ruhrtales herab erstreckte bis Arnsberg. Oedingen mit dem Wennetal gehörte zum Logdorfgau.

    Östlich an die genannte Grafschaft Rüdenberg (mit Eversberg und Velmede) bis nördlich an das Gebiet von Rüden, an die Herrschaft Büern, bis östlich in Waldeck hinein saßen die Geschlechter, die mit den Herrn von Padberg eines Stammes waren. Ihr gemeinsames Wappen waren die sogenannten Padberger Wolken. Dazu gehörten außer der Herrschaft Padberg die von Scharfenberg und die von Adorf in Waldeck (siehe Seibertz Urk. Bd.II. S.224.).

    Dazwischen wohnten freilich wieder andere unbedeutendere Geschlechter, als die von Brilon und die von Thülen, die beide Rosenzweige im Siegel hatten. Die von Hottope, Nehen, Wülfte, Almen hatten andere Wappen. An die Padberger schlossen sich die Raben zu Papenheim, Kegelnberg und Kanstein an.

    Der Ruhr wieder herab gelangen wir zum Arnsberger Adler, der neben dem Rüdenberger Hunde horstete, und den über den Arnsberg Wald hinaus auch die edlen Vögte von Soest (die dortige Vogtei gehörte einst dem Grafen) über zwei Schwertern führten, und der sich von da nach Osten im Siegel der von Anröchte und von Rüden (wohl als Arnsberger Vasallen) verfolgen läßt (siehe Seibertz Urk. Bd.II. S. 46,47).

    Auch der unterhalb des Adlers vorkommende Kesselhaken der von Hüsten und von Kettler findet sich wieder in den Haargegenden, bei den FamilienAm angeführten Orte wird auch das gleiche Wappen der von Sassendorf und Völlinghausen - Mühlrad - erwähnt. Die Schlingworm waren mit den Kettlern dieselbe Familie. Auch die Familie Kerl hatte den Kesselhaken, die in Herhagen vorkommt: a.a.O. 344. - Ferner führte dasselbe Zeichen die v. Habel von Melrich und von Waltringhausen.

    Noch weiter nach Westen zwischen Ruhr und Lippe stoßen wir auf die Stammverwandten Dynastengeschlechter Ardey, Rüdenberg und Mark. Das Ardeyer Wappen hat Ähnlichkeit mit den drei Kleeblättern der Dynasten von Volmestein, mit den Kleeblättern der dort ngesessenen Ritter von Rodenberg (jetzt Romberg), und er Ritter von Altena (siehe Kindlinger's Bd. III. Urk.485).

    Im Norden schließen den Mittelpunkt Rüden ein die edlen Soester Geschlechter bis Erwitte hin, und neben diesen die Dynasten und edlen Herrn von Störmede und von Lippe, beide vielleicht Nachkömmlinge der Haholde, beide die fünfblättrige Rose im Wappen führend, beide sich schreibend de Lippia. (1223 Dominus Hermannus de Lippia et Reinherus de Stormethe nobiles: bei Kindlinger M.B. Urk.III. S. 154; Dominus Albertus de Stormede: Seibertz Urk. Bd.I. S.478.; Albertus de Lippia: Falke T.C. p.314 usw.). Die Erb- und Wappen-Nachfolger der von Störmede sind die von Hörde. Zwischen diesen und dem Bereich der Padberger schlossen die Edlen von Büern den Kreis.

    Die Namen und Wappen aller dieser Geschlechter sind natürlich späteren Ursprungs, aber in dem Gesagten sind Reste einer altgermanischen Stammeseinteilung zu erkennen. Andere kleinere Geschlechter und namenlose Frei wohnten dazwischen und die später entstandenen Stadtgemeinden zersplitterten die älteste Grundeinteilung.

    (§.217.)

    Das im vorigen § Mitgeteilte soll bloß eine Andeutung sein zu einer Untersuchung, die anderswo ausgeführt zu werden verdient. Nur wollen wir im Auszuge den Gang einer Untersuchung mitteilen, die wir über einige Geschlechter angestellt haben, die mit den vornehmsten der Rüdener in nächster Verbindung stehen und zu den ältesten des Landes gehören. Freilich soll hier das Resultat unserer Untersuchung vorerst nur als Hypothese gelten, die die Zukunft bestätigen oder widerlegen mag. Den sicheren Beweis getrauen wir uns nocht nicht zu liefern.

    Wir meinen die ältesten Soester Familien, die in den ältesten westfälischen Urkunden, über Soest namentlich, vorkommen. Der Kürze wegen geben wir ein und für alle Mal hier die Quellen an, nämlich die in Seibertz Urkundenbuche, in Kindlinger's Volmestein'scher Geschichte und dessen Münster'schen Beiträgen abgedruckten Urkunden. Hinzu fügen wir den Beitrag zur Geschichte von Soest von Vorwerck im Programm des Gymnasiums zu Soest von 1844.

    (§.218.)
    1. Die Soester Schulten (Sculteti Villici)

      1. 1119 - Tiemo
      2. 1141 - Marsilius
      3. 1166 - Hildegerus
      4. 1140-1202 - Heremannus
      5. 1217-1225 - Gerardus
      6. 1250-1299 - Henricus
      7. 1302 - Hunold von Plettenberg
      8. 1338 - Heinrich v. Lewenberg

    2. Die Schulten waren Beamte, das Schultenamt ein wirkliches Amt usw., wie dieses eine bekannte Sache ist.


    3. Verwandtschaftsverhältnis dieser Schulten.
      Daß das Schultenamt in den Nachkommen Tiemo's erblich gewesen, ist eine Vermutung, worauf das beständige Vorkommen der Namen der Schulten in einer bestimmten Ordnung in den Urkunden schon hinzudeuten scheint. Dazu kommt, daß gewisse Namen der Schulten und deren verwandten immer wiederkehren und den Familienzusammenhang zu vermitteln scheinen, als: Tiemo, RegenbodoDen Namen Regenbodo haben wir überhaupt nur in Soest gefunden. So noch 1310 bei Seibertz Urkundenb. Bd.II. S.54., Hildigerus, Brunstenus.

      Daß aber die sub d. bis g. genannten Schulten zu einer Familie gehörten, steht fest. - Zur Erläuterung fügen wir an, daß

      • Tiemo's Bruder urkundlich Regenbodo hieß,
      • daß ein Regenbodo und ein Marsilius Söhne des Marsilius waren,
      • daß wiederum ein Regenbodo mit einem gleichnamigen Sohne vorkommt usw.

      Hildiger kommt aber so fest stehend in sehr vielen Urkunden in unmittelbarster Verbindung mit einem Tiemo (und auch mit Brunstein) vor, daß wir ein sehr nahes Verwandtschaftverhältnis kaum bezweifeln dürfen. Die auf genau geprüfte Kombinationen, deren Detail wir hier nicht mitteilen dürfen, und urkundliche Belege beruhende Stammtafel dieser ältesten Schultenfamilie teilen wir unten mit zur ferneren Prüfung.

      Was den vierten Schulten Hermann betrifft, so haben wir darüber sichere Kunde. Er gehörte zu der Familie der advocati in Soest. Sein Bruder war der kölnische Advocat HermannDer Bernhardus Coloniensis Advocatus et Frater ejus Hermannus in der Urkunde von 1177 in Kindlinger's Gesch. von Volmestein Bd.II S.33. scheint Gerhardus heißen zu müüsen. (gerhardus aduocatus Coloniensis et Hermannus frater ejus villicus Susaciensis: Seibertz Bd.I. S.112ff.).

      Wie und ob Hermann aber mit den vorigen Schulten zusammenhängt, läßt sich nicht dartun. Für eine Verwandtschaft mit den Timonen läßt sich Nichts anführen, als der allgemeine Schluß von der vorher mutmaßlich und nachher sicher stattfindenden Erblichkeit der Würde und das öftere Vorkommen Hermanns mit einem Timo, Hildiger und Brunstein.

      Hermanns Söhne sind urkundlich Albertus, Herimannus, ebenfalls villicus, und Goswinus, ebenfalls villicus, wie aus vielen Stellen hervorgeht (z.B. Seibertz Bd.I. S.140, 142, 148, 152, 156, 190, 216 usw.). Goswin's Sohn aber ist der Schulte Heinrich (a.a.O. S.263), seine Brüder Werner und Bertold S. 325). Siehe die Stammtafel B.

    4. Schulte oder Villicus als Familienname.
      Es scheint der Amtsname sogar bald Familienname geworden zu sein, was daraus zu folgern ist, daß mehrere Villici zugleich nebeneinander vorkommen. Die Urkunden liefern Beweise genug. So sind Timo, Marsilius und Hildegerus gleichzeitig villici; so werden 1256 erwähnt Henricus et Bertoldus fratres villici Susatenses (S.368.); 1191 plebanus (Pfarrer) Hilgerus Schultetus in Susato (also gewiß nur der Name); 1159 judex hildegerus uillicus. - Aus diesem Umstand folgt wiederum, daß die Villici in Soest zu einer Familie gehörten.

      In dieser angesehenen Familie vererbte sich sogar, wie es scheint, eine Zeitlang das Marschallamt Westfalens fort, wie schon oben §.135. gezeigt ist. Ebenso war es mit den Soester Richtern, von denen wir den Hildeger schon genannt haben, und des Villicus Hermann Sohn Albertus hier noch erwähnen, als judex 1227. Nach ihm waren Vater, Sohn und Enkel Richter in Soest (Rudolph, Robert, Menrich. Vgl. Vorwerk a.a.O. S.19)


    5. Die Ritter von Soest
      Daß die Ritter von Soest (milites susatenses, de Susato etc.) dieselbe Familie sind als die Villici, folgt so unwiderleglich aus den Urkunden, daß es keiner weiteren Erörterung bedarf. Man kann verfolgen, wie die Glieder dieser Familie bald ohne allen Zusatz, bald als Susatenses, de Susatia, bald ausdrücklich als milites de Susato vorkommen, bald noch einen besonderen Beinamen annehmen.

      So heißt unter andern der oben genannte Bertold gewöhnlich miles de Susato, Brunstein de Susatia, Goswin de Susato usw. usw. Besondere Beinamen sind Sconekint (für Brunstein), henrickik. Namentlich gehören die so oft vorkommenden Ritter Timo und Theodorich von Soest hierher, über welche Seibertz in der ersten Abteilung der Landes- und Rechtsgeschichte S.169ff. handelt, die aber nicht Söhne Heinrich II., Grafen von Arnsberg, waren, wie auch aus der dort angeführten Urkunde nicht hervorgeht. Denn nicht Gottfried von Arnsberg (dessen Bruder ja nicht den 2. Nov., sondern den 17. Sept. starb: a.a.O. S.254) war Theodorichs Onkel, sondern der Münster'sche Kanonich Gerlach.


    6. Ursprung der Schulten von Soest
      Aus dem Gesagten scheint hervorzugehen, daß die ältesten Schulten in Soest (die wir Timonen nennen wollen) mit den von Hermann Abstammenden desselben Ursprungs gewesen seien. Kommt ja doch in beiden Stämmen der Titel Schulte als Name vor, nennen sich doch aus beiden einzelne Glieder Ritter von Soest, sind doch aus beiden Soester Richter und auch Vögte gewesen (der obengenannte Theodorich war Vogt des Walburgisstiftes: a.a.O.)

      Näheres läßt sich vorerst nicht angeben, aber des Hermann Ursprung läßt sich weiter verfolgen. Er war nämlichdes Advokaten von Köln Gerhard Bruder. Gerhard selbst aber war nicht etwa Schirmherr von Soest, denn dieses Amt hatte der Edelherr (nobilis) Walther und seine Nachkommen. Diese hießen Advocati de Susato.

      Die Familie des Edelherrn Walter von Dülberg war wieder eine andere. Außer diesen und den Vögten von Köln gab es noch andere Vögte, nämlich Kirchenvögte, in Soest. Von allen diesen sind die mit dem Schulten Hermann verwandten Vögte leicht zu unterscheiden. Sie heißen beständig advocati de ColoniaDie Herren von Axe, oder Hochstaden, oder Nurberg führten als oberste Schirmherren von Köln, wie es scheint, den Titel nobiles comites de Colonia; unsere advocati de Colonia waren wohl, so lange jenes Grafengeschlecht blühte, nur dessen Stellvertreter, Vize- oder Unter-Vögte. Da in beiden Familien die, damals überhaupt so häufig vorkommenden, Namen Hermann und Gerard die gewöhnlichsten sind, so muß man sich vor Verwechselungen hüten; sie finden sich oft zugleich in derselben Urkunde. Schon 1050 heißt es: Gerardus Comes, Herimannus Comes, Herimannus advocatus; später 1195: Herimannus nobilis comes de Colonia et frater ejus Gerardus, vielleicht Nachkommen der ersteren, und gleichzeitig mit Herim. villic. et Gerard frater ejus; 1197 Gerardus de Nurenberg: da haben wir den Familiennamen, aber sicherer noch 1198: Gerardus comes de Are, daneben Herm. advocatus colon. - Die advoc. de colon. und villici de Susat, stehen übrigens in den älteren Urkunden immer gleich nach den comites und nobiles. Erst 1221 finden wir zwischen Herm. de Ruthenberg und Herm. villic. Susat, einen nobiles gestellt. (siehe Ledeburg's Allg. Archiv Bd.11. S.149 und 154, und 155, Bd.4. S. 127; Seibertz Urk. Bd.I. S.153 u. 216). Was hatten denn diese Vögte für eine Beziehung zu Soest?

      Es war diese Bezeichnung nichts, als ein von einem ursprünglichen Amte (der Schirmvogtei der Stadt Köln) entnommener erblicher Familienname, ähnlich dem Namen Vogt von Elspe.

      Außer einem Gerhard kommt in den Soester Urkunden oft ein Hermann als kölnischer Advokat vor, unter anderem 1163 Hermannus Coloniensis terre Advocatus in Sosatia, d.i. Vogt der Kölnischen Landschaft, sich zu Soest aufhaltend. Er ist von gleichzeitigen Kölnischen Kirchenvögten zu unterscheiden, als von Graf Hermann von Möllenark, gegen 1160 Vogt zu Siegberg und der größeren Kirche in Köln (der übrigens 1165 auch Hermann von Saphenberg - major. eccal. advoc. - genannt wird: Kindl. M.Beitr. Bd.II. Urk. S.198. Bd. III. S.60)

      Ein Gerhardus nun kommt als advocatus Coloniensis, Coloniae, de Colonia in Soester Urkunden zwischen 1166 und 1242 vor, und Hermannus advoc. Colon. zwischen 1144 und 1230. Diese Jahre müssen wir offenbar zwischen mehrere gleichnamigen Personen verteilen, so zwar, daß zuerst auf einen Hermann die Jahre von 1144-1165 zu rechnen sind, dann auf einen Gerhard 1166-1186, dann ein Hermann um 1230, dann ein Gerhard um 1242. Es ist kein Zweifel, daß wir hier Vater, Sohn, Enkel und Urenkel haben. Nach der Urkunde von Kindlinger's Volmest. Gesch. B.II. S.49. ist dieses Verhältnis zum Teil zu beweisen (Gerhardus advocatus Colon., Herm. filius ejus). Daß selbst die Abfolge dieses Stammes durch je einen Hermann und einen Gerhard noch höher hinauf ging, schließen wr aus der Urk. von 1119 (Seib. Urk. B.I.S.46.), wo Hermann mit seinem Sohn Gerhard an einer sprechenden Stelle vorkommt.


    7. Die Vögte von Köln

    8. Die Kölnische Vogtei war bekanntlich erblich in dem alten Grafengeschlecht der v. Are und Nuenare, von denen sie auf ihre weiblichen Sprossen, die Herrn von Alphen (Alpheim) kam, die sich Erbvögte von Köln nannten. Der Name von Alphen, der Titel Erbvogt zu Köln und das Wappen ererbte im 16. Jahrhundert durch eine Erbtochter Magdalena auf die Grafen von Bentheim. Zu dem Stamm der von Alphen nun gehörte unsere Soester Familie, die rheinischen Ursprungs, durch den häufigen Aufenthalt der Kölnischen Erzbischöfe nach Westfalen verpflanzt1073 schon wurden viele reiche Kölner Familien durch unruhige Auftritte zur Auswanderung gezwungen. sein können. So kommt 1147 in Soest Henricus de alpheim vor (Seib. Urk. B.I. S.63.; Kindl. B.III. S.60., B.II. S.89 usw.)

      (§.219.)
    9. Die Nachkommen der Soester Schultenfamilien.

      1. Die Ritter von Honrode
        Aus dem Timonenstamm der ersten Schulten haben wir schon die 1196 vorkommenden Gebrüder Thimo und Theodoricus erwähnt, die sich milites de Susato schrieben.

        Des ersteren Enkel Theodoricus, der sich noch 1254 miles dictus de Susato schrieb, führte sonst von einem bei Soest gelegenen Gut den Namen de Honrode oder miles de Honroth, als welcher er zwischen 1250 und 1253 vorkommt. Seine Nachfolger Thymo (1254-1272) und Theodoricus (1314-1351) schrieben sich nur noch de Honrode. Die Erben dieses Namens scheinen die in Rüden ansässigen Ritter von Ense gewesen zu sein (Seibertz Landes- und Rechtsgeschichte S.173.).


      2. Die Ritter von der Möhlen
        Eines der merkwürdigsten Rüdener Geschlechter, wegen dessen wir diese Untersuchung vornehmlich angestellt haben. In dem angeführten Programm hat Vorwerk fast bis zur Sicherheit dargetan, daß ein Nachkomme Brunstein's, der Schultenfamilie angehörig, mit Namen Hildegerus, den Zunamen de Molendino von der bei Soest besessenen Duvelmole angenommen habe, und daß von ihm die Familie von der Möhlen entsprossen. Wegen der Beweise verweisen wir auf die Abhandlung selbst. So hätten wir denn vielleicht den Ursprung eines einheimisch gewordenen, später bloß in Rüden ansässigen Geschlechts, zuletzt an den Ufern der Aar in grauer Vorzeit aufzusuchen; oder doch sicherer mit dem ältesten Soester Geschlecht in Verbindung zu bringen.


      3. Die Ritter von Wessler
        Ein (Soester Schulte) Hildiger hatte urkundlich zum Sohn: Henricus (1203: Seibertz a.a.O. S.161). 1221 kommen vor die Gebrüder Henricus und Regenbodo Ritter (ebendaselbst S.216.), welche wir für Hildigers Söhne halten. Diese Beiden dürfen vielleicht für die Stammväter der Ritter von Wessler gelten, denn 1204 kommt unter den Soester Herrn Regenbodo de Weslere (ebendaselbst S.166.), und 1221 auch Henricus de Weslere (Kindlinger Bd.III. S.151) vor.


      4. Die Ritter von Erwitte
        Der älteste uns bekannte Judex in Soest ist Hildegerus villicus (1159-1167: Seibertz a.a.O. S.81,); dann Albertus 1227 (siehe Vorwerk a.a.O. S.19), höchst wahrscheinlich der 1187 bis 11936 vorkommende Sohn des Schulten Hermann (Kindlinger Volm. Gesch. Urk. S.46.); dann Radolfus 1229; dann dessen Sohn Rubertus 1231 bis 1236; dann dessen Sohn Menricus 1250, die man für Alberts Nachkommen zu halten geneigt ist, und die auf diese Weise ebenfalls von der alten Advokatenfamilie abzuleiten wären.

        1185 aber kommt schon unter den Soester Herrn Rudolfus de Eruete vor, auch 1200 (mit seinem Sohn Rudolfus), 1202, 1210 usw. - 1225 erscheint ein Rudolfus de Eruethe als königlicher Richter in Volkelinchusen nahe bei Soest (Seibertz Urk. Bd.I. S.292.) - Die Ritter von Erwitte haben auch den Titel advocati wegen der Vogtei über Gesecke. Schon 1014 wurde diese Vogtei dem erzbischöflichen Vogte Tiemo übertragen (Seibertz a.a.O. S.25.), der vielleicht der Stammvater der Timonen ist.

        1178 kommt Euerhardus aduocatus de Susato vor (ebendas. S.105.), ebenso 1210. Er besaß einen Hof bei Erwitte zu Langeneicken. 1217, 1221 kommt unter den Soester Herrn ein Euerhardus mit dem Beinamen de Eruethe vor. Wir lernen ihn aus einer Urkunde von 1239 mit seiner Tochter Siracle und seinem Vetter Johannes von Erwitte näher kennen. Johannes aber kommt noch bis 1248 in Urkunden vor.

        Gleichzeitig aber 1254 war ein Johannes advocatus der alten Kirche in Soest (Seibertz a.a.O. S.354.), der Nachfolger seines Vetters Euerhardus sein mochte. Letzterer erscheint 1204 noch mit seinem Bruder Tidericus. Ein Zusammenhang der von Erwitte mit den Soester Familien scheint zu folgen; wie dieser aber gewesen, läßt sich kaum vermuten.

        Wenn wir eine Hypothese nur überhaupt wagen dürfen, so möchten wir den Albertus 1166 bis 1227 festhalten, der aber wegen der langen Lebenszeit in zwei Personen zerfallen könnte, wie denn auch auf unseren Everhart eine sehr lange Zeit fallen würde, die Jahre von 1178 bis 1239 (in Urkunden). Wenn wir auf der Stammtafel C. den Albertus zum Ahnherrn machen, so geschieht es bloß, um die Anfänge des Erwitter Geschlechts überhaupt mitzuteilen. Vidcant alii!


      5. Die Ritter von Wolf
        Des letzten Villicus Henricus (1250-1294) Schwiegersohn ist Bernhard Wolf und sein Enkel Heinrich Wolf. In den weiblichen Sprossen des uralten in Rüden begüterten Geschlechtes der von Wolf lebt bis auf den heutigen Tag der Stamm der Kölner Advokaten fort.


      6. Die von Soest,
        welche in der späteren Zeit in Rüden ansässig waren, sind zweifelsohne ein Geschlecht, das wie so viele andere, von seinem früheren Wohnorte den Familiennamen bekommen und mit den abgehandelten alten Familien in keiner Beziehung stand.


    10. Übereinstimmung in den Wappen
      Die Herren von Alphen führten einen silbernen Löwen im roten Feld. Der Schulte Heinrich von Soest hatte in einem Schild mit 6 Querbalken einen aufrecht stehenden Löwen (das Siegel der Erbvogtei hat 5 goldene Querfaden im roten Feld). Die von Erwitte hatten einen aufgerichteten Löwen im Schild. Hermann Wolf siegelte 1342 mit einem doppeltgeschwänzten, rechts zum Streit gerichteten, Löwen mit 3 Querbalken.

    (§.220.)

    Wir wählen zur Abhandlung über die Rüdener Geschlechter keinen von den besprochenen Gesichtspunkten, da zu unserem Zweck keine streng wissenschaftliche Anordnung Not tut. Die alphabetische Ordnung wird zur Bequemlichkeit des Nachschlagens noch die Beste sein, die wir daher auch befolgen werden.

    Was die Quellen und Hilfsmittel betrifft, so liegt uns Brandis Geschichte von Rüden in Abschrift vor, deren zweiter Teil "die Nachrichten über die edlen Geschlechter der Stadt" enthält. Es sind 60 Geschlechter abgehandelt und bei den meisten die Wappen beigezeichnet. Die Nachrichten sind äußerst kurz und dürftig, und wie es scheint, nur aus Rüdener Papieren zusammengetragen. Auch sind gewiß manche Geschlechter mit untergelaufen, die keineswegs zum Adel gehören; wenigstens fehlt es durchaus an Beweisen. Bei keinem einzigen Artikel haben wir uns begnügt mit den registerartigen Angaben des Brandis.

    In Wigand's Archiv für Geschichte und Altertumskunde Westfalens I.B. 4.Heft S.37 ist von Seibertz ein Verzeichnis der adeligen Geschlechter mitgeteilt, welchem Brandis und die in Seibertz Westfälischen Beiträgen zur deutschen Geschichte I.B. S.237 erwähnte Gaugreben'sche Deduktion über die Familie von Loen zugrunde liegt. Letztere haben wir nicht gesehen; sie soll auch nach einer mündlichen Mitteilung keinen Wert haben, zudem ist dadurch das Verzeichnis nur um 6 Familien (es enthält 66) vermehrt worden.

    Wir werden das, was Brandis beibringt, als dessen Nachrichten bezeichnen, und diejenigen Familiennamen, die Brandis ausläßt, mit einem Sternchen (*) andeuten. Ein Kreuz (†) soll besagen, daß der Artikel nur allein in dem Seibertz'schen Verzeichnis vorkommt, also auf der Gaugreven'schen Quelle beruht, nicht auf Brandis. Alles Übrige beruht auf den von uns aus gedruckten und ungedruckten Urkunden angelegten Sammlungen. Dasjenige, was bei v. Steinen und anderswo hier und da schon gedruckt ist über einzelne Familien, werden wir übrigens nicht wiederholen, zumal, wenn solche Familien nur eine entferntere Beziehung zu Rüden haben, um durch Wiedervorbringung von schon Abgehandeltem, dem wir nichts Neues hinzuzusetzen haben, die uns gesetzten Grenzen nicht zu überschreiten.





|<< |< Inhalt >| >>|