Inhalts-
verzeichnis

Sie sind hier: www.familie-von-rueden.de ::: Zeitzeugen ::: Geschichte meiner Familie ::: Kapitel 1


Kapitel 1

Meine Urgroßeltern väterlicherseits:


Ansicht von Henglarn

  1. Johann Friedrich Joseph Schäfers und Ehefrau Anna Katharina Elisabeth Langen in Henglarn.
  2. Johann Franz Heinrich Schäfers aus Kirchborchen und Ehefrau Anna Christine Anastasia Menke in Nordborchen

Meine Vorfahren entstammen dem jüdischen Teile des alten Hochstiftes Paderborn, und zwar - was in Familiengeschichten wohl überaus selten vorkommt - den Gemeinden eines einzigen Bachtales, des schönen Altenautales. Die Altenau, ein Nebenfluß der Alme, und diese Nebenfluß der Lippe, entspringt in Blankenrode, dem Geburtsorte meiner Mutter. Ungefähr in der Mitte des Flußlaufes liegt Henglarn, Geburtsort meines Großvaters und meiner Urgroßeltern väterlicherseits. An Kirchborchen, dem Wohnorte meiner Ururgroßeltern, vorbeifließend, ergießt sich die Altenau in die Alme bei Nordborchen, dem Wohnorte meiner Urgroßeltern und Geburtsorte meiner Großmutter väterlicherseits.

Meine Vorfahren in Henglarn

Mein Urgroßvater väterlicherseits Johann Friedrich Joseph Schäfers ist in Henglarn am 4.4.1764 als Sohn der Eheleute Jürgen (Georg) Schäfers (genannt Knüdeler) und Margarethe geb. Meyer geboren. - Meine Ururgroßeltern waren am 20.5.1759 in der Pfarrkirche zu Atteln getraut. Jürgen Schäfers war Witwer; seine zweite Frau Angela Margarethe stand bei der Trauung im 22. Lebensjahre.

Meine Urgroßmutter väterlicherseits A. Anna Maria Katharina Elisabeth Langen war zu Henglarn als eheliche Tochter des Peter Langen und seiner Ehefrau Clara Angela geb. Voß (genannt Simons) am 17.2.1764 geboren.

Am 23.10.1791 hielten meine Urgroßeltern Friedrich Schäfers und Elisabeth geb. Langen Hochzeit. Die Trauung vollzog Pfarrer Joh. Bernhard Lünemann in der Pfarrkirche zu Atteln; als Trauzeugen werden aufgeführt: Adam Meyer und Franz Wigge. Wahrscheinlich hat mein Urgroßvater Friedrich in Langen Haus hineingeheiratet.

Als erstes Kind ging aus dieser Ehe hervor mein Großvater Friedrich, geboren am 1.9.1792 und am folgenden Tage von Pfarrer Lünemann auf den Namen Johann Friedrich Anton getauft. Über meinen Großvater Friedrich ist im folgenden Abschnitt des ausführlicheren die Rede. - Als weiteres Kind aus dieser Ehe wird in den Kirchenbüchern von Atteln aufgeführt Anna Maria Catharina, geboren am 13.2.1798 und gestorben am 23.8.1798. - In den Taufbüchern der Hauskirche in Paderborn wird bei der Taufe des Anton Schäfers, Sohnes meiner Großeltern Friedrich Schäfers und Marianne, als Taufpate erwähnt: "Anton Schäfers, des Vaters Bruder". Über diesen Anton Schäfers in Henglarn habe ich in den Kirchenbüchern in Atteln nichts gefunden. Dieser Anton Schäfers, also Onkel meines sel. Vaters Bernard, war Besitzer de Hauses Kasselermauer Nr. 5 in Paderborn gewesen, der dieses Haus von 1844-1871 besessen hat und auch Pate zu meinem verstorbeneen Bruder Anton gewesen ist.

Über den Stand meines Urgroßvaters Friedrich Schäfers in Henglarn geht aus den Kirchenbüchern in Atteln nichts hervor. Er war jedenfalls recht arm, wohl Tagelöhner, wie ja die damaligen Zeiten überaus armselig waren. Über die Todestage meiner Urgroßeltern Friedrich und Elisabeth geb. Langen ist aus den Kirchenbüchern ein genauer Nachweis nicht zu führen. Die Kirchenbücher in Atteln sind zu damaliger Zeit sehr summarisch und unvollständig geführt.

Die Verwirrung wird noch größer, da ein Heinrich Scheiffers oder Schäfers in Henglarn erscheint, dessen Ehefrau denselben Mädchennamen wie meine Urgroßmutter führt, nämlich Elisabeth Langen. Dieser Heinrich Schäfers war ein Bruder meines Urgroßvaters Friedrich und wird in den Pfarrbüchern zufällig als Gemeindehirt bezeichnet. Aus der Ehe des Heinrich Schäfers und seiner Frau Elisabeth gingen hervor Johann Anton, geb. 5.8.1799 - Todestag ungewiss - und Maria Franziska, geb. 23.3.1795. Letztere heiratete am 1.9.1822 den Schuhmacher Konrad Risse in Henglarn.


Dieses Bild zeigt die alte, zum Teil abgebrochene, Kirche von Henglarn, im Chore jetzt Kriegerehrung

Aus dieser Ehe gingen hervor Elisabeth Risse, die am 9.10.1825 in Henglarn geboren und dort im elterlichen Häuschen an der Altenau am 14.2.1891 als Näherin gestorben ist. Ihr Haus lag etwa dort, wo jetzt das Chor der neuen Kirche in Henglarn steht. Die gute Tante hat den größten Teil ihres Vermögens für die neue Kirche ihres Geburtsortes vermacht; einige hundert Mark bekamen meine seligen Eltern für mein Theologiestudium.

Rissentante ist für mich eine liebe Jugenderinnerung. Bei ihr war ich als Gymnasiast insbesondere in den Oster- und Pfingstferien mehrmals zu Besuch. Mein Vater selig hielt mit der Tante in Henglarn gute verwandschaftliche Beziehungen und ist einige Mal auf "Margarethen", dem Hauptfeste der Gemeinde Henglarn, zu Besuch gewesen, wie auch die Tante Patin meiner verstorbenen Schwester Elisabeth gewesen ist. Sie war mit einem Fuße lahm und bediente sich eines Stockes.

In meinem Ferien in Henglarn besuchte ich Sonntags den Gottesdienst in Atteln . Auf Ostern und Pfingsten war feierliches Levitenamt, bei dem die Vikare von Husen und Helmern, welch letzteres damals zur Pfarrei Atteln gehörte, jetzt aber eine eigene Pfarrei ist, ministrierten.

Ganz besonders imponierte mir als Jungen der Einsiedler Ambrosius, der in brauner Kutte mit Rochett und wallendem Bart gravitätisch das Rauchfaß bediente. Einsiedler Ambrosius stammte aus dem Hessischen, war als Protestant geboren, kam auf seiner Wanderschaft nach Italien, konvertierte dort und trat bei der päpstlichen Armee ein. Nach Besetzung des Kirchenstaates durch die Piemontesen und Auflösung der Päpstlichen Armee kehrte Ambrosius zur deutschen Heimat zurück, fühlte in sich den Beruf zum Einsiedler und baute sich neben der malerischen St. Annen-Kapelle in Amerungen in lieblichen Altenautale eine Einsiedelei. Es wurde jedoch von ihm ruchbar, daß er ein guter Schütze sei und dem Wild nachstellte.

Gar groß war die Achtung der Bewohner der umliegenden Dörfer vor dem Einsiedelmann gerade nicht. Nach Beendigung des Kulturkampfes fuhr Generalvikar Berhorst mit noch einem Domkapitular nach Atteln, nahmen Pfarrer Dechant Borgmeyer mit, und Ambrosius mußte in der Klause zu Amerungen die Kutte ausziehen. Einige Tage später war die Einsiedelei abgebrannt und alle Bauern in den umliegenden Dörfern sagten einstimmig: "Das Hat Ambrosius getan." Wie ich gehört habe, ist er in das Industriegebiet gezogen, wo er inzwischen gestorben sein wird.


St. Johannis-Stift in Atteln

Zur Erinnerung an meine aus Henglarn stammenden Vorfahren väterlicherseits und insbesondere an meinen Großvater Friedrich habe ich im Jahre 1933 die Gründung des Schwesternhauses, des St. Johannes-Stiftes in Atteln, in Verbindung mit meinem Freunde, dem Geistl. Rat Dechant Joh. Freiburg-Atteln, veranlaßt und durch Zuwendung eines mir zur Verfügung stehenden größeren Kapitals ermöglicht.

Der Name Schäfers, den meine Urgroßmutter väterlicherseits auch führte, über die im nachstehenden die Rede ist, kam in den südlich und östlich von Paderborn gelegenen Gemeinden damals außerordentlich häufig vor und weist darauf hin, daß zu jener Zeit die Schafzucht in den Gemeinden mit Kalkböden und bergigen Abhängen sehr stark betrieben wurde. Der heutige Name Schäfers wird auch als Scheffers, Scheiffers, Scheiffes und Scheipes geschrieben.

Abstammung in Henglarn

Meine Vorfahren in Nordborchen

Bei meiner Urgroßmutter väterlicherseits aus Nordborchen, deren Familie und Vermögen, sind die geschichtlichen Quellen weit ergiebiger als bei Urgroßvater. Die Pfarrkirchenbücher in Kirchborchen sind reichhaltiger als in Atteln, wenn auch das Suchen in den alten Büchern, bei denen die Register fehlen, mit teilweise sehr schwer leserlicher Schrift nicht gerade leicht ist; zudem sind die Bücher zum Teil bei einer großen Überschwemmung der Altenau und Alme beschädigt. In Bezug auf das Vermögen der Urgroßmutter befindet sich bei den Akten des elterlichen Hauses die sehr aufschlußreiche Schichtungsverhandlung vom Jahre 1829. Die Famile meiner Großmutter väterlicherseits stammt aus Nordborchen bei Paderborn

Mein Urgroßvater Johann Franz Heinrich Schäfers war ehelicher Sohn der Eheleute Anton Schäfers und seiner Frau Maria Anna geb. Wulf zu Kirchborchen; Stand des Vaters ist unbekannt. Johann wurde in der Pfarrkirche zu Kirchborchen am 7.11.1766 getauft; Taufpate war "Burges" (Liborius) Schäfers, wahrscheinlich ein Bruder des Vaters. Ein älterer Bruder von Johann war Johann Liborius Jakob, der am 25.7.1761 getauft wurde. Dieser Jakob übernahm später wahrscheinlich das elterliche Anwesen in Kirchborchen.

Meine Urgroßmutter war Anna Christine Anastasia Menke, eheliche Tochter des Johannn Friedrich Menke und seiner Ehefrau Maria Katharina geb. Schäfers. Christine wurde am 28.11.1764 in Kirchborchen getauft; Taufpaten waren Agnes Schäfers und Caspar Gleien. Ein älterer Bruder der Christine war Johann Caspar Heinrich, der am 18.5.1763 getauft wurde und früh verstorben zu sein scheint.

Mein Urgroßvater Johann Schäfers hatte das Zimmerhandwerk erlernt, in den Akten wird er als Zimmermann und Wagner bezeichnet. Er heiratete Christine Menke, und zwar heiratete er, wie man zu sagen pflegt, in das Haus Nr. 106 (jetzt "Knubben Haus") der Urgroßmutter Christine Menke in Nordborchen hinein.


Panorama-Bild von Nordborchen

Das Haus mit Gärten bildete einen Teil des Schäfer'schen Meiergutes Nr. 6 in Nordborchen. Von dem urgroßelterlichen Vermögen wird im Folgenden noch die Rede sein. Die Trauung der Urgroßeltern fand statt in der Pfarrkirche zu Kirchborchen am 29.7.1792; Trauzeugen waren Heinrich Drüke, Andreas Egold und Matthias Schäfers. Die Trauung vollzog der Pfarrer Pater Lektor (d.i. Professor) Andreas Stümmel, Benediktiner vom Abdinghof in Paderborn.

Der vom Bischof Meinwerk im Jahre 1015 gestifteten und im Jahre 1805 aufgehobenen Benediktinerabtei Abdinghof war die Pfarrkirche Kirchborchen inkorporiert, d.h. das Kloster besetzte die Seelsorgstellen, besaß in der Pfarrgemeinde Borchen mit den Dörfern Kirchborchen, Nordborchen und Alfen Eigentum, welches später in Erbpacht ausgetan ward, und erhob den Zehnten und verschiedene Gefälle.

Die Seelsorge in Kirchborchen wurde ständig durch zwei Benediktiner, einen Pfarrer und einen Kaplan, ausgeübt. Nach Aufhebung des Klosters Abdinghof ging das Recht, den Pfarrer vozuschlagen oder zu präsentieren, auf den Preußischen Fikus über.

An die Klosterzeit in Kirchborchen erinnert u.a. noch die links am Wege Nordborchen-Haaren stehende Kapelle, die dem hl. Gallus, einem Schüler des hl. Benedikt, geweiht ist, heute unter dem Namen "Galli-Kapelle" bekannt. Leidr ist die vor der Gallikapelle stehende uralte Linde mit dem prachtvollen knorrigen Wurzelwerk vor mehreren Jahren eingegangen

Mein Urgroßvater Johann Schäfers starb am 21.3.1842 im Alter von 75 ½ Jahren an Altersschwäche. Urgroßmutter Christine starb am 5.8.1824 im Alter von 59 Jahren und 8 Monaten an Wassersucht; sie hinterließ dem Gatten 6 großjährige Kinder und einen minderjährigen Sohn. Aus der Ehe der Urgroßeltern Johann Schäfers und Christine geb. Menke gingen 9 Kinder hervor:

  1. Johann Anton, geboren 29.6.1793 und gestorben 8.3.1794


  2. Angela Maria Elisabeth, geb. 24.8.1794. Sie heiratete am 15.1.1816 im Alter von 20 Jahren den erst 19 Jahre alten Carl Grüen in Kirchborchen. Die Trauung vollzog Pfarrer Thiemann, Erbenediktiner vom Abdinghof. Todestag der Elisabth Grüen ist nicht festgestellt worden - Die Familie Grüen ist in Kirchborchen nicht mehr vorhanden.


  3. Johann Friedrich Konrad, geboren 3.10.1796, gestorben schon im zarten Kindesalter.


  4. Anna Maria Theresia, geb. 5.3.1798. Sie heiratete am 13.11.1829 den Schmied Johann Friedrich Becker in Alfen. (Aus dieser Ehe stammte die in der Geschichte meiner Eltern mehrfach erwähnte Tantte Anna Becker.) Theresia Becker, geb. Schäfers, starb in Alfen am 12.8.1875.


  5. Maria Anna (Marianne), geb. 31.10.1799, abends 5 Uhr, getauft durch Pfarrer Pater Friedericus am 1.11.1799; Taufpatin war Maria Anna Wulf. Marianne Schäfers ist meine Großmutter. Über Trauung, Familienleben und Tod ist das Nähere bei der Geschichte meiner Großeltern väterlicherseits im Nachstehenden mitgeteilt.



  6. Geburtshaus der Großmutter väterlicherseits (Marianne Schäfers)

  7. Johann Bernard, geboren 23.11.1805. Bernhard, der das väterliche Handwerk des Zimmermanns erlernt hatte, bekam das elterliche Vermögen in Nordborchen. Von der Vermögensübertragung und interessanten Schichtungsverhandlung am 12.2.1829 ist im Nachstehenden ausführlich die Rede. - Bernard Schäfers war dreimal verheiratet. Seine erste Frau Maria Christine, geborene Hunecke, aus Nordborchen - Trauung 28.2.1829 - starb am 20.6.1841 an der Schwindsucht im Alter von 42 Jahren und hinterließ dem Ehemann drei minderjährige Kinder. - Die zweite Frau Theresia, geborene Schäfers, heiratete den Witwer Bernard am 3.2.1842 und starb bereits am 16.5.1843. Der trauernde Vater sah sich im Interesse seiner Kinder und seines Betriebes zur dritten Heirat gezwungen; er heiratete bereits am 2.11.1843 Anna Maria Katerlüke aus Elfen. Am 4.10.1857 starb Bernard an der Ruhr im Alter von 56 Jahren und hinterließ Frau und zwie minderjährige Kinder.


  8. Johann Jakob, geboren 14.1.1804; Paten waren Jakob Schäfers und Christine Hardes. Er heiratete am 4.11.1832 Karoline Rath aus Nordborchen, Tochter des Tagelöhners Heinrich Rath; die Braur war bei der Hochzeit 19 Jahre alt. - Jakob hatte ebenfalls das väterliche Handwerk des Zimmermanns erlernt. Aus dieser Ehe gingen mehrere Kinder hervor, darunter der spätere Zimmermeister Heinrich Schäfers, Heinrich-Onkel, geboren am 30.4.1843, der am 30.10.1932 im hohen Alter von 89 ½ Jahren in Nordborchen gestorben ist. - Jakob Schäfers sollte einen tragischen Tod finden. Am 18.12.1867 wollte er über einen Steg über die hochgehende Altenau bei Meiers Mühle in Nordborchen beim sog. Siek gehen, er stürzte ins Wasser und ertrank. Die Leiche ist trotz wochenlangen Suchen seitens der Gemeinde nicht gefunden. Er erreichte ein Alter von 66 Jahren. - Seine Frau Caroline starb am 28.11.1879 im Alter von 66 ½ Jahren.


  9. Johann Andreas, geboren am 1.7.1807; Taufpaten waren Andreas Schäfers und Anna Franziska Papencord. Er erlernte das Tischlerhandwerk. Zum Militär eingezogen, starb er als "Bombadier bei der 12. Fußkompanie der 7. Königlichen Artilleriebrigade" am 26.2.1830 in Köln am Nervenfieber.


  10. Johannn Franz, geboren 19.8.1810; Taufpaten waren Franz Liese und Elisabeth Menke. Franz erlernte auch das väterliche Zimmerhandwerk, blieb unverheiratet und starb in Nordborchen am 30.10.1890 im Alter von 80 Jahren.

Abstammung in Nordborchen

  1. Ururgroßeltern:
    Anton Schäfers und Maria Anna geb. Wulf zu Kirchborchen; Eltern meines Urgroßvaters Johannes.
    Johann Friedrich Menke und Maria Katharina geb. Schäfers zu Nordborchen, Eltern meiner Urgroßmutter Christine.
  2. Urgroßeltern:
    Johann Franz Heinrich Schäfers, getauft 7.11.1766, und Anna Christine Anastasia Menke zu Nordborchen, getauft 28.11.1764.
  3. Kinder,
    darunter meine Großmutter Maria Anna, sind im Vorstehenden aufgeführt.

Auf den Grundbesitz meiner Urgroßeltern in Nordborchen waren laut Hypothekenschein vom 9. April 1842 eingetragen:


Am 19. Februar 1829 begab sich F. Wilhelm Rudolphi, Lehrer in Nordborchen, in die Wohnung meines Urgroßvaters Joh. Schäfers, der mit seinen Kindern Schichtung halten wollte. - Rudolphi war 27 Jahre Lehrer in Nordborchen; er starb am 5.4.1841 im Alter von 47 Jahren an der Schwindsucht; ein Sohn von ihm war der spätere geistliche Direktor der Ritterakademie in Bedburg, Mitglied des Preußischen Landtages. Veranlassung zur Vermögensauseinandersetzung war die bevorstehende Verheiratung des altesten Sohnes und Hoferben Bernard mit Christine Hunecke. Am 19.2.1829 lebten aus der Ehe des Urgroßvaters sieben Kinder, nämlich:

  1. Elisabeth, verehelichte Grüen, zu Kirchborchen
  2. Theresia, verlobt mit Johann Friedrich Becker zu Alfen
  3. Marianne, verehelichte Schäfers, zu Paderborn, meine Großmutter.
  4. Bernard, verlobt mit Christine Hunecke
  5. Jakob, später verheiratet in Nordborchen
  6. Andreas, später gestorben als Soldat in Köln
  7. Franz ............

Bernard wird vom Urgroßvater zum Eigentümer seines sämtlichen beweglichen und unbeweglichen Vermögens am Tage seiner Verheiratung (am 28.2.1829) eingesetzt.

Die Schwestern Elisabeth, Thereia und Marianne bekommen jede einen Erbteil von 18 Talern, ein vollständiges Bett mit Gestell, einen Tisch, 4 Stühle, einen Haspel und ein Spinnrad, sind aber nach Erklärung ihres Vaters fast alle abgefunden.

Die Tochter Theresia, welche nach dem Tode der Mutter am 5.8.1824 ohne Lohn im elterlichen Hauses des "Hauses Bestes" getan, also den Haushalt geführt hatte, sollte vom Vater bei ihrer Verheiratung als Sonderzuwendung eine Kuh erhalten.

Die Söhne Jakob, Andreas und Franz sollen bei ihrer Verheiratung an Kindesteil erhalten 24 Taler, einen Koffer, Bohlen zur Hobelbank - sie waren Zimmerleute, Schreiner und Wagner - und zwölf neue Hemden; außerdem erhalten sie bis zur Verheiratung reine Wäsche, haben "freien Ein- und Ausgang" im elterlichen Hause und außerdem eine Kammer mit Bett und Anspruch auf Pflege in Tagen der Krankheit. Um den Hoferben Bernard nicht zu sehr zu beschweren, sollen vom Erbteil jedesmal bei der Verheiratung 12 Taler in bar gezahlt und dann "abwechselnd alle Jahr" 12 Taler gezahlt werden; die Sachlieferungen sind dagegen nur bis zur Verehelichung zu gewähren. "Sollte indessen vor der Verheiratung eines der Kinder mit Tode abgehen, so fällt die eine Hälfte des Vermögens dem Hause, die andere den übrigen Kindern anheim"

Die interessanten Leibzuchtsbedingungen für Urgroßvater mögen wörtlich wiedergegeben werden:

Er, der Zimmermeister Johann Schäfers, wolle und müsse sich zu seiner ferneren Substistenz folgende Leibzucht vorbehalten, nämlich freien Unterhalt und Verpflegung seinem Stande gemäß, fünf Silbergroschen Wochengeld und wöchentlich ausnahmsweise ¼ Pfund Kaffee; dahingegen solle der halbe Tagelohn, den er verdiene, dem Besitze des Hauses zuteil werden. - Im Falle er sich aber mit seinem Sohn und dessen Frau nicht vertragen sollte, wolle er sich ausdrücklich vorbehalten freien Platz in der Stube und eine Hobelbank und Stand bei der Drechselbank in der Stube, wobei er nach Belieben arbeiten könne; ferner die Kammer oben der Stube, jährlich 6 Scheffel Roggen, 4 Scheffel Gerste und von den sämtlichen Gartengewächsen ohne Ausnahme den dritten Teil, auch von Fleisch, Butter und den übrigen Produkten, die in der Haushaltung erzielt werden, und endlich das vorerwähnte Wochengeld und ¼ Pfund Kaffee. - Auch müsse sein Sohn Bernard ihm das Holz, was er verbrauche, frei liefern, weil er demselben viel Holz und Diehlen überliefere; dafür solle sein Sohn Bernard die Hälfte seines Tagelohnes behalten."

Dieses interessante Protokoll, welches ich bei den Papieren meiner Eltern vorfand, ist unterschrieben, zwar nicht vom Urgroßvater Johann, wohl aber von dem neuen Hoferben Bernard Schäfers und dessen Braut Christine, von den Söhnen Jakob und Franz - Andreas diente bei der Artillerie in Köln -, den Schwiegersöhnen Karl Grüen in Kirchborchen und Friedrich Schäfers in Paderborn; die Unterschrift des Schwiegersohnes Becker in Alfen fehlt, da dessen Hochzeit mit Theresia Schäfers erst am 15. November 1829 stattfand. Alz Zeuge unterschrieb neben dem Lehrer F.W. Rudolphi der Ackersmann Joseph Menke aus Nordborchen. Die Verhandlung ist auf einem Stempelbogen mit ½ Taler Stempel aufgenommen.

Am 19. November 1829 erschienen vor dem Königlich Preußischen Stadt- und Landgericht zu Paderborn auf Vorladung Urgroßvater Johann, dessen Sohn Bernard mit Ehefrau Christine und erklärten nach Verlesung der Schichtungsverhandlung vom 19. Februar desselben Jahres nochmals ihre Zustimmung zur Vermögensübertragung und Schichtungsverhandlung. Die entstehenden, für die damalige Zeit nicht unbedeutenden Kosten von 4 Talern, 27 Silbergroschen und 10 Pfennigen sind bereits am 24. Dezember 1829 an die Gerichtskasse gezahlt. Die Eintragung im Grundbuche erfolgte erst am 9. April 1842, als Großonkel Bernard zum zweitenmal heiratete.

Zu dem sehr interessanten Dokumente, welches im Vorstehenden inhaltlich wiedergegeben ist, mögen einige Bemerkungen folgen:

  1. Es fällt für unsere Zeit auf, daß ein einfacher, aber anscheinend sehr intelligenter Dorfschullehrer die Schichtungsverhandlung aufnimmt.


  2. Urgroßvater Johann Schäfers war Zimmermeister und betrieb, wie dieses heute auf dem Dorfe noch üblich ist, Landwirtschaft. Das alte deutsche Anerbenrecht findet mithin auch hier für die Erbhofteilung seine Anwendung: Einer bekommt das Vermögen, für den Vater wird eine bestimmte Leibzucht vorbehalten, und den übrigen Geschwistern werden nur geringe Abfindungen gezahlt. Das Anerbenrecht galt auch für den ländlichen Handwerker. Es wäre zu wünschen, daß im Interesse eines gesunden Handwerker- und Gewerbestandes auch in der Stadt die Anschauungen des Anerberechts in etwa wieder Boden fänden.

    Aus der ganzen Verhandlung geht der familienhafte Sinn der damaligen Zeit hervor. Der Urgroßvater als Vorbesitzer bleibt im Hause, arbeitet bei dem neuen Hoferben als Geselle zu bestimmten Bedingungen. Die unverheirateten Söhne bleiben bis zur Verheiratung im Hause, scheiden allerdings mit der verheiratung aus; von einem Zufluchtsrecht, wie das neue Erbhofrecht vorsieht, ist in der Schichtungsverhandlung keine Rede.


  3. Aus der verhandlung geht ferner hervor die einfache Lebensweise und Anspruchosigkeit unserer Vorfahren. ¼ Pfund Kaffee pro Woche für den übergebenden Urgroßvater wird ausnahmsweise gefordert und gern zugestanden. Die Töchter bekommen Spinnrad und Haspel mit zur eigenen Verarbeitung des Flachses und herstellung von Leinwand.


  4. Aber auch die Armut und der außerordentliche Mangel an Bargeld in der damaligen Zeit ist deutlich in der Schichtungsverhandlung bezeugt. Urgroßvater Johann bedingt sich nebenbei ein Wochengeld von 5 Silbergroschen aus! Jede der Töchter erhält neben einer sehr geringen Möbelausstattung ein Kapital von 18 Talern!

Die Zeit nach den Freiheitskriegen war in Deutschland eine furchtbar arme Zeit. Die Kriegsschulden aus dem Siebenjährigen Kriege waren gegen 1850 noch nicht bezahlt. Dieser Krieg hat, was vielen Paderbornern unbekannt ist, vielleicht ebensoviel geschadet wie der Dreißigjährige Krieg! Westdeutschland, insbesondere das Hochstift Paderborn mit den Nachbargebieten, war der zweite Hauptkriegsschauplatz, auf dem Franzosen mit den Verbündeten Preußens, den Engländern, Hannoveranern, Hessen und Braunschweigern, ihr Schlachten schlugen. Eine uns unfaßbare Verarmung durch die unaufhörlichen Truppendurchzüge der beiderseitigen Armeen und deren Fouragieren, Einquartierungen, Eintreiben von Kriegskonstributionen hatten das kleine Fürstentum fast an den Bettelstab gebracht. In ähnlicher Weise, wennn auch nicht so schlimm, war es in andern deutschen Staaten.

Sechsundzwanzig Jahre nach dem Frieden von Hubertusburg, der den Siebenjährigen Krieg beendigte, brach die große französische Revolution im Jahre 1789 in Paris aus, in deren Gefolge besonders durch Kaiser Napoleon I., den großen Sohn der Revolution, die Karte Europas und besonders Deutschlands umgestaltet wurde. Die geistlichen Fürstentümer in Deutchland verschwanden durch die sog. Säkularisation, die große Beraubung der Katholischen Kirche in Deutschland! Noch bevor durch den Reichsdeputationshauptschluß Ende Februar 1803 auf dem Deutschen Reichstage in Regensburg die Beraubung der Kirche durch die ländergierigen deutschen Fürsten sanktioniert war, hatte bereits am 2. August 1802, am Geburtstag des Königs Friedrich Wilhelm III., der Preußische Staat das Fürstentum Paderborn besetzt und bis zum Frieden von Tilsit 1807 behalten. Wenn schon in der ersten preußischen Besetzung die Einwohner des bisherigen Hochstiftes Paderborn den verstärkten Steuerdruck infolge der fortwährenden Kriege ..... (hier folgt ein unleserlicher Abschnitt im Original)

Durch sog. "freiwillige Anleihen", die von der Regierung des Königs Jérôme in Kassel aufgelegt wurden, wurde die noch etwas kapitalkräftige Bevölkerung zum Zeichnen der Staatsanleihen gezwungen. Durch die Freiheitskriege, durch welche die Franzosen aus dem Lande gejagt wurden, entstanden überaus große neue Lasten, die durch vermehrte Sparsamkeit bei allen Ausgaben des Preußischen Staates, zu dem Paderborn seit 1813 wieder gehörte, und durch Steigerung der Staatseinnahmen, also durch erhöhten Steuerdruck, abgetragen werden sollten.

Die Folge davon war, daß das Volk in seinen Lebensansprüchen äußerst genügsam wurde, daß bares Geld sehr wenig vorhanden war. Gewiß hatte damals das Geld eine viel größere Kaufkraft als heute, vielleicht 6-8 mal so groß. Aber Möglichkeit, Geld zu verdienen, gab es wenig. Der Handel und Verkehr lag darnieder. Es gab noch keine Chausseen, Eisenbahnen usw.; der Auslandsverkehr war noch nicht da, da es noch keine Industrie gab. Die Hauptbeschäftigung bot die Landwirtschaft, die damals noch auf sehr niedriger Stufe stand, und das Handwerk, welches vor allem auf die leistungsschwache Landwirtschaft angewiesen war.

So haben wir in der Schilderung dieser Zustände eine kurze Begründung der Schichtungsverhandlung meines Urgroßvaters, des Zimmermeisters Johann Schäfers in Nordborchen, am 19. Februar 1829.

Erwähnt sei noch die Zahlung der auf dem Schäfers'schem Meierhofe in Nordborchen ruhenden Naturalabgaben von Roggen, Gerste und Hafer, eine Erinnerung an die zum Teil aus dem Mittelalter herrührende bäuerliche Unfreiheit. Der Leibeigene, Unfreie oder Hörige war in doppelter Beziehung unfrei, zunächst die persönliche Unfreiheit, Leibeigenschaft, Gebundenheit an die ererbte Scholle, und dann die fachliche Unfreiheit, indem der gebundene Boden mit bestimmt wiederkehrenden Ablieferungen in Naturalien an den Gutsherren (Fürsten, Adel, Kirche, Klöster usw.) belastet war.

Die große französische Revolution von 1789 hob die gesamte Leibeigenschaft auf und gab dem Bauern die unumschränkte Freiheit, die zum Teil ihm nicht zum Segen gereichte. Die Aufhebung der Hörigkeit der Bauern gestaltete sich in Deutschland schwieriger und wurde in den verschiedenen Staaten mit größerer oder gringerer Schnelligkeit durchgeführt. In Preußen erfolgte die Aufhebung der persönlichen Unfreiheit der Bauern bald nach den Freiheitskriegen im Jahre 1817, dagegen die gebundenheit des Bodens blieb bestehen, bis etwa gegen 1850 eine Ablösung der jährlichen Prästationen oder Naturallieferungen gesetzlich in die Wege geleitet wurde. Die Naturalleistungen wurden nach dem Durchschnitt der letzten vier Jahre in Geld abgeschätzt; die errechnete Geldsumme für Getreideablieferung usw. galt als 4% einer vom Bauern zu zahlenden Schuldsumme. Da der Bauer nicht in dr Lage war, diese Schuldsumme zu zahlen oder anderweitig zu tragbaren Bedingungen anzuleihen, wurden die staatlichen Rentenbanken gegründet, welche das Ablösekapital gegen eine auf Dauer von 41 Jahren berechnete jährliche Verzinsung und Abtragung unter Eintragung in das Grundbuch hergaben. In den neunziger Jahren sind diese Rentenverpflichtungen der bäuerlichen Bevölkerung beendigt! - Es läßt sich nicht leugnen, daß die mit Hilfe des Staates durchgeführte Ablösung der gutsherrlichen Leistungen durch die Rentenbanken ein materiell sehr großer Vorteil für die bäuerliche Beölkerung gewesen ist, da der Geldwert des Getreides bei Berechnung der zu zahlenden Rente ein ganz anderer war als etwa in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Mit dem sinkenden Geldwerte verringerte sich, in Getreide umgerechnet, die jährliche Abgabe des Bauern ganz gewaltig. Der Bauer war frei geworden, das große Werk der Stein-Hardenbergschen Bauernbefreiung war im großen und ganzen gelungen, wenn auch die völlige Freiheit und Ungebundenheit des Bauern sich vielfach zum Schaden des Bauernstandes ausgewirkt hat. Eine gewisse Unfreiheit und Schollengebundenheit des Bauern ist durch das "Erbhofgesetz" wieder eingeführt.





01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 ... 10